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Kompromiss. Wie der geplante Windpark auf Sputendorfer Gebiet einmal aussehen soll, zeichnet sich immer genauer ab: Zehn Räder, davon ein Teil 180 Meter hoch, davor eine Reihe niedrigerer Anlagen mit 150 Metern Höhe, sind derzeit geplant. Um Größe und Anzahl der geplanten Windräder wird schon lange gestritten.

© Patrick Pleul/dpa

Potsdam-Mittelmark: Kopf oder Knie?

Sputendorfer ringen um Kompromiss bei Windkraft. Durch eigene Planung soll die Höhe begrenzt werden. In der Genshagener Heide entsteht unterdessen der erste 200-Meter-Gigant

Stahnsdorf - Der Stahnsdorfer Robert Korr findet ein anschauliches Bild: „Es ist nur noch die Frage, ob wir uns ins Knie oder in den Kopf schießen.“ So fasst er zusammen, was am Donnerstagabend in einer gut einstündigen Bürgerversammlung Sputendorfs Ortsvorsteher, Stahnsdorfs Bürgermeister, Rechtsbeistand und Planer versuchten, den Anwesenden im Sputendorfer Bürgerhaus zu vermitteln. Der vor den Toren Sputendorfs geplante Windpark lasse sich nicht gänzlich verhindern, aber mit den zur Verfügung stehenden Mitteln begrenzen und gestalten. „Ich würde mich fürs Knie entscheiden“, betonte Korr.

Die Gemeinde Stahnsdorf beabsichtigt, in einem Teil-Flächennutzungsplan das Gebiet, auf dem Windräder gebaut werden dürfen, einzugrenzen. Zudem soll zusätzlich in einem Bebauungsplan die Höhe der Windräder und ihr Abstand zum Dorf geregelt werden. Zunächst war geplant, Windräder nur bis zu einer Höhe von 150 Metern zuzulassen. Eine von einem Gutachter erstellte Wirtschaftlichkeitsberechnung ergab aber, dass sich Windräder mit dieser Höhe vor Ort nicht wirtschaftlich betreiben ließen. Damit bestünde die Gefahr, dass der Plan anfechtbar wird. Drei Betreiber, die vor Ort Windräder bauen wollen, hätten sich diesbezüglich bereits in Stellung gebracht, betonte Hans-Jürgen Hinrichsen von der Potsdamer PAN Planungsgesellschaft ARSU/NWP mbH.

Zwischenzeitlich waren jedoch auch Zweifel an dem Gutachten aufgekommen, etwa von Sputendorfs Ortsvorsteher Rolf-Denis Kupsch (PNN berichteten). Eine weitere differenzierte Berechnung führte schließlich zu einer Option, in der sowohl der Ortsvorsteher als auch Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (BfB) einen Kompromiss sehen. Dieser wurde den Sputendorfern nun am Donnerstagabend vorgestellt. Anstelle einer kompletten Beschränkung auf Anlagen von einer Höhe von 150 Metern sollen nunmehr einige bis zu einer Höhe von 180 Metern zugelassen werden, die versetzt hinter den kleineren angeordnet werden könnten. Derzeit gehen die Planer von insgesamt zehn Windrädern auf Sputendorfer Gebiet aus.

„Das ist schwierig zu verstehen“, gestand Ortsvorsteher Rolf-Denis Kupsch. „Wir müssen selbst Windenergieanlagen planen, damit wir nicht noch höhere Anlagen bekommen“, erläuterte er. „Was uns bleibt, ist eine Notlösung.“

Wie berichtet waren zuletzt von Windkraftbetreibern mehrere 200 Meter hohe Windrad-Giganten in der Genshagener Heide geplant, durch aktuelle Ereignisse hätte sich der Druck auf Stahnsdorf noch einmal erhöht, das Planverfahren zum Abschluss zu bringen. Denn während sich Stahnsdorf bislang der 200 Meter hohen Windräder erfolgreich erwehrte, hat die Nachbargemeinde Großbeeren in unmittelbarer Nachbarschaft ein erstes 200-Meter-Rad zugelassen. Obwohl sich die Gemeinde Stahnsdorf in ihrer Stellungnahme klar dagegen ausgesprochen hat, wachse nun vor Ort der erste Riesenspargel, der als eine Art Muster weitere nach sich ziehen könnte, kritisierte Sputendorfs Ortsvorsteher. „Ein böses Foul.“ Noch überlege die Gemeinde, wie sie damit umgehe. Großbeeren sah sich am gestrigen Freitag nicht zu einer kurzfristigen Auskunft dazu in der Lage.

Für ihren Bebauungsplan hatte die Gemeinde Stahnsdorf zunächst eine Veränderungssperre aufgelegt. Diese war zuletzt auch vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt worden, nachdem Windkraftbetreiber dagegen geklagt hatten. So lange die Sperre gültig ist, dürfen noch keine Windräder gebaut werden, jedoch lasse sie sich nicht beliebig verlängern, erklärte Rechtsanwalt Ronald Radtke.

Bisher sind sieben Windräder in der Genshagener Heide errichtet worden, vier auf Teltower, drei auf Großbeerener Terrain. Sie sind zum Teil 175 Meter, zum Teil 140 Meter hoch. Insgesamt könnten sich nach derzeitigen Plänen einmal 18 bis 20 Räder vor Ort drehen. Das sei aber kein Vergleich zu den Plänen vor gut zehn Jahren, betonte Planer Hinrichsen. Damals war noch von etwa 35 Windenergieanlagen in dem Gebiet die Rede.

Nachdem sich die Sputendorfer den Vortrag geduldig angehört hatten, brachen denn doch noch einmal die Sorgen um die gesundheitlichen Auswirkungen der Anlagen durch Schlagschatten und Lärm hervor. Schon von Beginn an haben diese die Diskussion um den Windpark in dem ausgewiesenen Windeignungsgebiet bestimmt. Hans-Jürgen Hinrichsen beruhigte aber auch hier die Gemüter: Der Gutachter habe die genannten Faktoren in seiner Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt, zudem werde auch im Genehmigungsverfahren alles noch einmal genau geprüft, sagte er.

Mit relativ gutem Gefühl konnte der Ortsvorstand in seine anschließende Beiratssitzung gehen, in der der geänderte Bebauungsplanentwurf auf der Tagesordnung stand. Als Rolf-Denis Kupsch die Gretchenfrage stellte, ob die Gemeinde die Planungen mit den 150 und 180 Meter hohen Windrädern wie vorgestellt fortsetzen soll, hob zunächst niemand intervenierend die Hand – ein flaues Gefühl blieb hier und da dennoch. „Trotz allem kann es passieren, dass der Bebauungsplan angefochten wird“, sagte auch Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers. „Dieses Risiko nehmen wir aber gern auf uns.“ Solveig Schuster

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