zum Hauptinhalt

Kleinmachnower Schau im Landarbeiterhaus: Die Augen der Anderen

Zu den Krachern wird man die neueste Ausstellung im Kleinmachnower Landarbeiterhaus wohl nicht zählen. Wo in den Ausstellungsräumen sonst Bilder und Skulpturen auf Zeit wohnen dürfen, hat sich diesmal eine eher eigenwillige „Fotostrecke“ häuslich gemacht.

Zu den Krachern wird man die neueste Ausstellung im Kleinmachnower Landarbeiterhaus wohl nicht zählen. Wo in den Ausstellungsräumen sonst Bilder und Skulpturen auf Zeit wohnen dürfen, hat sich diesmal eine eher eigenwillige „Fotostrecke“ häuslich gemacht. Der für Ausstellungen zuständige Kunstverein „Die Brücke“ zeigt diesmal quasi reinste Fotografie, ohne „Nebenwirkungen“. Zwei Namen, zwei extrem unterschiedliche Kunstauffassungen erwarten den Besucher.

Was sieht man, wenn man die heiligen Räume mit ihrer denkmalgeschützten Originaltapete betritt? Zunächst einmal herzlich wenig. Da hängt etwas Graues, von kleinen Rundmagneten Gehaltenes ungerahmt an den Wänden, Fotoabzüge allesamt, mit deutlichem Horizont inmitten versehen und so unscharf, dass man sich zwischen „Mondlandung nach Leonardos Abendmahl“ und „Graueste Hirnzelle 70001 beim Nachdenken über den Unsinn hoher Kunst“ so ziemlich alles vorstellen darf. Hier hat man experimentelle Fotografie der UdK-Absolventin Marie-Luise Rief in ihrem 30. Jahr vor Augen. Schwarz-weiß oder in gedeckten Farbtönungen handelt es sich um serielle, aus Teilbildern zusammengesetzte Arbeiten.

Die Autorin nennt diese Werke „Fotogramme“, und sie benutzt dafür oftmals „überlagertes Barytpapier“, der Fachmann kennt sich da aus. Das Besondere: Sie sind mit der guten alten „Lochkamera“ aufgenommen worden, also mit einem zweigelochten Dunkelkasten, darin ein fotoempfindliches Material für „Abbildung“ sorgt. Gut und schön, die Rückkehr zu den Anfängen der Fotografie ist sicher hochinteressant, Riefs „Versuchsergebnisse“ sind es kaum. Wenig fürs Auge, mehr fürs Gehirn, denn hier will ja das Technische den Kunstsinn überflügeln. Man hätte Zusatzinformation bereitstellen sollen, damit sich die Augen der anderen nicht zu sehr zwischen Mondwelt und Tundra verirren. Dem Spezialisten bleibt der Ruhm, zu entdecken, was ein unbedarfter Laie nur dunkel ahnen kann.

Ganz anders, ja komplementär, die Porträts des Architekten und Foto-Autodidakten Georg Habermann, Jahrgang 1928. Neben seiner beruflichen Tätigkeit hatte er schon immer ein Faible für Fotos, Theater und Jazz. Er begleitete eine solche Musikformation als Grafiker und Dokumentarist über drei Kontinente, lichtete sie auch mal in einem Efeu-Gewirr ab. Gesichter haben es ihm angetan, besonders Augen – wundervoll klare Porträts in Farbe oder schwarz-weiß. Und er reflektiert sie intensiv: „All diese Augen fragen mich, was ich in ihnen suche, was ich suche – hier in diesem Leben.“ Er fühlt sich „eingebettet in die Vielzahl von Augen“. Sie geben ihm Kunde von ihrem Sein, ihrem Hoffen, Leiden und Freuden. „Daneben die Lebensumstände, die ich berührte: ärmliche, verhungerte, satte, mehrfach rückversicherte, feiste“, schreibt er im Begleittext. „Erschütternd, wo die ehrlichsten und brauchbarsten Antworten liegen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Eine Ausstellung der stärksten Kontraste. „Berliner Schule“ durchweg. Vielleicht vom Wenigen etwas zu viel, vom Vielen etwas zu wenig. 

Bis zum 28. Mai samstags und sonntags 14–18 Uhr, Zehlendorfer Damm 200

Gerold Paul

Zur Startseite