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Potsdam-Mittelmark: Koch wieder bei Bewusstsein

24-Jähriger soll Stickstoff gestohlen haben

Stahnsdorf - Der bei einer Explosion in der Nacht zum Montag in Stahnsdorf lebensgefährlich verletzte 24-jährige Koch ist aus dem künstlichen Koma erwacht. „Der Patient atmet erfreulicherweise wieder selbstständig und ist ansprechbar“, sagte Andreas Eisenschenk, Chefarzt des Berliner Unfallkrankenhauses Marzahn, gestern. Dort wird Martin E. seit dem Unglück behandelt. Er hatte im Badezimmer der Wohnung seiner 16-jährigen Freundin in der John-Graudenz-Straße mit flüssigem Stickstoff hantiert, um ein Rezept aus der sogenannten Molekularküche zuzubereiten. Dabei war der Gasbehälter in seinen Händen detoniert.

Die rechte Hand hat der 24-jährige verloren. In einer fast neunstündige Notoperation hatte die linke Hand des Mannes gerettet werden können. Er gehe davon aus, dass die Funktion nach der schweren Verletzung nicht wieder so werde wie sie einmal war, aber 50 bis 60 Prozent der ursprünglichen Leistungsfähigkeit könnten erreicht werden, sagte Eisenschenk gestern. Derzeit werde der Mann von Psychologen betreut. Er müsse „noch Wochen bis Monate“ in der Klinik bleiben, bis zu zehn weitere Operationen seien notwendig.

Währenddessen wurden neue Details zum Hergang des Unglücks bekannt: Der junge Koch steht unter dem Verdacht, den flüssigen Stickstoff aus dem Restaurant seines Potsdamer Arbeitgebers gestohlen zu haben. Die flüssige Chemikalie gehörte dem Restaurant „Luisa“ am Potsdamer Luisenplatz, sagte Polizeisprecherin Katrin Laurisch gestern gegenüber den PNN. Martin E. soll sie in einem Sahnesiphon – einem druckfest verschließbaren Gefäß – in die Wohnung seiner Freundin gebracht haben, für einen solchen Transport ist der Siphon ungeeignet.

Im Badezimmer habe der Koch dann versucht, den Stickstoff umzufüllen, das Gefäß stand wahrscheinlich bereits unter hohem Druck. „Offenbar hatte er versucht, den verschlossenen Siphon mit einem Schraubenzieher aufzuhebeln“, so Laurisch. Dabei kam es zur Detonation, das Badezimmer brannte völlig aus. Gegen den Koch werde nun strafrechtlich ermittelt, sagte Laurisch. „Wenn die körperlichen Schäden über das hinausgehen, was er angerichtet hat, werden solche Verfahren aber gemeinhin eingestellt.“

Luisa-Geschäftsführer Vladislaw Davidenko bestätigte, dass der verunglückte Koch seit Ende April bei ihm beschäftigt gewesen sei. Er habe aber nie Gerichte aus der Molekularküche zubereitet. Die Molekularküche verwendet neben üblichen Küchentechniken experimentell auch Techniken aus der Chemie, um Gerichte mit neuartigen Eigenschaften zu kreieren. Davidenko zeigte sich „schockiert“ von den Ereignissen.

An sich ist Davidenkos Lokal bekannt für seine mediterran-asiatische Küche und die selbstgemachte Pasta. Nur zu besonderen Anlässen biete man ganz selten Gerichte aus der Molekularküche an, sagte Davidenko. „Der Einzige, der das hier zubereiten darf, bin ich.“ Die Eigenschaften des flüssigen Stickstoffs mit einer Temperatur von Minus 196 Grad werden genutzt, um Zutaten schockzugefrieren und ihr Volumen zu beeinflussen. Bei Wärmezufuhr verdampft der Stickstoff langsam. Davidenko versicherte, dass die Chemikalie bei ihm ordnungsgemäß gelagert sei, auch für die Verwendung in der Küche gäbe es spezielle, zugelassene Behälter. „Das ist kein Spielzeug, deshalb gibt es umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen.“ tor/hkx

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