zum Hauptinhalt

„Karate Forst“: Massiver Protest gegen Insektizideinsatz

Briefe an Woidke, eine Demo und Petition: Anwohner wollen den Einsatz des Insektizids „Karate Forst“ in den Wäldern rund um Beelitz unbedingt verhindern.

Fichtenwalde - Der Druck steigt: Die Kritiker eines großflächigen Sprüheinsatzes gegen den Kiefernschädling Nonne in den Wäldern rund um Beelitz werden immer lauter. Vor wenigen Tagen erst haben sich Anwohner aus Fichtenwalde zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Das Ziel der neuen Initiative namens „Naturwald“: verhindern, dass die Nonne per Hubschrauber mit dem Insektizid „Karate Forst“ bei Fichtenwalde, Borkheide und Borkwalde bekämpft wird. Denn das Insektizid soll nicht nur den Schädling, sondern auch nützliche Insekten töten, betonen die Kritiker. Die Sprüheinsätze sind wie berichtet ab dem 6. Mai geplant.
Die Anwohner der betroffenen Waldgemeinden sorgen sich auch um ihre Gesundheit. Mittlerweile haben sie auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) über die Planung der Landesforst informiert. Woidke soll ihnen versprochen haben, sich mit dem zuständigen Umweltministerium und der Landesforstbehörde zu dem Thema auszutauschen, heißt es am Mittwoch aus der Staatskanzlei.

Kahlfraß droht

Nötig ist die Bekämpfung der Nonne laut dem Landesbetrieb, weil in diesem Jahr der Schädling vermehrt im Kreis auftritt. Die meisten Eier haben die Förster in dem rund 5000 Hektar großen Gebiet bei Fichtenwalde, Borkheide und Borkwalde gefunden. Wenn die Raupen demnächst schlüpfen und nicht frühzeitig bekämpft würden, drohe ein Kahlfraß. Zum Teil würden so viele Eiergelage vorhanden sein, dass die Raupen die Kiefern theoretisch sogar zwei Mal abfressen könnten, erklärt die Forstbehörde. Um das zu verhindern, müsse auf „Karate Forst“ zurückgegriffen werden. Wird es über den Baumwipfeln versprüht, darf der Wald für 48 Stunden lang nicht betreten werden; Waldfrüchte, Kräuter und Pilze dürfen drei Wochen lang nicht gepflückt werden.

Für Bienen, so heißt es aus der Forstbehörde, sei das Gift gegen die Raupen der Nonne unbedenklich, ebenso wie für Menschen. In den betroffenen Gemeinden sieht man das aber anders. „Das Insektizid muss laut Hersteller über 120 Meter von Gewässern, aber nur 30 bis 40 Meter von Siedlungen, in denen kleine Kinder spielen, ferngehalten werden“, heißt es in einer Petition, die die Kritiker des Einsatzes mittlerweile auf der Online-Plattform change.org initiiert haben. In nur wenigen Tagen haben bereits mehr als 5000 Unterstützer die Petition unterzeichnet.

Anwohner fühlen sich schlecht informiert

Und nach Ostern soll es mit zusätzlichen Protestaktionen weitergehen: So ist für den 26. April eine Demonstration in Fichtenwalde geplant. In Borkwalde soll es am 30. April eine weitere Informationsveranstaltung für Anwohner geben. Einer der Hauptkritikpunkte vieler Betroffener: Die Landesforstbehörde würde über ihr Vorhaben schlecht informieren. Daher organisiere man sich nun selbst. Erst vor wenigen Tagen kamen wie berichtet rund 200 Anwohner und Interessierte bei einem InfoAbend in Fichtenwalde zusammen. Eingeladen war auch ein Vertreter der Landesforstbehörde – doch der konnte vor Ort fast niemanden überzeugen. Dass durch den Kahlfraß die Waldbrandgefahr steige, „ist für mich kein überzeugendes Argument“, so der Fichtenwalder Ortsvorsteher Tilo Köhn. In trockenen Sommern sei die Gefahr, dass ein Feuer ausbreche, immer hoch.

500 statt 25 Meter-Abstand gefordert

Köhn und seine Mitstreiter fordern jetzt, dass bei Sprüheinsätzen der Mindestabstand zu Siedlungen vergrößert werden muss, um 500 Meter. Nur so könne eine Abdrift des Insektizids auf Gärten und Menschen verhindert werden. Das Gesetz sieht lediglich 25 Meter vor, die brandenburgische Forstbehörde sicherte bisher einen Abstand von 100 Metern zu. Eine weitere Forderung der Gegner: Statt „Karate Forst“, dass alle Insekten töte, solle ein selektives, natürliches Insektizid eingesetzt werden. Doch das ist laut Forstexperten wirkungslos gegen die Nonne. Für den Landesforst ist der Einsatz daher alternativlos. Mit einer Genehmigung durch den Pflanzenschutzdienst des Landes rechnet die Forstbehörde Anfang Mai. Erst danach dürfen die Hubschrauber abheben.

Unterdessen wurde ein bereits geplanter Einsatz mit „Karate Forst“ bei Jüterbog (Landkreis Teltow-Fläming) vor wenigen Tagen wieder abgesagt. Laut dem Chef der dortigen Oberförsterei , Michael Ebell, habe eine erneute Prüfung vor Ort ergeben, „dass die kritische Zahl an Schädlingen“, die einen Insektizideinsatz nötig machen, nicht erreicht worden sei, so Ebell.

Zur Startseite