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Kleinmachnow: Notstand an der Schleuse

Fehlendes Personal sorgt unter anderem in Kleinmachnow für lange Wartezeiten bei der Schifffahrt. Die Probleme an der Schleuse belasten die Tourismusbranche in der Region.

Kleinmachnow - Zu kurze Betriebszeiten, zu wenig Personal, baubedingte Ausfälle: Brandenburgs Schleusen werden immer mehr zum Hemmschuh wirtschaftlichen Aufschwungs im Wassertourismus und der Binnenschifffahrt. Davon ist unter anderem die Brandenburger SPD überzeugt, die seit geraumer Zeit fordert, Anlagen an den Wasserstraßen besser auszustatten und in mehr Personal zu investieren. „Es kann nicht angehen, dass Mitarbeiter, Sportler und Touristen unter völlig unzureichenden Schleusenzeiten leiden, weil das Bundesverkehrsministerium nicht in der Lage ist, die offenen Stellen zu besetzen“, beklagt etwa die Bundestagsabgeordnete Manja Schüle. Vor allem bräuchte es deutlich mehr Auszubildende in diesem Bereich, sagte sie am gestrigen Montag bei einem Besuch des Berufsbildungszentrums (BBIZ) der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Kleinmachnow.

Derzeit werden dort 1025 junge Menschen in mehr als 20 Berufen ausgebildet, die meisten von ihnen zum Wasserbauer, Industriemechaniker oder Elektroniker. Wie andere Ausbilder hat zwar auch das BBIZ Nachwuchssorgen, insbesondere fehle es aber an höher qualifiziertem Personal, sagte Dirk Schwardmann, Vizepräsident der Generaldirektion.

Not herrsche insbesondere an den Schleusen. In einem Zusatzlehrgang könnten Wasserbauer, aber auch Mitarbeiter anderer Berufsgruppen zum Schichtleiter ausgebildet werden. Doch die Bereitschaft zu einem Wechsel ins Schleusenhäuschen halte sich in Grenzen. Durch die Schleusenleitung haben die Mitarbeiter Schwardmann zufolge keinen finanziellen Zugewinn.

Einbußen bei den Gastliegeplätzen von bis zu 50 Prozent

Zudem waren seit Mitte der 1990er Jahre im Bereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung rund 6000 Stellen eingespart worden. Inzwischen fehlen die Reserven, um Engpässe abzufangen, so Schwardmann. So habe etwa Berlin zwischenzeitlich die Schleuse Plötzensee wegen Personalmangels schließen müssen, andernorts wurden Betriebszeiten verkürzt oder sorgen Reparaturen an den Bauwerken für Einbußen und Stau.

Ausfälle an der Kleinmachnower oder den Berliner Schleusen sind auch bei Marina-Betreibern an den Potsdamer Seen spürbar. Erst Ende Mai habe nach einer Havarie die Schleuse Spandau gesperrt werden müssen, dies wirke sich auf seinen Buchungskalender aus, erklärte Kolja Tornow, Hafenmeister der Marina am Tiefen See in Potsdam, den PNN. Tornow spricht von Einbußen bei den Gastliegeplätzen von bis zu 50 Prozent. Die Touristen seien durch Sperrungen von Schleusen oder verkürzte Betriebszeiten stark eingeschränkt und werden auf die immer gleichen Gewässer und Strecken verwiesen, sagt er.

Auch in Kleinmachnow habe es zuletzt zwei unplanmäßige Sperrungen gegeben, erklärt Jörg Augsten, Leiter des Außenbezirkes Neukölln des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes, das für Kleinmachnow zuständig ist. Wegen eines abgerissenen Bauteils hätten Schiffe gut einen Monat lang die Nordkammer nicht passieren können. Die größte Herausforderung sei es hier, das teils marode Bauwerk unter den heutigen Ansprüchen zu betreiben und zu unterhalten, sagte Augsten. Nach dem der seit Jahren geforderte Ausbau der Kleinmachnower Schleuse vom Tisch ist, werde sie nun saniert. In diesem Jahr stehe etwa die Grundinstandsetzung der Nachrichtentechnik und der Klapptore an. 2019 folgt der Massivbau, sagte Augsten.

„Wir haben eine Personalausstattung von 60 Prozent“

Jährlich würden rund 9000 Sportboote und Frachter mit einer Ladung von insgesamt 1,5 Millionen Tonnen die Schleuse passieren. Das sind etwa 15 pro Tag. Wassertouristen müssten mitunter lange Wartezeiten einkalkulieren. „Es gibt Tage, da warten Sportboote an der gegenüberliegenden Wartestelle doppellagig“, so Augsten. Das heißt, es gibt schon nicht mehr genügend Anleger und die Boote müssen an anderen Booten festmachen.

Neben den anstehenden Reparaturen, die immer wieder zu Einschränkungen führen, fehlt auch in Kleinmachnow Personal. „Wir haben eine Personalausstattung von 60 Prozent“, erklärt der Direktionsleiter. Regulär kann die Kleinmachnower Schleuse im Sommer von 6 bis 22 Uhr durchfahren werden. Krankheits- und urlaubsbedingt seien aber nicht immer beide Schichten zu realisieren. Die Schleuse schließe dann wie andernorts bereits um 18 Uhr.

Spätestens im Jahr 2020 werde es aber spürbare Entlastungen an den Schleusen geben, sagt Dirk Schwardmann. Um die Situation zu verbessern, habe es bereits Gespräche zwischen Bund und Land gegeben. Brandenburg wolle im kommenden Jahr in Kleinmachnow rund 40 Leute zum Schichtleiter ausbilden lassen, so Schwardmann. In etwa zehn Jahren sollen kleinere Schiffsschleusen, wie die in Kleinmachnow, dann aber selbstständig bedient und nur noch über eine Leitzentrale überwacht werden, erklärte er.

Hintergrund: Die Kleinmachnower Schleuse

Die Kleinmachnower Schleuse liegt im Teltowkanal, der die Havel bei Potsdam mit der Spree-Oder- Wasserstraße verbindet. Sie wurde 1906 von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht, nach fünfjähriger Bauzeit. Sie besteht aus drei Kammern: Der 85 Meter langen Nordkammer, die erst im Jahr 1940 eröffnet wurde, der 65 Meter langen Mittelkammer und der 67 Meter langen Südkammer, die jedoch seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges außer Betrieb ist. Insgesamt können Schiffe, die bis zu tausend Tonnen wiegen dürfen, durch die Schleuse einen Höhenunterschied von 2,86 Metern überwinden und dadurch den Teltowkanal passieren . Nach dem Krieg wurde die Schleuse außer Betrieb genommen und erst ab 1981 wieder befahren. Im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit sollte die Nordschleuse ursprünglich auf eine Länge von 190 Metern ausgebaut werden. Diese Pläne sind jedoch vom Tisch, die Bundesregierung will die bestehende Schleuse nur noch sanieren.

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