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In Schale geworfen. Die Sechstklässler Marlene und Phillip stellen das Ehepaar Meusebach dar. In der Hand hält Phillip alias Karl Hartwig Gregor von Meusebach die neue Schulchronik „Herr Meusebach war auch ein Scherzkeks“, die die Schüler selbst herausgegeben haben.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Herr von Meusebach und seine 30 000 Bücher

Die Meusebach-Grundschule in Geltow feierte am Freitag den zehnten Jahrestag ihrer Namensgebung. Auch Nachfahren des Adelsgeschlechts waren zu Gast

Schwielowsee - Die beiden Moderatoren, zwei Schüler der fünften Klassen der Meusebach-Grundschule in Geltow, stimmen ihr Publikum mit einem Dialog auf den Anlass ein. „Seit zehn Jahren heißt unsere Schule nun Meusebach-Grundschule!“ „Wie hieß sie denn vorher?“ Schulterzucken. „Schule.“ Das Publikum – bestehend aus Eltern, Schülern und Kooperationspartnern – belohnt die Vorstellung mit Gelächter. Tatsächlich erhielt die seit mehr als 25 Jahren bestehende Grundschule ihren Namen, der auf ein altritterliches meißnisch-thüringisches Adelsgeschlecht zurückgeht, erst 2007. Seitdem hat sie ihr Angebot deutlich erweitert und kam unter anderem beim Deutschen Schulpreis 2015 unter die besten 15 Schulen in Deutschland.

Dafür ist auch das umfangreiche Aktivitätenangebot verantwortlich, das die Ganztagsschule macht: Zu den Arbeitsgemeinschaften, an denen die Schüler teilnehmen können, gehören unter anderem Line Dance, Cheerleading und Zirkus. Zum Jubiläumsauftakt zeigen die Sechstklässler ihr schauspielerisches Talent. Karl Hartwig Gregor Freiherr von Meusebach und seine Frau flanieren standesgemäß in Frack, Zylinder und blauem Kostüm durch die Turnhalle. Dargestellt wird der Namensgeber der Meusebach-Grundschule von Sechstklässler Phillip, seine Gattin wird von Klassenkameradin Marlene verkörpert.

Der Namensgeber war zeitlebens vor allem als Leseratte bekannt, wie die Zuschauer erfahren. Rund 30 000 Bücher hatte er gesammelt, darunter wertvolle Drucke von Martin Luther. Im Alter ließ sich der gebürtige Thüringer samt seiner Bibliothek in Geltow nieder, um nach Jahrzehnten im preußischen Staatsdienst seinen Ruhestand zu genießen. „Leider starb er schon nach vier Jahren“, sagt Schulleiterin Monika Nebel. Für die Schüler reichen die vier Jahre, die Meusebach in Geltow lebte, um ihn als Namensgeber und Vorbild zu feiern. „Er schrieb für Bücher und Zeitungen“, erzählen sie auf der Bühne. Allerdings habe Meusebach sich dabei ungern zu erkennen gegeben und sich darum meist hinter Pseudonymen wie „Alban“ oder „Markus Hüpfinsholz“ verborgen. Nach jenen Decknamen sind deswegen einzelne Schulgebäudeteile benannt, wie die Schüler erklären.

Schulleiterin Nebel hört oft, dass andere bei dem Namen Meusebach nicht zuerst an den bibliophilen Karl Hartwig Gregor denken, sondern an seinen Sohn Otfried Hans von Meusebach. Der nämlich wurde noch weit berühmter als sein Vater. Er wanderte mit seiner Familie 1845 nach Texas aus und gründete die Stadt Fredericksburg. Mit dem im Umkreis der Stadt lebenden Stamm der Comanchen soll er den ersten Friedensvertrag zwischen Indianern und Weißen geschlossen haben, der niemals gebrochen wurde. „Aber unser Schulname schließt ja alle Meusebachs ein“, sagt Nebel.

So auch einen weiteren bekannten Nachfahren der Meusebachs, der beim Jubiläum zunächst im Publikum saß und später ein Geschenk von der Schulleiterin überreicht bekam: Christoph von Marschall, der zwischen 2005 und 2013 als US-Korrespondent des Tagesspiegels in Washington arbeitete. Schulleiterin Nebel überreichte von Marschall ein von den Schülern selbst gestaltetes Buch, in dem mit sich mit eigenen Fotos, Texten und Zeichnungen die Arbeits- und Projektgruppen der Schule vorstellen. Das selbst gestaltete Werk bekamen auch Vertreter der zahlreichen Kooperationspartner geschenkt.

Während seiner Zeit in Washington habe er viel Kontakt zu seinen dort lebenden Verwandten gehabt, erzählt von Marschall. „Vor allem zu Marie Marschall-Fuller, die sich sehr gut mit unserer Familiengeschichte auskennt.“ Marschall-Fuller, eine Urururenkelin von Otfried Hans von Meusebach, spende sogar jedes Jahr etwas Geld für das leibliche Wohl der Schüler auf der Jubiläumsfeier. „Normalerweise gab es immer Würstchen, dieses Jahr ist es ein großes Buffet“, so Schulleiterin Nebel.

Nachdem die Meusebachs Namensgeber wurden, krempelte die Schule ihr pädagogisches Konzept um. Durch die drei Eckpfeiler „Regeln – Rhythmus – Rituale“ sollen die Kinder Engagement, soziales Verhalten und eine optimistische Herangehensweise an das Leben lernen, heißt es im Schulprogramm: „Dabei bewirken eigenständiges Lernen und eigene Erfahrungen mehr als lange Belehrungen.“ Nachmittags finden in der Schule AGs statt, die zum Teil in Kooperation mit örtlichen Vereinen und Musikschulen angeboten werden. Außerdem gibt es eine Hortbetreuung.

Das Schulgebäude aus DDR-Zeiten wird ab dem kommenden Jahr komplett saniert und durch einen dreigeschossigen Neubau ergänzt werden. Um die Baukosten in Höhe von sechs Millionen Euro zu finanzieren, wird die Gemeinde Schwielowsee einen Kredit in Höhe von vier Millionen aufnehmen, der Rest soll aus Fördermitteln des Landes bestritten werden. Die Schule wird derzeit von etwa 170 Grundschülern besucht, 145 davon gehen auch in den Hort.Teilweise muss die Nachmittagsbetreuung derzeit in den Schulräumen stattfinden.

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