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Großprojekt in Beelitz: Neues Städtchen Heilstätten

Auf dem Gelände der einstigen Lungenheilanstalt soll mit Supermarkt, Schulen und womöglich einer Universität eine Stadt im Kleinformat entstehen. Die Einwohnerzahl könnte sich bis 2025 versiebenfachen. Die ersten neuen Wohnungen sind bezugsfertig

Von Enrico Bellin

Beelitz - Ein neuer Marktplatz mit Supermarkt, ein Ärztehaus, eine Grundschule und ein Kindergarten: Jan Kretzschmar will die Beelitzer Heilstätten zu einem neuen, vollwertigen Stadtquartier entwickeln. Kretzschmar ist Geschäftsführer der KW-Development GmbH, die derzeit in den Heilstätten südlich der Bahngleise 57 Wohnungen in denkmalgeschützten Häusern unter dem Namen „Refugium Beelitz“ herrichtet. Daneben baut die Firma neun Einfamilienhäuser. Zudem hat er den gesamten Quadranten C, ein Viertel der früheren Lungenheilanstalt, gekauft. Auf diesem Areal hat es bisher als einziges noch keine größeren Entwicklungen gegeben. Neben den Neubauten für Supermarkt und Co. sollen in den Ruinen der einstigen Männerklinik auch neue Arbeitsplätze entstehen.

„Wir planen in Beelitz-Heilstätten eine Quartiersentwicklung, die in enger Abstimmung mit der Kommune einen voll funktionsfähigen Ort zum Ziel hat“, sagt Kretzschmar in einer Pressemitteilung vom gestrigen Donnerstag. Der Investor ist in der Region gut bekannt: Die KW-Development baut Villen und Gewerbeflächen am Potsdamer Filmpark und auch im Brunnenviertel, wo allein knapp 370 Wohnungen entstehen.

Etwa 900 Arbeitsplätze könnten auf der Gewerbefläche in der früheren Männerklinik, einem Badehaus und einem Verwaltungsgebäude entstehen

Nun will Jan Kretzschmar in mehreren Bauabschnitten in Beelitz bis zu 17 600 Quadratmeter Gewerbefläche in der früheren Männerklinik, einem Badehaus und einem Verwaltungsgebäude schaffen. Etwa 900 Arbeitsplätze könnten dem Geschäftsführer zufolge dort entstehen. Genaue Pläne zur Entwicklung sollen im Frühjahr 2018 präsentiert werden. Kretzschmar wünscht sich aber die Nutzung durch einen einzelnen Mieter, etwa in dem ein Schulungszentrum oder eine Universität vor Ort entstünden.

Beelitz’ Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis) zeigte sich auf PNN-Nachfrage von der Pressemitteilung des Investors überrascht, bestätigte die Planungen aber. „Alle feststehenden Details sollen am 20. November in einer Sondersitzung des Hauptausschusses präsentiert werden“, so Knuth. Ein Großteil der Pläne sei schon mit den zuständigen Fachbehörden abgesprochen, die grünes Licht für die Entwicklung gegeben hätten – schließlich will die Landesregierung das Wachstum im Land wie berichtet entlang der bestehenden Verkehrskorridore zentralisieren.

Mit ihrer zentralen Lage an wichtigen Verkehrskorridoren sind die Heilstätten für großen Betrieb prädestiniert

Die Beelitzer Heilstätten sind dazu mit ihrer Lage an der Autobahn 9 und der Regionalexpresslinie 7 prädestiniert. Knuth zufolge gibt es schon Pläne, wie ein Schulcampus mit Sporthalle und die Kita gestaltet werden sollen, auch für den Supermarkt gebe es einen konkreten Standort. Zudem werde auch der Wohnungsbau in dem Stadtteil weiter vorangehen – wie genau, wolle er am 20. November vorstellen. „Das ist der Riesenwurf für die Heilstätten“, so der Bürgermeister. 

Knuth glaubt, dass bis zum Jahr 2025 die Einwohnerzahl in den Heilstätten auf 3000 bis 4000 ansteigen kann. Zum Vergleich: Mit Stand 30. September wohnten in dem Ortsteil 548 Menschen. Bildungseinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten oder niedergelassene Ärzte außerhalb der Recura-Kliniken gibt es im Ort noch nicht. Die Einwohner nutzen dafür bisher Einrichtungen in der Beelitzer Kernstadt oder im nahen Fichtenwalde. Doch da die Einwohnerzahl so deutlich steigen wird und neben den von Jan Kretzschmar genannten neuen Arbeitsplätzen auch die Kreisverwaltung einen Neubau in den Heilstätten plant und dort bis zu 500 Mitarbeiter einsetzen will, sehen sowohl Knuth als auch Kretzschmar die Entwicklung als zwingend notwendig an.

