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Interview mit Claudia Günther: „Uns fehlen ab September 153 Kitaplätze“

Vier Michendorfer gründeten vor einem Jahr eine neue Fraktion – Chefin Claudia Günther zieht Bilanz.

Frau Günther, vor einem Jahr haben Sie das Bündnis für Michendorf gegründet, eine neue Fraktion in der Gemeindevertretung. Mit welchen Zielen sind Sie gestartet?

Wichtig war uns, das Wachstum der Großgemeinde nachhaltig zu planen. Michendorf hatte im letzten Jahr viele neue Bebauungspläne zu besprechen. Es ist aber wichtig, dabei immer das Gesamtbild im Blick zu behalten. Wenn irgendwo ein Wohngebiet entsteht, muss es ja auch mehr Kita- und Schulplätze und eine Verkehrsanbindung geben. Wir hatten vor einem Jahr den Eindruck, dass das große Ganze wegen der vielen persönlichen Querelen in der Gemeindevertretung oft nicht bedacht wurde.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen, vor denen die Gemeinde aktuell steht?

Uns fehlen ab September 153 Kitaplätze. Das liegt aus meiner Sicht auch daran, dass die Fraktionen die Verwaltung immer wieder gebremst haben. Da wird hier noch ein Gutachten angefordert und da noch ewig über ein Detail diskutiert. So wird das Problem natürlich nicht gelöst.

Welche Lösungsvorschläge hat das Bündnis für Michendorf für den Kitaplatzmangel?

Wir wollen erstmal die Ideen der Verwaltung hören. Es gibt ja positive Beispiele, wie kurzfristig mehr Platz für Kinder geschaffen werden kann. In Wildenbruch zum Beispiel kann man das Platzproblem in der Schule durch Änderung der Raumnutzung lösen. Bis die neuen Kitas in Michendorf fertig sind, erscheinen mir Container als die beste Übergangslösung.

Was sind die nächsten Ziele, die das Bündnis für Michendorf in der Gemeinde erreichen möchte?

Wir wollen uns dafür einsetzen, dass Bauvorhaben künftig immer zuerst im Gemeindeentwicklungsausschuss besprochen werden, bevor sie in den Bauausschuss gehen. Im Gemeindeentwicklungsausschuss, dessen Vorsitzender unser Fraktionsmitglied Achim Sattler ist, kann rechtzeitig beraten werden, ob das jeweilige Bauvorhaben überhaupt zu dem Zeitpunkt in die Gemeinde Michendorf passt.

Warum sind Sie vor einem Jahr überhaupt aus der Fraktion der Michendorfer Grünen ausgetreten und wollten zunächst als Einzelkämpferin weitermachen?

Ich bin damals aus meiner Fraktion ausgetreten, weil ich das Gefühl hatte, dass es in den Sitzungen der Gemeindevertretung kaum noch um Sachthemen ging. Stattdessen haben alle Fraktionen, auch meine eigene, oft strategisch abgestimmt, um dem Bürgermeister und der Verwaltung Steine in den Weg zu legen. Ich hingegen wollte die Verwaltung lieber unterstützen. Ohne ein gewisses Grundvertrauen geht schließlich nichts voran. Ich möchte aber betonen, dass mein Austritt keine Abkehr von grünen Themen war: Auch nach meinem Fraktionsaustritt sind mir Umweltthemen und eine nachhaltige Entwicklung weiterhin wichtig – schließlich arbeite ich auch beim Nabu. Auf kommunaler Ebene kommt es aus meiner Sicht aber eher auf die Person als auf das Parteibuch an.

Konnten Sie innerhalb ihres ersten Jahres als neue Fraktion etwas an diesem Problem ändern?

Es ist ein sichtbarer Gewinn, dass das Stimmen- und Kräfteverhältnis in der Gemeindevertretung einmal komplett durcheinandergewirbelt wurde. Die SPD und die Linke schlossen sich zu einer Fraktion zusammen. Die CDU hat jetzt in jedem Ausschuss wieder zwei Sitze, die FDP und die Grünen teilen sich einen Platz. Dadurch, dass sich alle miteinander verständigen mussten, sind die Diskussionen wieder sachbezogener geworden.

Zum Bündnis für Michendorf gehören auch Eckhard Reinkensmeier, Ralf Jechow und Achim Sattler. Wie haben Sie zusammengefunden?

Nachdem ich ausgetreten war, habe ich mit Ralf Jechow telefoniert und erfahren, dass es ihm in seiner Linke-Fraktion ähnlich ging. Bei Eckhard Reinkensmeier war schon lange klar, dass er mit der SPD nicht mehr gut übereinstimmte. Und Achim Sattler war ebenfalls Außenseiter in seiner Fraktion FBL/UWG, die sonst nur aus Ortsbürgermeistern bestand. So lag es nahe, dass wir vier etwas Neues zusammen gründeten.

Das Gespräch führte Julia Frese

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ZUR PERSON: 

Claudia Günther (53) ist Vorsitzende der Fraktion Bündnis für Michendorf. Beruflich ist sie beim Nabu Brandenburg als Sprecherin des Landesfachausschusses Umweltbildung tätig.

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