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Digitale Buchführung. Janosch Novak, Stefan Korsch und Uli Erxleben (v.l.) sind die drei Gründer des Start-ups SMACC. Mit der Software sollen stupide Routineaufgaben wie das Übertragen von Rechnungsbeträgen in Exceltabellen wegfallen.

© Andreas Klaer

Kleinmachnow: Nie wieder Quittungen abtippen

Ein Start-up revolutioniert von Kleinmachnow aus die Welt der Finanzbuchhaltung.

Kleinmachnow - Auf dem Display des Scanners leuchtet ein kleines orangefarbenes Monster, das seinen Mund weit aufsperrt. Uli Erxleben, einer der drei Gründer des Start-ups SMACC, gibt dem Scannermonster zu fressen: eine Papierrechnung des imaginären Unternehmens June Consulting. Nachdem die Rechnung eingescannt wurde, loggt sich Erxleben mit einem Demo-Account in die Software von SMACC ein. SMACC ist ein Akronym von „Smart Accounting“.

Gäbe es das Unternehmen June Consulting tatsächlich und wäre Uli Erxleben ein Mitarbeiter der dortigen Finanzbuchhaltung, könnte er sich mit einem Klick auf der SMACC-Plattform zu seiner Bank weiterleiten lassen und den Rechnungsbetrag mit dem üblichen System mit Eingabe einer Transaktionsnummer sicher bezahlen. Außerdem könnte er jeden beliebigen Rechnungsbetrag finden, den die Firma je gezahlt oder eingenommen hat und anhand von Diagrammen die zukünftige Liquidität überblicken. Mit einem echten Unternehmen hätte Erxleben das Verfahren aber selbstverständlich nicht demonstrieren können. „Das sind schließlich hochsensible Daten, mit denen wir hier arbeiten“, sagt der gebürtige Potsdamer. „Datensicherheit steht für uns an erster Stelle.“

Buchhaltung ist bei vielen Unternehmen eine Schwachstelle, haben Erxleben und sein Gründerkollege Janosch Novak schon vor einigen Jahren festgestellt. Gerade in deutschen Unternehmen sind Papierrechnungen noch sehr verbreitet, Finanzbuchhalter heften Belege in dicken Ordnern ab und stellen sie in eine schier endlose Reihe von Archivregalen. Am Ende des Monats ist dann zuweilen die eine entscheidende Quittung nicht mehr auffindbar.

Der 35-jährige Novak und der 36-jährige Erxleben waren im Wirtschaftsstudium Kommilitonen, kennen sich also bereits seit vielen Jahren. 2013 trafen sie sich allerdings eher zufällig wieder, da beide bei demselben Start-up-Inkubator arbeiteten. Novak musste dort die Finanzen von gleich sieben jungen Unternehmen überblicken und merkte schnell, dass vor allem Routineaufgaben dabei viel Zeit in Anspruch nehmen. „Buchhalter verbringen viel zu viel Zeit mit dem stupiden Abtippen von Zahlen“, sagt Novak. Dabei könnten die Mitarbeiter ihr Wissen viel effizienter einsetzen: etwa in der Datenanalyse oder der klugen Finanzplanung für die kommenden Monate. Als Novak und Erxleben Ende 2014 Stefan Korsch, einen IT-Experten mit dem Schwerpunkt maschinelles Lernen, kennenlernten, hatten sie sich bereits entschieden, SMACC zu gründen. Korsch brachte dafür das nötige IT-Know-how mit.

Mit den ersten Mitarbeitern zog das Gründerteam in die Potsdamer Rudolf-Breitscheid-Straße direkt an den Griebnitzsee. Der Standort war günstig durch die Nachbarschaft zum Hasso-Plattner-Institut und der Universität Potsdam. Die Firma hatte somit schnellen Zugang zu den jungen Talenten der Softwareentwicklung und Wirtschaftswissenschaften. Doch das Unternehmen wuchs und mit einer Mannschaftsstärke von über 50 Kollegen wurde es in der Rudolf-Breitscheid-Straße zu eng. Die Gründer suchten zunächst in Potsdam, fanden dort aber keine ausreichend großen Räume, die ihren Anforderungen entsprachen. Die Nähe zu anderen Technologie-Start-ups wie Ebay, Paypal und mobile.de gaben schließlich den Ausschlag für den neuen Standort, den das Unternehmen Anfang des Monats bezog.

Verglaste Büroräume unterteilen die beiden Hallen, die SMACC dort gemietet hat, in die verschiedenen Unternehmensabteilungen: Marketingexperten, Entwickler, Datenanalytiker und eben Leute, die sich gut mit Finanzen auskennen. Die gesamte erste Etage besteht aus Mitarbeitern, die den Neukunden beim sogenannten „Onboarding“ helfen. Schließlich ist das Konzept noch neu und es tauchen gerade in der Anfangsphase viele Fragen zur Nutzung der Software auf.

Vor allem in der Abteilung „Data Science“ treiben die jungen Mitarbeiter neben ihrem Tagesgeschäft auch die Erforschung künstlicher Intelligenz voran. Das bedeutet – vereinfacht ausgedrückt – sie arbeiten daran, dass Computer lernen, bestimmte Muster wiederzuerkennen. Dafür hat das Land Brandenburg SMACC mit dem ProFit-Programm gefördert.

Bisher hat das Unternehmen bereits ein paar Hundert Kunden – die genaue Zahl möchte Erxleben aus Wettbewerbsgründen nicht nennen. Darunter sind Start-ups wie die Craft-Bierbrauerei Berliner Berg sowie kleine Unternehmen und Mittelständler wie der Gesundheitsberater Sanubi oder das Umzugsunternehmen Movinga. „Unser Fokus liegt auf Unternehmen mit zehn bis 150 Mitarbeitern“, sagt Stefan Korsch. Gerade Start-ups und Mittelständler müssten häufig sehr viele Ressourcen in das Management ihrer Finanzen stecken.

Erxleben ist überzeugt, dass sich – auch wegen der guten Brandenburger Förderprogramme – das Gewerbegebiet am Albert-Einstein-Ring in den kommenden Jahren zu einem immer beliebteren Standort für Technologie-Start-ups entwickeln wird. Einziger Wermutstropfen ist derzeit noch die etwas ungünstige Anbindung durch nur eine einzige Buslinie.

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