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Eine Nonnenraupe auf einem jungen Birkenast.

© Julian Stähle, ZB

Kein Gift im Wald: Ohne "Karate Forst" macht sich die Nonne breit

Mehrere Millionen Euro Schaden und Kiefernadeln als Brandbeschleuniger. Was der Kiefernschädling Nonne in den Wäldern anrichtet. 

Von Eva Schmid

Beelitz - Auf dem Boden liegen unzählige grüne Kiefernadeln, die Baumkronen sind licht, die Baumrinde fällt ab: Die Nonne frisst sich in großem Maßstab durch die Wälder rund um Beelitz. „Unsere Prognosen sind leider eingetroffen“, sagt Katrin Möller, die beim Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde für Waldschutz zuständig ist. Am Donnerstag führt sie zusammen mit dem Beelitzer Stadtförster Martin Schmitt durch den Wald bei Fichtenwalde. Zu dem Pressetermin hat die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände eingeladen. Besichtigt wurden die Teile des Waldes, die nicht mit dem Insektizid Karate Forst behandelt worden sind.

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"Das große Fressen kommt noch"

Das Ausmaß des Schadens durch die Nonne ist bereits jetzt schon groß, betont Möller. „Und der Fraß ist noch nicht abgeschlossen.“ Befallen sind insgesamt rund 10 000 Hektar. Ein Großteil der Fläche, rund 7000 Hektar wurden mit dem Insektizid besprüht, noch bevor der Nabu über das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein Stopp des Sprüheinsatzes erwirken konnte. Übrig blieben die rund 2500 Hektar Fläche bei Fichtenwalde, Borkheide und Borkwalde. 

Die Raupen mit den feinen Härchen auf dem Rücken krabbeln an diesem Donnerstag munter über den Waldboden, sitzen auf Kiefernnadeln, Birkenblättern und anderem Laub. Wer durchs Unterholz streift, hat nach kurzer Zeit eine der Raupen auf dem Hemd sitzen. In rund zwei Wochen werden sie das letzte Larvenstadium erreichen, bevor sie sich verpuppen, erklärt die Biologin. In diesem Stadium würde die Nonne 80 Prozent der benötigten Nahrungsmenge zu sich nehmen. „Das große Fressen kommt also noch.“ Möller schätzt, dass ein Großteil der Bäume auf der nicht besprühten Fläche in den kommenden Jahren absterben wird. Auf den behandelten Flächen jedoch konnten fast alle Raupen durch das Gift getötet werden. Der Wald sei dort stabil. 

Warum braucht der Wald Gift durch den Menschen?

Möller gehörte zu denjenigen, die den Einsatz des Insektengifts befürworten. Sie versuchte die Kritiker davon zu überzeugen, dass nur ein behandelter Wald Chancen hätte zu überleben. Ihre Erklärung, dass das Mittel vor allem in den Baumkronen lande und für viele Insekten, wie zum Beispiel Bienen ungefährlich sei, überzeugte die Umweltschützer jedoch nicht. Ebenso wenig ihr Hinweis, dass Karate Forst im konventionellen Obst- und Gemüsebau regulär eingesetzt werde. 

Anwohner aus Fichtenwalde, Borkheide und Borkwalde fürchteten bei dem Einsatz um ihre Gesundheit und um den Wald vor ihrer Haustür. Sie verstanden nicht, warum der Wald, der seit Jahrtausenden ohne menschlichen Einsatz zurechtkam, zu seinem Erhalt nun Gift bräuchte. Der Nabu befürchtete schwerwiegende Auswirkungen auf Insekten und die Vogelwelt. Es gründete sich eine Bürgerinitiative. Das letzte Wort sprach das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Seither werden die Gräben zwischen Gegnern und Befürwortern tiefer. 

Ein abgenagtes Jungbäumchen. 
Ein abgenagtes Jungbäumchen. 

© Julian Stähle, ZB

Rund 1200 private Waldbesitzer sind betroffen

Verärgert über den gestoppten Sprüheinsatz sind auch rund 1200 private Waldbesitzer, denen ein Großteil des Waldes rund um Beelitz gehört. Sie beziffern den Schaden pro Hektar auf rund 15 000 Euro. „10 000 Euro für das verlorene Holz und 5000 Euro für das Wiederaufforsten“, sagt Waldbesitzer Bernd Schaeff, der zusammen mit Christian Graf Brockdorff einen Forstbetrieb bei Beelitz hat. Allein in ihrem Betrieb betrage der Schaden bislang gut zwei Millionen Euro. „Für uns ist klar, dass wir rechtliche Möglichkeiten prüfen werden, um uns den entstandenen Schaden ersetzen zu lassen“, kündigte Graf Brockdorff an. 

Das Feuer hat leichtes Spiel bei geschwächten Bäumen

Auch der Beelitzer Stadtförster Martin Schmitt, der nicht den Stadtwald, sondern auch den Wald einiger privater Waldbesitzer pflegt, ist alarmiert. Er befürchtet eine erhöhte Waldbrandgefahr durch den Nonnenfraß. „Der Wald heizt sich bei dieser Wetter immer weiter auf“, so Schmitt. Die grünen Kiefernadeln enthalten ätherische Öle, das wirke wie ein Brandbeschleuniger. Hinzukomme, dass die Kiefern durch die Nonne so sehr geschwächt seien, dass ein Feuer leichtes Spiel hätte. „Wenn die Borke angegriffen ist, dann klettert das Feuer wie eine Leiter in die Krone“. Was ein solcher großflächiger Kronenbrand für Ausmaße für die Waldgemeinden hätte, will er sich nicht ausmalen. Zumal es in den Wäldern rund um Beelitz keine Schneisen gibt, die für Rettungsfahrzeuge breit genug seien. Beelitz hat wie berichtet ein Spazierverbot durch die Wälder beim Land beantragt. 

Förster Martin Schmitt zeigt das Ausmaß des Schadens.
Förster Martin Schmitt zeigt das Ausmaß des Schadens.

© Julian Stähle/dpa

Ist das alles nur "Katastrophengeschrei"?

Als „empörendes Katastrophengeschrei“ bezeichnet hingegen der Vorsitzende des Nabu Brandenburgs, Friedhelm Schmitz-Jersch, die Prognosen der Forst. Seiner Meinung nach, würden sich Wälder nach einem Kahlfraß wieder erholen. „Man muss ihnen nur etwas Zeit geben.“ Dass das so ist, lasse sich gut an den Wäldern im Bereich Lieberose erkennen. Dort durften nach einem Befall im Jahr 2014 rund 500 Hektar Wald im Naturschutzgebiet nicht besprüht werden. Die auch dort überwiegend vorhandenen Kiefernreinbestände hätten sich vom Kahlfraß mittlerweile vollständig wieder erholt“, so Schmitz-Jersch gegenüber den PNN. 

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