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Durchgerechnet. Die Planer des Solarprojekts sind Freibadgeschäftsführer Markus Schmidt (l.), Projektleiterin Paula Koch und ihr Vater, Eberhard Koch, Physiker aus Kleinmachnow, der das Vorhaben auch unterstützt.

© A. Klaer

Kleinmachnow: Wärmewende im Freibad Kiebitzberge

Das Freibad Kiebitzberge soll Hausbesitzer für Solarsysteme begeistern. Das Schwimmerbecken wird mit moderner Technik saniert - und hinterher klimafreundlich betrieben werden können.

Kleinmachnow – An warmen Sommertagen könnte sich Markus Schmidt eigentlich entspannt zurücklehnen und Abrisskarten zählen. Die Freibadkasse würde klingeln und ihn von neuen Besucherrekorden träumen lassen. Stattdessen bereitet der Geschäftsführer der Freibad Kiebitzberge GmbH in Kleinmachnow eine innovative Wärmewende vor. Gemeinsam mit Paula Koch vom Büro Klima Consulting Koch aus Berlin brachte er am Donnerstag ein Modellprojekt auf den Weg, das für die gesamte Region beispielgebend sein soll. Ab Herbst wird es im Freibad zu besichtigen sein.

Die Heizanlage des Bades wird dann durch moderne Solartechnologie ergänzt. Ziel sei es, so Paula Koch, durch weniger Erdgasverbrauch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und zudem die Badegäste aus dem Umland für das neuartige System zu interessieren. Im Einzugsbereich des Schwimmbades gäbe es mehr als 10 000 Einfamilienhäuser, deren Eigentümer kurz- und mittelfristig vor der Entscheidung stünden, ihre in die Jahre gekommenen Brennwertthermen auszutauschen, sagte Koch. Das Freibad sei daher ein idealer Ort, um die Technik vorzustellen, die sich in Größe und Kapazität bequem auf ein Einfamilienhaus übertragen ließe.

Projekt-Initiatoren wollen neue Technik im Herbst einbauen 

Die 30-Jährige erklärte: „Wir wollen den Besuchern demonstrieren, dass mit heutigen, innovativen Technologien eine solare Substitution fossiler Energieträger auch im Wärmesektor möglich ist.“ Mit ihrer Idee konnte sie nicht nur die Gesellschafter der kommunalen Freibad-GmbH, sondern auch das Bundesumweltministerium überzeugen, das das Projekt mit 180 000 Euro fördert. Das sind 80 Prozent der Gesamtkosten. Unter rund 300 Mitbewerbern hatte sich das Vorhaben bei einem bundesweiten Förderwettbewerb durchgesetzt.

Im Herbst nach der Freibadsaison wollen die Projekt-Initiatoren starten. An der Giebelseite des Technikgebäudes, neben dem Schwimmerbecken, sollen dann so genannte Hybridkollektoren angebracht werden. Anders als konventionelle Solarkollektoren, nehmen diese neben den Sonnenstrahlen auch Luft und Umweltwärme auf. Ergänzt durch Wärmepumpe und Eisspeicher ließe sich im Vergleich zu normaler Solarthermie das Vierfache der Erträge erzielen, sagt die Projektleiterin.

Allein in Kleinmachnow würden jährlich 108 Gigawattstunden verheizt. Etwa sieben Millionen Euro flössen dabei in Erdgasimporte, statt zur regionalen Wertschöpfung beizutragen, erklärte Paula Koch, die sich seit dem Studium mit nachhaltiger Entwicklung und Energie- und Wassertechnik befasst.

Wind soll für Wärme sorgen

Für den Strombedarf der Wärmepumpen könnte man laut Koch derzeit ungenutzte Windenergie verwenden. Gerade bei Starkwind werde in den Herbst- und Wintermonaten Strom produziert, der derzeit vom Stromnetz nicht aufgenommen werden könne und somit verfalle, sagte Koch. Mehrere Hundert Gigawatt Windstrom aus Brandenburger Windparks könnten durch die neue Technologie genutzt und dezentral gespeichert werden, wenn genug Verbraucher sie nutzten.

Hinter einer großen Glasfassade soll das innovative System installiert und den Besuchern des Bades in einer Art „Show Room“ präsentiert werden. Zudem sind informative Schautafeln, Workshops und Führungen geplant. Eine erste Informationsveranstaltung für interessierte Hausbesitzer wird es am 6. Juli im Kleinmachnower Rathaus geben.

Zu dem Modellprojekt gehöre auch die solare Erwärmung des Schwimmerbeckens. Dazu werden auf dem Dach des Technikgebäudes auf 700 Quadratmetern Fläche thermische Sonnenkollektoren, so genannte Schwimmbad-Absorber, aufgebracht. Mit den dadurch erzielten 240 Megawattstunden könnten pro Saison rund 15.500 Euro Erdgaskosten eingespart werden, sagte Koch. Sie erhofft sich, dass auch andere Freibadbetreiber dem Kleinmachnower Beispiel folgen.

In diesem Jahr sollen mehr als 100.000 Gäste ins Bad kommen

Nach der Saison soll zudem die bereits vor drei Jahren begonnene Sanierung des Bades in den Kiebitzbergen fortgesetzt werden, sagte Freibad-Geschäftsführer Schmidt. Nachdem in den vergangenen Jahren sowohl die Umkleiden und die Toiletten, als auch die Sauna mit ihrem Garten erneuert worden waren, stünde nun der Austausch der Wassertechnik und des Schwimmerbeckens an. Das reparaturanfällige Fliesenbecken soll einem Edelstahlbecken weichen. Darüber hinaus werde es neue Startblöcke sowie Drei- und Ein-Meter-Türme geben. Auch Pflasterung, Sitzflächen und Schwimmmeisterhaus bekommen ein neues Gesicht. Wegen der Sanierung schließt das Bad dieses Jahr bereits am 4. September.

Rund 4,8 Millionen Euro wird das alles kosten. Die Einnahmen durch Eintrittsgelder sowie die seit der Gründung der Schwimmbadgesellschaft vor vier Jahren gebildeten Rücklagen würden nicht ausreichen, um die Kosten zu decken, sagte Schmidt. Daher hatten sich die drei in der Gesellschaft zusammengeschlossenen Kommunen Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf entschlossen, jeweils anteilig einen einmaligen Zuschuss von insgesamt 1,25 Millionen Euro zu zahlen. Damit könne die Liquidität des Freibades weiterhin gesichert werden, so Schmidt.

Darüber hinaus baut der Freibad-Geschäftsführer auf die Sonnengötter. Denn nicht zuletzt tragen die Eintrittsgelder ganz erheblich zu einem guten Betriebsergebnis bei. In diesem Jahr will Schmidt erstmals die Marke von 100.000 Besuchern knacken. Hoffen lässt ihn der gute Mai. „Mit 12.000 Besuchern war es einer der stärksten seit Jahren“, sagt Schmidt. Im bisherigen Rekordjahr 2015 wurden zu dieser Zeit nicht einmal 5000 Gäste gezählt.

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