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Die Baustelle des Teltower Hafens sorgt für Diskussionsstoff.

© S. Gabsch

Hafen Teltow: Marina Teltow: Einsamer Wolf auf dem Floß

Das Teltower Hafenprojekt hat bundesweit traurige Berühmtheit erlangt. Beim Ortstermin mit den Bürgermeisterkandidaten will trotzdem kein richtiger Streit aufkommen

Teltow - Das grüne Ufer des Teltowkanals zieht vorbei. Schilf, Gebüsch, Bäume. Ein Sandhügel schiebt sich ins Blickfeld. Eine Baggerschaufel, mehr Sandhügel, dunkle Kieshaufen, vereinzeltes Baugerät, Kabel. Dahinter ein Bauzaun, Autos. Die Baustelle sieht nicht besonders spektakulär aus. Dennoch drängen sich die Menschen an die Reeling des Floßes, um einen Blick zu erhaschen, ein Foto zu schießen. 

Der Hafen von Teltow ist eben keine normale Baustelle. Nachdem die Baukosten sich in den vergangenen Jahren nahezu verdreifacht haben - derzeitiger Stand: etwa 15 Millionen Euro -, hat das Marina-Projekt deutschlandweit Berühmtheit erlangt. Sei es durch die Fernsehsendung “Mario Barth deckt auf” oder durch das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt), in dem der Verein öffentliche Projekte anprangert, deren Kosten aus dem Ruder gelaufen sind.  Empfehlung der Steuerzahlerorganisation im Fall Teltow: Baustopp.

Der BdSt ist es auch, der in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Naumann-Stiftung den "Schwarzboot-Törn" organisiert hat, um unter dem Motto "Zukunftsvisionen vs. Steuerverschwendung in Brangenburg" über Großprojekte in der Region zu diskutieren. Das überdachte Event-Floß ist voll. 50 Menschen sind der Einladung am Freitagabend gefolgt. Darunter BdSt-Mitglieder, Stiftungsfreunde und Teltower Bürger sowie die vier Kandidaten für die Bürgermeisterwahl der Stadt im September. Sie sollen Stellung beziehen zur Marina. Ein potenzielles Aufregerthema – das könnte doch den Wahlkampf entscheiden, sollte man meinen.

Zumal es für Bürgermeister Thomas Schmidt, eiserner Verteidiger des Hafenprojekts, kein Heimspiel ist. Schließlich steht die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP nah. Und dass der BdSt kein Freund der Marina ist, zeigt nicht nur der Schwarzbucheintrag, sondern auch das einführenden Referat von Ludwig Zimmermann, Vorstand des BdSt Brandenburg. “Finanzpolitischen Irsinn” nennt der das Projekt und warnt: “Die Marina bleibt bei uns auf dem Radarschirm.”

Als Schützenhilfe für den FDP-Kandidaten Hans-Peter Götz kann die Veranstaltung jedoch nicht gesehen werden. Dafür unterscheiden sich die Meinungen der Teltower Politiker zum Marinaprojekt zu wenig von einander. Sowohl Goetz als auch Schmidt sowie der CDU-Kandidat Eric Gallasch treten für die Fertigstellung des Hafens ein, der einmal 39 Anlegestellen für Freizeitboote sowie Gastronomie und öffentliche Sitzterassen bieten soll. Einzig Andreas Wolf, Bürgermeisterkandidat der Wählergruppierung Bürger für Bürger Teltow (BFB), hält den Bau und die damit zusammenhängenden finanzpolitischen Entscheidungen für intransparent und demokratiefeindlich. Wenn er Bürgermeister werde, so Wolf während der Floßdiskussion, werde er die Teltower darüber abstimmen lassen, ob die Marina weiter gebaut werden soll, oder ob das Projekt buchstäblich beerdigt wird.

Auf der Baustelle teilt ein schnurgerader, etwa ein Meter breiter Wassergraben die unscheinbare Landschaft aus Sand- und Kieshügeln. Kurz vor dem Ufer knickt er im rechten Winkel ab,verläuft parallel zum Teltow Kanal, um dann im rechten Winkel wieder in Richtung Wasser abzubiegen. Nur noch ein schmaler Uferstreifen trennt den Graben von der Wasserstraße. An seinen Seiten ragen rostige Metallpfosten aus dem Boden.

Der Durchstich zum Kanal steht kurz bevor. In zwei Wochen, so schätzt Bürgermeister Schmidt, soll die Verbindung hergestellt werden. Der Bau sei zu weit fortgeschritten, argumentieren die Befürworter der Fertigstellung, um jetzt noch gestoppt zu werden. Hans-Peter Goetz sagt zwar: “Wenn wir vorher gewusst hätten, wie teuer es wird, hätten wir nicht zugestimmt.” Doch jetzt abzubrechen hält er für falsch. “Das Geld wäre trotzdem weg, dafür hätten wir eine Bauruine.” Gallasch stimmt zu. Die Stadt hätte den Baugrund zwar besser prüfen müssen. Zumal bekannt war, dass das Grundstück, auf dem vorher ein Betonwerk stand, kontaminiert sein würde. Doch ein Baustopp würde zu viel kosten. “15 Millionen weg, für eine grüne Wiese”, sagt er.

Goetz und Gallasch sind sich außerdem mit Schmidt einig: Die grundsätzliche Idee, an dieser Stelle einen Hafen zu bauen, ist gut. Ein Mehrwert für die Stadt und ihre Bewohner. Ein Zugang zu dem Kanal, der für die Teltower während der deutschen Teilung “das Ende der Welt” bedeutete, wie es auf Goetz’ Wahlkampfzettel steht. Bürgermeister Schmidt, der nach der Kostenexplosion als Verwaltungschef besonders in der Kritik steht, glaubt, dass der Hafen eine Entwicklung sei, von der noch Generationen in der Zukunft profitieren werden. Es gebe einen langfristigen touristischen Effekt, der die Stadt, die Region voranbringen wird. “In zehn Jahren sehen wir uns wieder und reden nochmal über das gleiche Projekt”, wünscht er sich.

Abgerechnet wird zum Schluss, argumentiert die eine Seite. Die Kosten der Marina wirken sich schon jetzt negativ auf andere Aufgaben der Kommune aus, sagt Andreas Wolf. Die Aufarbeitung der Mehrkosten, warum die anfänglichen Berechnungen so falsch waren und wer eventuell Schuld daran trägt, läuft. Die Öffentlichkeit wird die Ergebnisse vor der Bürgermeisterwahl allerdings nicht zu Gesicht bekommen. Auch wird die Marina bis dahin nicht fertig sein. Derzeit ist Mitte 2018 als Termin genannt.

Es ist kein Abend für eine Aufarbeitung des Hafenprojekts. Eher ein Abend für ein bisschen Wahlkampf und ein bisschen Neugier, wie sie denn jetzt aussieht, diese berühmt-berüchtigte Marina. Die Positionen der Kandidaten zum Hafenbau sind klar: Dreimal “Ja”, einmal “Lasst uns die Leute nochmal fragen”. Zukunftsvision oder Steuerverschwendung? Auf der Rückfahrt unterbricht ein Gewitter mit Regensturz die Diskussion. Es kann ja auch beides sein. Oder weder noch.

Martin Anton

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