Heilstätten Beelitz: Von 14 Wohnungen sind nur noch zwei zu mieten

Während die Pläne für den Quadranten C erst in den kommenden Jahren realisiert werden können, haben gegenüber im „Refugium Beelitz“ schon die ersten Mieter ihre Wohnungen im um das Jahr 1900 errichteten früheren Küchenhaus der Lungenheilanstalt bezogen. Im Frühjahr 2016 haben die Arbeiten begonnen, inzwischen sind sie fast abgeschlossen.

„Von den 14 Wohnungen sind nur noch zwei zu mieten“, sagt Christian Neumann, Geschäftsführer der Marketinggesellschaft Verimag, die die Wohnungen im Auftrag der KW-Development verkauft und vermietet. Die Kaltmiete betrage etwa 8,50 Euro, die Wohnungen seien sowohl bei Beelitzern als auch bei Berlinern, die in der ruhigen Anlage direkt am Waldrand ihren Ruhestand genießen oder im kreativen Bereich arbeiten wollen, begehrt.

57 Wohnungen mit Flächen von bis zu 320 Quadratmetern sollen entstehen

Gegenüber, an der einstigen Frauenklinik, in der Eigentumswohnungen entstehen, haben die Arbeiten etwa die Halbzeit erreicht. Das Dach ist fast fertig gedeckt, Fassade und Fenster sind ebenfalls fast fertig. Im Juli kommenden Jahres soll das Haus bezugsfertig sein. Etwa drei Monate später soll zu guter Letzt auch die Wäscherei, das dritte denkmalgeschützte Gebäude auf dem Areal, bezogen werden können. 57 Wohnungen mit Größen zwischen 50 und 320 Quadratmetern entstehen insgesamt, 25 von ihnen werden Eigentumswohnungen.

Zwölf Millionen Euro investiert die KW-Development in das Projekt. Die Sanierung sei eng mit dem Denkmalschutzamt koordiniert worden, sagt David Eckel, der die Pressearbeit für den Bauherren macht. „Selbst für den Gartengeräteschuppen wird ein historischer Anbau an das Küchengebäude genutzt“, so Eckel. Dazu würden die Gebäude, die durch eine Gastherme mit Kraft-Wärme-Kopplung beheizt und mit Strom versorgt werden, nach der Sanierung auch noch den aktuellen 

Wohnungen mit "extrovertierten Grundrissen"

Einige der Wohnungen haben aber „extrovertierte Grundrisse“, wie der Pressesprecher zugibt. So etwa die 150 Quadratmeter große Atelier-Wohnung in der Küche direkt unter dem Turm: Die an jeder Wand in den Raum ragenden Stahlträger, die zudem in einem Rondell auch das Türmchen des Hauses tragen, sind Zeugen davon, dass die Heilstätten als eines der ersten Großprojekte Deutschlands mit Stahl gebaut wurden und die Räume so Deckenhöhen von bis zu acht Metern erhielten. „Im Wohnzimmer könnte man etwa eine Schaukel an die Träger hängen“, so Eckel. Die Wohnung ist eine der beiden noch freien.

Direkt unter ihr befindet sich die frühere Hauptküche, die derzeit als Materiallager und Büro genutzt wird. Gemeinsam mit Nebenräumen soll sie als 320 Quadratmeter großes Atelier mit Wohnraum vermietet werden. Im Hauptraum befindet sich auf halber Höhe eine Empore an der Rückwand, die Front besteht aus einem Erker mit mehreren Metern Durchmesser. Hier kann man die neuen Details sehen, mit denen das Gebäude energiesparend und trotzdem denkmalschutzgerecht saniert wurde.

Originale Bauteile aus Holz - mehr als 100 Jahre alt

Sebastian Gleue, Vertriebsleiter der KW-Development, öffnet ein Fenster am Erker: Hinter die äußeren, originalen Fensterscheiben wurden neue gesetzt, sodass der Anblick von einst gewahrt wurde, die Wärme aber im Haus bleibt. Ähnliche Kniffe gibt es auch in den kleineren Wohnungen: Damit die Feuerwehr im Notfall die Bewohner durch das Fenster retten kann, wurden aus zwei kleinen Fenstern ein großes – was man aber erst erkennt, wenn man es öffnet, da in der Mitte des neuen großen Fensters noch der originale Holztrennbalken von vor mehr als 100 Jahren verbaut worden ist.

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