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Kommunal- und Kreistagswahl 2019: Diese Aufgaben warten auf den neuen Kreistag von Potsdam-Mittelmark

Am Sonntag wird in der Mittelmark der neue Kreistag gewählt. Auf den Wahllisten sind einige prominente Kandidaten zu finden.

Von Enrico Bellin

Eine Arbeitslosenquote von unter fünf Prozent und eine Landschaft aus Seen und Wäldern, die jährlich mehrere hunderttausend Touristen anzieht: Potsdam-Mittelmark ist ein Landkreis mit hoher Lebensqualität. In der an Potsdam und Berlin grenzenden Region gibt es dazu Forschungsstandorte wie in Teltow-Seehof oder in Rehbrücke, die für gut bezahlte Arbeitsplätze sorgen. 

Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung haben die Mittelmärker das höchste Pro-Kopf-Einkommen Ostdeutschlands mit 21.746 Euro. Auch im ländlichen Raum gibt es Innovationen: Seit Jahren ist der energieautarke Treuenbrietzener Ortsteil Feldheim ein bundesweites Vorbild für die Energiewende. Und mit rund 214.000 Einwohnern hat der Landkreis etwa 10.000 Einwohner mehr als noch vor zehn Jahren.

Die Schulplätze in der Mittelmark sind knapp

Doch diese Entwicklung sorgt für Herausforderungen, die die Mitglieder des neuen Kreistages, der zeitgleich mit den Kommunalparlamenten am 26. Mai gewählt wird, lösen müssen: Schulplätze sind knapp. Auf den Straßen sowie in den Bussen und Zügen nach Potsdam und Berlin wird es eng. In beschaulichere Orte, etwa im Fläming, fährt der letzte Bus oft um 18 Uhr und am Wochenende gar nicht. Der Facharztbesuch wird wegen langer Wege zur tagesfüllenden Aufgabe. Und Jugendliche fahren ab der siebten Klasse nicht selten eine Stunde mit dem Bus zur Schule. Dies sind nur einige der Aufgaben, denen sich der künftige Kreistag stellen muss.

Klicken Sie auf das Bild für eine größere Ansicht.Hier sehen Sie die fünf Wahlkreise zur Kreistagswahl 2019.
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© Klöpfel/PNN, Landkreis Potsdam-Mittelmark

Dazu kommt der beschlossene Umbau der Kreisverwaltung: Im Dezember hatte der Kreistag festgelegt, dass ein neuer Verwaltungssitz in Beelitz-Heilstätten errichtet werden soll. Im Gegenzug sollen an den bisherigen Sitzen in Werder (Havel), Teltow und Brandenburg/Havel nur Servicecenter verbleiben. Was diese Zentren bieten sollen und wie die Verwaltung genau zwischen der Kreisstadt Bad Belzig und den Heilstätten aufgeteilt werden soll, muss jedoch in den nächsten Monaten entschieden werden. Spätestens Anfang 2024 sollen die neuen Räume bezogen sein. Sie sollen auch mehr Platz für die Kreistagsfraktionen bieten.

Auch Ermyas Mulugeta steht zur Wahl

Für das Gremium treten zwei Einzelkandidaten an, der aus der AfD ausgetretene Landtagsabgeordnete Steffen Königer aus Werder (Havel) und Reyk Schulz, Wirtschaftsingenieur aus Niemegk. Dazu gibt es Listen von zwölf Parteien beziehungsweise Wählervereinigungen.

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© Quelle und Landkreis Potsdam-Mittelmark

Auf den Listen stehen auch prominente Kandidaten: So wirbt die SPD mit Landrat Wolfgang Blasig. Auf den Listen der CDU stehen unter anderem Werders Bürgermeisterin Manuela Saß und ihr Groß Kreutzer Amtskollege Reth Kalsow. Sie alle werden ihr Mandat nach der Wahl wohl nicht annehmen, anders als Ermyas Mulugeta: Der aus Äthiopien stammende und in Borkwalde wohnende Umweltingenieur war 2006 als Opfer eine Attacke am Potsdamer Bahnhof Charlottenhof bundesweit in die Medien geraten. Er sprach von einem rechtsextremen Hintergrund des Überfalls, die Angeklagten wurden aber freigesprochen, und später gab er zu, beim Antrag auf Prozesskostenbeihilfe zu seinen Vermögenswerten gelogen zu haben. Mulugeta tritt für die Parteipiraten an, einem Bündnis aus der Piratenpartei, der Satirepartei „Die Partei“ und der Partei der Sorben.

