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Jobs in Potsdam-Mittelmark: So wenig Arbeitslose wie noch nie

Die Arbeitslosenquote im Landkreis Potsdam-Mittelmark sinkt erstmals unter vier Prozent – allerdings nicht in allen Gemeinden. Jetzt kommt es auf die richtigen Weichenstellungen an.

In Potsdam-Mittelmark sind so wenige Menschen arbeitslos wie nie zuvor. Das geht aus einer Pressemitteilung des Landkreises hervor. Demnach ist die Arbeitslosenquote im Juni 2019 erstmals unter die Vier-Prozent-Marke gesunken. Insgesamt waren damit noch rund 4 500 Menschen im Landkreis arbeitslos gemeldet. Gut 60 Prozent davon beziehen Arbeitslosengeld II.

Laut Eveline Vogel, Fachdienstleiterin des Bereichs Wirtschaftsförderung im Landkreis, ist die Arbeitslosigkeit allerdings sehr ungleich verteilt: „Im Berliner Speckgürtel haben wir teilweise Arbeitslosenquoten von zwei Prozent und weniger“, sagt Vogel im Gespräch mit den PNN. Werder (Havel) und Schwielowsee seien etwa Orte mit derart niedrigen Arbeitslosenzahlen. Im Gegensatz dazu seien in Bad Belzig, Wiesenburg oder Niemegk überdurchschnittlich viele Menschen ohne Job. Grund ist unter anderem die unterschiedlich gute Verkehrsanbindung des Landkreises Potsdam-Mittelmark an städtische Regionen: Im Speckgürtel gebe es viele Pendler, die ihre Arbeitsstätten in Berlin oder Potsdam haben, aus weiter entfernten Gemeinden hingegen sei das Pendeln schwieriger und somit die Auswahl an möglichen Jobs geringer. „Wir haben dadurch eine große Schere zwischen den stadtnahen und den ländlicher gelegenen Regionen“, sagt die Fachbereichsleiterin. „In ländlich gelegeneren Landkreisen sind wir teils bei Arbeitslosenquoten von sechs bis sieben Prozent“, so Vogel. In städtischen Regionen sei außerdem die Zahl der Jobs für ungelernte Tätigkeiten höher.

Landrat Wolfgang Blasig führt die niedrigen Arbeitslosenzahlen im Landkreis auch auf die wirkungsvollen Coachingprojekte des Jobcenters MAIA für Langzeitarbeitslose zurück: „Als wir 2012 die MAIA in ein kommunales Jobcenter überführt haben, habe ich das langfristige Ziel ausgegeben, in Potsdam-Mittelmark Vollbeschäftigung zu erreichen“, sagte Blasig anlässlich der Mitteilung der niedrigen Arbeitslosenzahlen. Im Juni 2012 hatte die Quote im Landkreise noch bei 6,8 Prozent gelegen. Zum Begriff der Vollbeschäftigung gibt es unter Ökonomen unterschiedliche Auffassungen. Meist wird damit eine Arbeitslosenquote unter drei Prozent bezeichnet.

Ein weiterer Grund für die bessere Beschäftigungsquote ist neben der guten Verkehrsanbindung an die Städte Berlin, Potsdam und Brandenburg an der Havel auch die gute Konjunkturlage der vergangenen zwei Jahre in Westbrandenburg. Insbesondere die Baubranche habe davon enorm profitiert, sagt Torsten Stehr von der IHK (Industrie- und Handelskammer) Potsdam. Die Auftragslage sei in der Branche so gut, dass die Unternehmen der Nachfrage kaum noch nachkommen könnten und händeringend neues Personal suchten. „Da wird viel getan, etwa auch, um ausländische Arbeitskräfte anzuwerben“, sagt Stehr. So habe ein Metallverarbeitungsbetrieb aus Oranienburg extra ein Haus gekauft, um neue Arbeitskräfte aus dem Ausland unterzubringen. Daneben werben viele Unternehmen in Schulen um Auszubildende, etwa mit Hilfe des bundesweiten Netzwerks „Schule Wirtschaft“. In ländlichen Regionen Brandenburgs gebe es zudem oft Aktionen, um abgewanderte Arbeitnehmer zurück in ihre frühere Heimat zu holen.

Auch Wirtschaftsförderin Eveline Vogel ist der Ansicht, dass sich Unternehmen heute weit mehr ins Zeug legen müssen, um ihre Arbeitsplätze zu besetzen als noch vor zehn Jahren. „Familienfreundlichkeit, flexible Arbeitszeiten oder Zuschüsse zur Gesundheitsförderung sind für Unternehmen inzwischen fast selbstverständlich geworden“, so Vogel.

Laut der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Potsdam könnte sich der Aufwärtstrend in Westbrandenburg aber schon bald abbremsen. „Es beginnt sich bei den Unternehmen offenbar ein gewisser Realismus einzustellen“, erklärt Torsten Stehr von der IHK Potsdam. Es handele sich bisher nur um eine „erste kleine Delle“ im positiven Konjunkturverlauf der letzten Jahre, allerdings komme es nun auf die richtigen Weichenstellungen an. Zu den momentanen Unsicherheitsfaktoren für die Unternehmer gehörten neben der anstehenden Brandenburg-Wahl auch internationale Faktoren wie der Brexit, der anhaltende Handelsstreit zwischen den USA und China und die Europawahl. „Das alles führt wahrscheinlich dazu, dass die Unternehmen in den nächsten Monaten erstmal nicht auf Teufel komm raus neue Leute einstellen“, sagt Stehr. Laut der Konjunkturumfrage wollen derzeit noch 28 Prozent der Unternehmen neues Personal einstellen, 65 Prozent planen hingegen, die Belegschaft unverändert zu lassen. Nur sieben Prozent der befragten Unternehmen berichten allerdings von einem geplanten Stellenabbau – das sei der niedrigste Wert, der jemals in der Konjunkturumfrage der IHK Potsdam erfasst wurde.

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