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Kino in Werder und Kleinmachnow: Voller Hoffnung nach schwierigem Kinojahr

Im Ostrausch: Filme zu DDR-Themen begeisterten 2018 das Publikum in den Neuen Kammerspielen und im Scala Kulturpalast. Die Bilanzen und der Blick nach vorn.

Werder (Havel) - Der Sommer 2018 lud nicht gerade dazu ein, die Abende in kuscheligen Kinosesseln zu verbringen. Bei stetig warmen Temperaturen um 30 Grad erschienen Ausflüge ans Wasser wesentlich attraktiver. Dass auch so gut wie kein Tropfen Regen fiel, war für Gösta Oelstrom, Betreiber des Werderaner Scala Kulturpalasts, Segen und Fluch zugleich. Einerseits blieb es im Innern seines Kinos trotz erheblicher Mängel am Dach trocken, andererseits blieben auch die Gäste fern. „Der Sommer war schon hart“, sagt Oelstrom, fügt dann aber gleich ein „Was soll’s“ hinzu. Er hat nämlich einen Wunsch für 2019: Er möchte eine Strandbar am Kino eröffnen, oder zumindest eine Terrasse anbauen, auf der seine Gäste an heißen Tagen Kaffee oder Wein genießen können.

Treues Stammpublikum

Insgesamt gehe es mit dem Scala nämlich kontinuierlich voran, sagt der Kinobetreiber. Im Schnitt seien dieses Jahr pro Tag rund 80 Besucher zu den drei bis vier Filmvorstellungen in das denkmalgeschützte Gebäude aus den Vierzigern mit seiner beeindruckenden Eingangshalle gekommen. Ähnlich geht es den Neuen Kammerspielen in Kleinmachnow, dem zweiten Kino mit breit gefächertem Programm, das Potsdam-Mittelmark zu bieten hat. „2018 war ein schreckliches Kinojahr“, sagt Kinoleiterin Valeska Hanel. Aber es habe auch gezeigt: Die Neuen Kammerspiele haben ein treues Stammpublikum. So sei der Kinosaal etwa bei der Liveübertragung der Eröffnung der Bayreuther Festspiele sehr gut besucht gewesen – trotz der 40 Grad und der stickigen Luft, erzählt Hanels Kollegin, Carolin Huder, die Geschäftsführerin des Kinos. Dennoch hätten sie einiges nachzuholen. Im letzten Jahr seien 2000 Gäste mehr gekommen, aber die Zahl für den Kinomonat Dezember fehle ja auch noch, sagt Hanel.

Der Höhepunkt des Jahres? Das sei ganz klar die Berlinale gewesen, sind sich Hanel und Huder einig. Es war nach 2016 bereits das zweite Mal, dass das Festival mit seiner Reihe „Berlinale goes Kiez“ in Kleinmachnow gastiert hat. Gezeigt wurden gleich drei Filme. Charakteristisch für dieses Jahr seien darüber hinaus die vielen Komödien gewesen, insbesondere die deutschen, findet Hanel. Noch nie hätten sie so viele gezeigt. Ansonsten würden doch eher anspruchsvollere Autorenfilme das Programm beherrschen.

„Mainstreamiges Art House“ – so definiert Hanel die Ausrichtung des Kinos.
„Dass DDR-Thematiken noch so aktuell sind, hätte ich gar nicht gedacht“, erinnert sich Huder. Der Film „Gundermann“ über den Liedermacher aus Weimar sei sehr gut gelaufen, genauso wie „Ballon“, der eine Flucht über die innerdeutsche Grenze zeigt, oder die Doku „Familie Brasch“, die auch als „Buddenbrooks in DDR-Ausgabe“ bezeichnet wurde. „Fünfzig Meter von hier verlief die Mauer, ist doch klar“, sagt Hanel – der DDR-Alltag sei in Kleinmachnow eben sehr prägend gewesen. Um die Filmvorführungen in den Neuen Kammerspielen zu besuchen, hätten die Leute teils längere Anfahrten aus Berlin auf sich genommen, erzählt die Kinochefin. Und viele hätten ihren ganzen Familienanhang mitgebracht.

Die Jahresbilanz, die Oelstrom in Werder zieht, sieht ähnlich aus. Auch hier waren die Filme zu Themen aus DDR-Zeiten besonders beliebt. Aktuell sei das Filmdrama „Bohemian Rhapsody“ über die Rockband Queen, das im Oktober angelaufen ist, sehr erfolgreich, so Oelstrom. Dass etwa das Drama „BlacKkKlansman“, das für zahlreiche Preise nominiert ist, in Werder nicht besonders gut angenommen wurde, habe ihn allerdings sehr überrascht, betont der Kinobetreiber. In Punkto Balanceakt Platzierung habe er in diesem Jahr einiges dazugelernt, resümiert er – schließlich entscheide auch die Uhrzeit über die Anzahl der Gäste.

