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Mehrere Tausend Menschen, die sich in den nächsten zehn Jahren in der Region ansiedeln werden, werden kaum noch in die geplanten Züge passen.

© Patrick Pleul/dpa (Symbolbild)

Kommentar zum Zugkonzept für Brandenburg 2022: Landesregierung schneidet sich ins eigene Fleisch

Die Kommunen in Potsdam-Mittelmark sind enttäuscht vom neuen Zugkonzept. Denn eine Verkehrsplanung, die das Wachstum der Gemeinden berücksichtigt und die Menschen zum Umsteigen auf die Bahn bewegen will, sieht anders aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Enrico Bellin

Es ist eine herbe Enttäuschung für die Gemeinden im Südwesten der Mittelmark: Einhellig forderten sie wie auch der Kreistag, dass der RE7 künftig halbstündlich nach Berlin fährt. So sollte insbesondere der Fläming ein attraktiver Wohnort für Pendler werden. Doch jeder zweite Zug wird künftig kurz hinter der Berliner Stadtgrenze in Wannsee enden, wo sich Pendler entweder in den vollen RE1 oder die langsameren und ebenfalls vollen S-Bahnen quetschen müssen. 

Zwar wird der eine Zug, der auch weiterhin in Berlins City fahren soll, etwa Hundert Sitzplätze mehr bieten. Das würde jedoch nur für die heutigen Pendler halbwegs ausreichen – die mehreren Tausend Menschen, die sich in den nächsten zehn Jahren in bereits geplanten und zum Teil im Bau befindlichen Wohngebieten ansiedeln werden, werden wohl kaum noch in diese Züge passen. Sie müssen ebenso in Wannsee in volle Züge umsteigen wie mögliche Bewohner neu auszuweisender Wohngebiete. 

Kaum attraktiv, obwohl sich Städte wie Brück oder Bad Belzig mit bezahlbaren Grundstückspreisen und einer knappen Stunde Fahrt zum Bahnhof Zoo dafür bestens eignen würden. 

Brandenburg will Wachstum eigentlich entlang der Zugstrecken bündeln

Dabei schneidet sich die Landesregierung ins eigene Fleisch: Eigentlich will sie schließlich das Wachstum entlang der Hauptzugstrecken bündeln und so den Wohnungsmarkt in Potsdam und Berlin entlasten.

Zwar ist es durchaus möglich, dass es nicht mehr machbar ist, zusätzliche Züge über die vollen Gleise zwischen Berlin-Charlottenburg und dem Ostkreuz zu führen. Doch es gäbe die Möglichkeit, den geplant in Wannsee endenden Zug über die sogenannte Nordtangente nach Jungfernheide und Gesundbrunnen zu führen. Diese Option, die während Bauarbeiten an der Hauptstrecke schon genutzt wird, wurde bei der nun erfolgten Vergabe der Zugleistungen ebenso außer Acht gelassen wie die Möglichkeit, Dieselzüge von Wannsee über Zehlendorf nach Steglitz fahren zu lassen.

Alternative zum Auto?

Und anscheinend glauben die Verantwortlichen auch gar nicht an den Erfolg neuer Bahnlinien: Das ist zumindest die einzige Erklärung, warum die Züge auf der neuen Regionalbahnlinie 33 künftig nur 140 Sitzplätze bieten sollen. Die Züge werden durch die direkte Führung nach Potsdam von Beelitz aus zu einer echten Alternative zum Auto und könnten deshalb bereits in der Spargelstadt voll werden – zumal auch Beelitz in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen ist und auf absehbare Zeit weiter wachsen wird. 

Wer dann in Ferch, Caputh oder Geltow noch in den Zug steigen will, hat das Nachsehen. Verkehrsplanung, die das Wachstum von Kommunen berücksichtigt und die Menschen zum Umsteigen auf die Bahn bewegen will, sieht anders aus.

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