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Gesichert. BBIS-Schulleiter Burkhard Dolata lagert die noch erhaltene Marx-Plakette im Safe der Schule. Sie ist alles, was vom Denkmal (r.) noch übrig ist.

© M. Thomas/H. Faensen

Potsdam-Mittelmark: Karl Marx soll zurückkehren

Die Linke fordert anlässlich des 200. Geburtstags ein neues Denkmal für den Namensgeber der einstigen Parteihochschule auf dem Kleinmachnower Seeberg. Das alte wurde vor Jahren abgerissen.

Kleinmachnow - Sie galt als wichtigste Kaderschmiede des SED-Regimes: die Parteihochschule „Karl Marx“. Gut abgeschirmt von der Außenwelt wurden zwischen 1948 und 1954 in der Hakeburg und den Räumen der ehemaligen Reichspostforschungsanstalt auf dem Kleinmachnower Seeberg Spitzenfunktionäre der DDR ausgebildet. Am 5. Mai jährt sich der Geburtstag des Namenspatrons der in Kleinmachnow zwischenzeitlich betriebenen Eliteschule zum 200. Mal. Doch viel mehr als eine Straße, die noch heute seinen Namen trägt, ist von Karl Marx (1818–1883) in Kleinmachnow nicht geblieben. Doch könnte sich das bald ändern.

Mit dem Gedenkstein, der einst auf dem Seeberg für den Namensgeber der Parteihochschule geschaffen, später aber abgerissen worden war, will die Kleinmachnower Linke ein Stück Vergangenheit und Erinnerung zurückholen. „Das Denkmal gehört wieder aufgestellt“, sagte der Kreistagsabgeordnete und Fraktionssprecher der Kleinmachnower Linken, Thomas Singer, den PNN. Aus aktuellem Anlass werde er am heutigen Donnerstagabend eine entsprechende Anfrage an die Kleinmachnower Gemeindevertretung richten. Welche Würdigung der durch seine Werke „Das Kapital“ sowie das „Manifest der Kommunistischen Partei“ bekannt gewordene Arbeiterführer darüber hinaus anlässlich seines Jubiläums erfährt, werde derzeit konzipiert.

Das Parteischul-Ensemble steht seit 1994 unter Denkmalschutz

Nach der einstigen Kaderschmiede der DDR, die nach der Bezirksaufteilung des Landes 1954 vom Seeberg an den Köllnischen Park nach Berlin umgezogen war, verschwand gut 50 Jahre später auch das einst für Marx vor Ort geschaffene Denkmal. Wie der Kleinmachnower Kunsthistoriker Hubert Faensen recherchierte, soll der Gedenkstein einem Artikel in der Parteischulzeitschrift nach anlässlich des 135. Geburtstages von Karl Marx im Mai 1953 auf dem Campus auf dem Seeberg aufgestellt worden sein. In der Nähe der Häuser 2 und 3, dort, wo der Weg von der Hakeburg in die Straße mündete, die einst über das Gelände auf dem Seeberg führte, habe er gestanden, sagte Faensen den PNN. Gegen den Abriss habe er damals protestiert, erzählt er.

Das gesamte Parteischul-Ensemble war 1994 unter Denkmalschutz gestellt worden, sagte der Vizevorsitzende des Kleinmachnower Heimatvereins Rudolf Mach. Doch obwohl sich das Brandenburgische Landesdenkmalamt dafür ausgesprochen habe, auch das Karl-Marx- Denkmal zu erhalten, sei dieses merkwürdigerweise nicht unter Schutz gestellt worden, so der Heimatforscher.

Ganz verloren ist der Gedenkstein nicht.

Die Berlin Brandenburger International School (BBIS), die das Areal mit den ehemaligen Parteischulgebäuden 2005 von der Telekom erworben und zu einer englischsprachigen Privatschule umgebaut hatte, riss es ab. An der Betonsäule hatte der Zahn der Zeit genagt, es sei nicht mehr zu retten gewesen, erklärte der Geschäftsführer der BBIS, Burkhard Dolata. Auch habe die Schule vorab prüfen lassen, ob ein Denkmalstatus besteht.

Ganz verloren ist der Gedenkstein aber nicht. In die seinerzeit abgerissene Säule war oberhalb eine Bronzetafel mit dem Bildnis des in Trier geborenen Philosophen und Ökonomen integriert. Diese von dem Kleinmachnower Künstler Otto Maerker geschaffene Plakette hatte die Internationale Schule damals gesichert und über die Jahre in einem Tresor aufbewahrt. „Wer Interesse hat, ist herzlich willkommen, sie anzusehen“, erklärte der Schuldirektor. Ob sie anderweitig temporär gezeigt werden könne, sei noch nicht besprochen worden. Für eine „vernünftige Lösung“ sei die Schule aber offen, sagte er. 

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HINTERGRUND: Parteihochschule auf dem Seeberg

Die heute von der Internationalen Schule genutzten Gebäude auf dem Kleinmachnower Seeberg waren ab 1939 für Forschungszwecke der Deutschen Reichspost errichtet worden. Diese hatte das Wald- und Seegebiet nebst der Neuen Hakeburg zwei Jahre zuvor von Dietloff von Hake erworben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1946 die gerade gegründete SED Eigentümerin des Seeberg- Areals. Aus Platzgründen siedelte die Partei kurz darauf ihre bis dahin in Liebenwalde bei Berlin ansässige Parteihochschule „Karl Marx“ nach Kleinmachnow um. Auf dem Seeberg entstanden Unterrichts- und Büroräume, eine Bibliothek, Internat und Krankenstation. Gemeinsam mit der Hakeburg entwickelte sich der Seeberg zum ideologischen Zentrum der DDR. Nur wer dort studierte hatte, dem stand eine aussichtsreiche Karriere bevor. Zu konspirativen Treffen soll sich auch die Parteispitze regelmäßig vor Ort eingefunden haben. Zu den Dozenten der Schule zählte unter anderem Doppelagentin Carola Stern, die, nachdem ihre Spionagetätigkeit für den amerikanischen Geheimdienst CIC aufgeflogen war, 1951 nach Berlin-West flüchtete. Nach dem Umzug nach Berlin etablierte die SED 1955 auf dem Seeberg die Potsdamer Bezirksparteischule, später zog dort eine Sonderschule ein. 1995 wurde das Gelände der Telekom als Rechtsnachfolgerin der Reichspostforschungsanstalt rückübertragen. Nachdem Pläne für eine Entwicklung gescheitert waren, verkaufte sie das Areal später an die BBIS. 

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