Fast 500 Kandidaten stehen auf den Listen

Mit 79 von insgesamt 496 Kreistagskandidaten stehen die meisten Bewerber auf den Listen der CDU. Die hatte vor fünf Jahren die meisten Stimmen bekommen und stellt in einem detaillierten Programm Ziele auf: So soll im Kreis unter anderem eine neue Schule für Hochbegabte entstehen. Ferner will man beim Ausbau von Mehrgenerationenhäusern helfen und Stellen für Tagesmütter schaffen. Für Windräder und Solarparks wollen die Christdemokraten keine neuen Flächen ausweisen, dafür sollen neue Gewerbe- und Industriegebiete erschlossen werden. Zudem soll der Kreis eine Modellregion für Autonomes Fahren werden.

Die SPD möchte den Nahverkehr auch über die Kreisgrenzen hinaus ausbauen, bisher enden viele Buslinien aus dem Fläming an der Grenze zum Nachbarlandkreis. Zudem soll die Tarifstruktur im Nahverkehr verändert werden – was allerdings ein Landkreis nur anregen und nicht umsetzen kann. Mindestens eine zusätzliche Gesamtschule soll im Kreis gebaut werden. Zudem sollen Kommunen auf Wunsch ihre weiterführenden Schulen an den Kreis abgeben können. Windräder sollen weiterhin gebaut werden dürfen, aber nur „mit Augenmaß“. Zudem sollen Flächen für die Stromspeicherindustrie vorgehalten werden. Über die künftige Entwicklung der Kreisverwaltung in Bad Belzig und in den Heilstätten soll ein eigener Ausschuss wachen.

Stipendien gegen den Ärztemangel?

Für eine strikte Quote bei Arbeitsplätzen und Investitionen in die Verwaltung wirbt die Linke: 40 Prozent sollen nach Bad Belzig gehen, 60 in die Heilstätten. Die Genossen wollen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen einen Mindestlohn von 12,63 Euro durchsetzen, den Rettungsdienst kommunalisieren und künftig die Wirtschaftspolitik gemeinsam mit den kreisfreien Städten Potsdam und Brandenburg/Havel planen. Gegen den Ärztemangel will die Linke Stipendien an Medizinstudenten vergeben, wenn diese sich danach für eine Praxis auf dem Land verpflichten.

Eigene Kreiswerke wollen die Grünen errichten: Das öffentliche Unternehmen soll unter anderem Technologien zum Speichern von Wärme und Strom entwickeln und etwa aus Windkraft Wasserstoff herstellen. Zudem soll ein zentrales Beratungszentrum für Energie und Verkehr entstehen.

Die FDP möchte die Umstrukturierung der Verwaltung nutzen, um Servicestellen des Kreises in allen Gemeindeverwaltungen einzurichten. Mittelfristig brauche der Kreis den Liberalen zufolge auch ein Fachhochschulangebot beispielsweise für Obst- und Gartenbau, das gemeinsam mit der Stadt Brandenburg/Havel entwickelt werden könne.

Bürgerinitiativen wollen Buslinie zum Flughafen Schönefeld

Weniger konkret sind die Forderungen der Freien Bürger und Bauern: Sie wollen für gleiche Lebensverhältnisse im städtischen und ländlichen Raum sorgen und Naturschutz und Landwirtschaft gemeinsam entwickeln. Die Vereinigung BVB/Freie Wähler, in der 16 Wählerinitiativen zusammengefasst sind, hat kein gemeinsames Wahlprogramm veröffentlicht. Ihre Kandidaten werben unter anderem mit mehr Mitbestimmung der Bürger und der Förderung des Mittelstandes.

Die Bürgerinitiativen aus Kleinmachnow und Teltow, BiK/BiT, möchten unter anderem die Kleinmachnower Förderschule aufwerten und eine direkte Buslinie zum Schönefelder Flughafen schaffen. Mehr Bauland möchte die Interessengemeinschaft Havel aus dem Groß Kreutzer Raum erschließen, um die Region für junge Familien interessanter zu machen.

Die AfD möchte unter anderem Asylbewerbern nur noch Sachleistungen zukommen lassen. Dazu soll das Wildtiermanagement professionalisiert werden. Die NPD, die in jedem Wahlkreis einen Kandidaten aufstellt, hat kein Wahlprogramm für die Mittelmark.

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