Besonders hervorzuheben seien die vielen Konzerte und Aktionen, die im Scala stattfanden: etwa die Filme, die anlässlich der Aktionswoche „Weltoffenes Werder“ in dem Kino liefen, das Musikfestival „Werder klingt“ oder die Premiere von „Bohemian Rhapsody“ mit dem deutschen Synchronsprecher der Freddie-Mercury-Figur. Zu drei Konzerten von Thomas Rühmann seien insgesamt 580 Besucher gekommen. Überhaupt seien die Konzerte von Ostbands, wie sie Oelstrom nennt, besonders gut besucht. Eine feste Gage zahlt er Musikern trotzdem nicht. Er müsse sie am Risiko beteiligen, sonst sei sein eigenes Risiko viel zu hoch, sagt er. Veranstaltungen neben dem Kinobetrieb möchte Oelstrom 2019 ausbauen. Mehr für Kinder soll hinzukommen, und Musik-Panels, also Gesprächsrunden über Musik.

Das größte Problem ist das Dach

Fast genau vor einem Jahr hat der Berliner einen Förderverein für das Scala gegründet. Viele Mitglieder habe der noch nicht, aber die Arbeit des Vereins werde auch erst Anfang des nächsten Jahres so richtig starten. Das Ziel steht fest: Oelstrom will das Kino kaufen, am liebsten noch 2019. Rund 360.000 Euro kostet das Gebäude. Mit dieser Summe allein wäre es nicht getan – Renovierungskosten kämen nämlich noch dazu. Würde der gemeinnützige Verein das Kino besitzen, könnte sich die Stadt sich an diesen Kosten beteiligen, hofft Oelstrom. Schließlich erhält nur der Besitzer Zuschüsse für die Renovierung eines denkmalgeschützten Baus. Oelstrom möchte das Flair des Kinos unbedingt erhalten. Eine Künstlergarderobe will er einrichten, außerdem soll die Bühne verkürzt werden, damit mehr Platz im Saal entsteht. Das größte Problem bleibt das Dach – aber es regne ja nur noch selten, sagt der Kinobetreiber und grinst verschmitzt. Seinen Anfang 2018 angekündigten Plan, ein älteres Lichtspielhaus in Hennigsdorf ebenfalls mit Leben zu füllen, hat er nicht verwirklichen können – die Forderungen des Inhabers seien zu hoch gewesen. Aber seit dem Sommer schöpft er wieder Hoffnung in Werder. Zwischenzeitlich war ein Kaufinteressent aufgetaucht, Oelstrom hatte die Arbeiten am Haus daraufhin eingestellt. Den möglichen Käufer gebe es zwar immer noch, aber der Besitzer habe ihm noch mehr Zeit gegeben. Wobei auch die natürlich irgendwann ablaufe, fügt er hinzu.

Flexibilität ist gefragt

Hanel und Huder haben sich 2018 besonders über den schlecht laufenden Vorverkauf geärgert. „Im Grunde riskiert das Publikum die eigenen Veranstaltungen, obwohl die Karten im Vorfeld weniger kosten“, sagt Huder. Einige Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Um flexibler zu sein, wollen die beiden in 2019 den Veranstaltungsraum im Haus zu einem zweiten Kinosaal mit 40 mobilen Plätzen und Bar umbauen. Launchig soll die Atmosphäre sein, wie in einem DDR-Clubkino, beschreibt Hanel. So könne man dem Verleih garantieren, jeden Tag einen Film zu spielen. Bisher konnten Filme mit einer derartigen Auflage nicht in den Kammerspielen laufen. „Das ist ein riesengroßer Schritt für uns“, sagt Huder. Den Antrag haben beide schon Mitte Dezember bei der Gemeinde abgegeben. Hanel freut sich besonders auf eine Filmreihe, die anlässlich der Frauenwoche 2019 in dem Kino laufen soll. Einen Männerfilm soll es dabei auch geben – mehr verrät sie nicht. „Wir haben hier ein schönes Leben“, sagt Hanel. Manchmal gehe zwar etwas schief, wie etwa das Event „Lieblingsfilm im Freibad“ an einem von zwei Regentagen im Sommer. Aber an und für sich, pflichtet Huder ihr bei, sei die Freiheit, sich solche Veranstaltungen auszudenken, großartig.

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