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Indizien im Mordprozess: Mord an Glindower: Lebenslänglich für Geschäftspartner

Das Landgericht sah ausreichend Indizien dafür, dass der Potsdamer Joachim L. hinterrücks erschossen hat. Das Urteil: Lebenslänglich. Aber ob es dabei bleibt, ist offen.

Potsdam/Werder (Havel) - Keine DNA-Spuren, keine Tatwaffe, keine Zeugen – trotzdem verurteilte das Amtsgericht Potsdam den 60-jährigen Hans-Dieter V. am gestrigen Freitag zu lebenslanger Haft wegen Mordes aus Habgier an dem zum Tatzeitpunkt 55-jährigen Glindower Joachim L. „Wir haben so viele Indizien, dass aus unserer Sicht kein Zweifel besteht, dass Sie der Täter sind“, begründete Richter Theodor Horstkötter das Urteil. Das Mordmotiv des Potsdamers sollen finanzielle Engpässe infolge seiner Spielsucht gewesen sein.

Nach Überzeugung der 1. Strafkammer des Potsdamer Landgerichts habe der Angeklagte am 10. Juni 2009 seinen Geschäftspartner hinterrücks erschossen, sagte Horstkötter bei der Urteilsverkündung. Der Angeklagte soll das damals 55-jährige Opfer einen Tag vorher zu einer spontanen Reise nach Tschechien überredet haben, um einen Handel mit einem Geschäftspartner abzuschließen. Nach Aussage des Angeklagten lernte Joachim L. am ersten Abend der Geschäftsreise eine polnische Frau in einer Bar kennen. Da er sich am folgenden Tag mit ihr habe treffen wollen, soll Joachim L. seine Rückreise verschoben haben, so hatte die Darstellung des Angeklagten bei vorherigen Prozessterminen gelautet. Hans-Dieter V. habe den Heimweg darum allein angetreten. Dabei habe er zunächst noch einen Umweg über Breslau gemacht, um Bekannte zu besuchen, und sei anschließend zurück nach Potsdam gefahren.

Der Potsdamer hat die polnische Frau laut Gericht frei erfunden

Laut dem Gericht jedoch hat der Angeklagte die Frau, die Joachim L. habe treffen wollen, frei erfunden. Dafür spreche unter anderem, dass Joachim L. kaum Polnisch gesprochen habe. Auch sei das Opfer eine sehr zuverlässige Person gewesen. Dass er seine Rückkehr aufgrund einer neuen Bekanntschaft spontan verlege, befand das Gericht aufgrund der Einschätzung, die es nach zahlreichen Zeugenaussagen von der Persönlichkeit des Opfers gewonnen hatte, als unglaubwürdig. Dies gelte insbesondere, da Joachim L. wichtige Termine in der Woche nach seiner Rückkehr gehabt habe. Nach Auffassung des Gerichts hat Hans-Dieter V. den Geschäftspartner am Tag seiner Rückreise erschossen und die Leiche in einem Waldstück zwischen den tschechischen Orten Suchá Rudná und Ostrava mit Zweigen bedeckt. Die Auffindesituation der Leiche habe auf große Eile schließen lassen. Hans-Dieter V. habe schnell weiterfahren müssen, damit er anschließend behaupten konnte, er habe den Mord zeitlich gar nicht schaffen können, so Horstkötter.

Kennengelernt hatten Hans-Dieter V. und Joachim L. sich nach den Ermittlungen sowohl bei Geschäftskontakten als auch privat in einem Schützenverein. Der Angeklagte hatte Joachim L. zu angeblich lohnenden Geschäften in Osteuropa überredet und zu diesem Zweck mit ihm eine gemeinsame Firma gegründet. Auf das Geschäftskonto habe der Partner rund eine halbe Million Euro eingezahlt, die er zuvor geerbt hatte. An dem Geld habe sich der Angeklagte mehrfach bedient, sagte Horstkötter, um damit seine Automaten-Spielsucht zu finanzieren. Im Frühjahr 2009 seien dafür nahezu täglich 1000 bis 2000 Euro nötig gewesen.

Urteil wegen Betrugs, Untreue und Mordes aus Habgier

Um seine Spielsucht zu finanzieren, habe sich der 60-Jährige von seinem Geschäftpartner zudem 130 000 Euro geliehen, erklärte der Richter. Anfang 2009 habe auch die Ehefrau des Angeklagten von den Suchtproblemen ihres Mannes erfahren. Sie habe sich selbst wirtschaftlich bedroht gesehen und darum sogar eine zeitweilige Sperre für ihren Mann bei der Spielbank erwirkt. Joachim L. soll zu dieser Zeit Pläne gefasst haben, nach Südamerika zu ziehen. Hans-Dieter V. müsse einerseits den privaten Druck durch seine Ehefrau, andererseits die Sorge verspürt haben, die 130 000 Euro bald an Joachim L. zurückzahlen zu müssen. „Wir sind uns sicher, dass in dieser Situation der Gedanke in Ihnen heranreifte, Ihren Geschäftspartner zu ermorden und sich damit der Schulden zu entledigen“, so der Vorsitzende Richter. Wenige Tage nach seiner Rückkehr aus Tschechien hatte Hans-Dieter V. eine größere Summe vom gemeinsamen Firmenkonto abgehoben und dieses anschließend Schritt für Schritt aufgelöst.

Das Gericht verhängte das Urteil darum wegen Betrugs, Untreue und Mordes aus Habgier. Aufgrund einer gegebenen Fluchtgefahr wurde zudem sofortige Untersuchungshaft angeordnet. Hans-Dieter V. kündigte an, gegen das Urteil Revision einzulegen.

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