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Haveltherme: Verletzt Werder Kommunalrecht?

Geht die Stadt Werder (Havel) mit dem Bau der Haveltherme über ihre Zuständigkeiten hinaus? Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten des Werderaner Juristen Heinz Burghardt, das den PNN vorliegt.

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - „Das Projekt stellt eine eklatante Verletzung des Örtlichkeitsgrundsatzes dar“, bilanziert der Autor.

Wie berichtet will die Stadt Werder bis zu 28,275 Millionen Euro für die Fertigstellung der Therme in den Havelauen ausgeben. Gebaut und für 30 Jahre betrieben werden soll sie von Andreas Schauer. Die Stadtverordneten stimmen am Mittwoch über einen entsprechenden Vertragsentwurf ab.

Rechtliche Risiken einer Klage nicht zu unterschätzen

Burghardt, Jurist für Arbeits- und Sozialrecht im Ruhestand, glaubt, dass dieser Vertrag gegen Kommunalrecht verstoßen könnte. So dürfe sich eine Stadt laut Kommunalverfassung wirtschaftlich nur zur Erledigung von Aufgaben „der örtlichen Gemeinschaft“ betätigen. Da Werder 26.000 Einwohner hat, der Betreiber Andreas Schauer jedoch von einem Einzugsbereich der Therme von 3,5 Millionen Menschen ausgeht, würde der Radius der örtlichen Gemeinschaft jedoch „in außerordentlichem Maße überschritten“, heißt es im Gutachten. „Ich kann nicht beurteilen, ob für die Therme schon jemals jemand ins Kommunalverfassungsgesetz gesehen hat“, so Burghardt gegenüber den PNN. Rechtswissenschaftler Ulrich Battis, mit dem sich Burghardt abgestimmt hat, sieht in der möglichen Verletzung des Örtlichkeitsgrundsatzes immerhin einen Ansatzpunkt für Kritik am Bad in der geplanten Variante. „Die rechtlichen Risiken einer Klage gegen die Therme sind aber nicht zu unterschätzen“, so Battis gegenüber den PNN.

Eine Klage steht jedoch nicht an, wie Heinz Burghardt bekräftigt. Der Adressat seines Gutachtens seien die „rechtskundigen Leute der Verwaltung“, Mitarbeiter der Kommunalaufsicht des Kreises und des Landes. Die Kommunalaufsicht müsse den Vertrag zwischen Schauer und der Stadt auf jeden Fall prüfen.

Auf die Idee zum Gutachten sei Burghardt gekommen, da nach Bekanntwerden der knapp 30 Millionen Euro Investitionen der Stadt die Diskussion in Werder „hochgekocht“ sei und es eine Alternative mit dem Plan der Initiative Stadtmitgestalter gegeben habe, der wie berichtet statt der Therme ein kleines Bad vorsieht, zudem sollten auch Wohnungen entstehen.

Steuermittel sollen eher für Wohnungen ausgegeben werden

Auch Burghardt kommt im Gutachten zum Schluss, dass die Steuermittel eher für bezahlbaren Wohnraum ausgegeben werden sollten als für ein Prestigeprojekt mit „unüberschaubaren finanziellen Risiken“. Schließlich sei unklar, welche Nachforderungen an die Stadt etwa bei Baumängeln gestellt werden und ob künftig nicht doch ein Zuschuss zum Betrieb gezahlt werden müsse. Nach bisherigen Planungen soll das Bad zuschussfrei laufen, Schauer soll einen sechsstelligen Betrag pro Jahr an Pacht an die Stadt zahlen.

Dem Gutachten zufolge ist der Zweck der Therme hauptsächlich die Wirtschaftsförderung, da die Daseinsvorsorge in Form von Sport- und Familienbad nur einen kleinen Teil der städtischen Investition in die Therme ausmacht. Diese Wirtschaftsförderung sei überdimensioniert und im Berliner Speckgürtel nicht notwendig. Im Gegensatz etwa zur Stadt Bad Mergentheim, die eine ähnliche Thermenkooperation mit Andreas Schauer hat, habe Werder keine gesundheitsorientierte Wirtschaftsstruktur. Dass Werder allerdings staatlich anerkannter Erholungsort ist, hat Heinz Burghardt im Gutachten nicht berücksichtigt, wie er auf PNN-Nachfrage zugab.

Manuela Saß kritisiert das Gutachten

„Das angebliche Gutachten spricht unserer Stadt allen Ernstes das Recht ab, sich touristisch weiterzuentwickeln“, sagt Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) den PNN. „Das komplette Papier ignoriert die wichtigsten Ausgangsfakten und missachtet die kommunale Selbstverwaltung, die in Deutschland Verfassungsrang hat.“

Die Kommunalaufsicht hat den städtischen Haushalt, in dem die Thermenausgaben enthalten sind, inzwischen genehmigt. „Gemessen an der Laufzeit des Pachtvertrages von 30 Jahren spart die Stadt mit dem Erweiterungskonzept mehr als 10 Millionen Euro gegenüber der Variante einer reinen Fertigstellung des Bestandsbaus“, so Saß. Schließlich hätte der Betrieb des Bestandsbaus bezuschusst werden müssen. Gegenüber der Kommunalaufsicht habe sie darlegen können, dass das jetzige Konzept einen wirtschaftlichen Betrieb der Therme ermöglicht.

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