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Geplantes Heinrich-Zille-Museum: Wie Stahnsdorf eine Attraktion entging

Die Tochter von Heinrich Zille plante einst ein Museum in Stahnsdorf. Zum Todesstag des Malers wird es eine Ausstellung im Rathaus geben.

Stahnsdorf – Für einen Moment zögert Olaf Ihlefeldt: Eine Zille-Gedenkstätte in Stahnsdorf? „Nein“, sagt er dann. „Das hätte nicht gepasst. Zille gehört doch nach Berlin, in sein 'Milljöh'.“

Seit 87 Jahren liegt der Berliner Maler Heinrich Zille (1858-1929) nun schon auf dem Südwestkirchhof begraben, doch von den Plänen seiner Tochter Margarete, die seit 1977 ebenfalls neben ihrem Vater auf dem Kirchhof ruht, habe der Friedhofsverwalter nichts gewusst. Ihlefeldt befindet sich in guter Gesellschaft. Dass Margarete Köhler-Zille nicht nur eine Gedenkstätte für ihren berühmten, aber relativ mittellos gebliebenen Vater, sondern auch einen Umzug in die Berliner Umlandgemeinde erwog, blieb vielen Zille-Experten bisher verborgen.

Dabei hatte der einstige Stahnsdorfer Hauptamtsleiter Dietmar Heyne sich schon vor acht Jahren mit dem Anliegen der Zille-Tochter befasst und ihr Bemühen um Wohnhaus und Gedenkstätte in Stahnsdorf in einem Artikel für ein im Zenkert-Verlag erschienenes Heimat-Magazin niedergeschrieben. Doch erst anlässlich einer Ausstellung zu seinem 87. Todestag rückt der für Stahnsdorf nicht unwesentliche Aspekt in den Fokus. Zu verdanken ist dies dem Teltower Cartoonisten Bernd Zienicke und seiner Frau, die bei Recherchen zur gestern im Rathaus eröffneten Ausstellung „Heinrich Zille – Kinder der Straße“ auf den Artikel Heynes gestoßen waren. Seit gestern ist er neben zahlreichen anderen Fundstücken und bisher unveröffentlichter Werke Zienickes in der Gemeindeverwaltung zu sehen.

Bis Ende 1960 wurde darüner nachgedacht

Im  Spätsommer 1958 soll sich Heynes Recherchen zufolge die damals 75-jährige Margarete Köhler-Zille in einem Schreiben an den damaligen Stahnsdorfer Bürgermeister Naujoks gewandt und ihm den Vorschlag einer „Heinrich-Zille-Gedenkstätte“ in Stahnsdorf unterbreitet haben. Margarete Köhler-Zille lebte zu dieser Zeit im mecklenburgischen Demmin. Gemeinsam mit dem engen Freund und Zille-Biografen Gerhard Flügge führte sie im Erdgeschoss ihres Wohnhauses, das sie vom Erbe ihres Vaters gekauft hatte, bereits eine kleine Ausstellung, welche sie nun beabsichtigte, nach Stahnsdorf zu verlegen.

Heyne recherchierte in Briefen und Ratsprotokollen und fand heraus, dass ihr die Gemeinde Stahnsdorf ziemlich schnell ein leer stehendes Haus im Eichenweg 25 als mögliches Objekt offerierte. Der Sohn des Zille-Biografen, Matthias Flügge, erinnert sich noch an das Haus. „Ich weiß noch, dass wir mehrfach hingefahren sind und es uns angesehen haben“, sagte er den PNN. Doch seinen Vater habe das Haus nicht überzeugt. Er habe gesagt: „Was passiert, wenn sie hier eine Mauer bauen. Ich fand das absurd“, erzählt Flügge.

Wie Heyne schreibt, sollen aber auch finanzielle Aspekte eine Rolle dabei gespielt haben, dass das Projekt letztlich gescheitert ist. Flügge hatte jährliche Kosten für das Museum von etwa 5000 DM errechnet. Zudem habe das Kulturministerium der DDR dem Ansinnen zurückhaltend gegenüber gestanden haben, so Heyne. „Gedenkstätten und Museen hatten staatlich zu sein, private Initiativen waren nicht gefragt“, schrieb er. Bis Ende 1960 hätten die Beteiligten noch in der Angelegenheit korrespondiert, dann wurde die Idee endgültig begraben.

Familie ist dort begraben

Schon zuvor hatten sich die Zille-Tochter und ihr Biograf in Berlin nach einer Adresse für ein mögliches Zille-Museum umgesehen. In Rede stand Zeitungsberichten zufolge der Fischerkiez, der jedoch in den 1960er-Jahren abgerissen worden war und auch diese Pläne unter sich begrub. Noch bis 1964 lebte Margarete Köhler-Zille, die nach dem relativ frühen Tod ihrer beiden Brüder Hans und Walter als einziges Kind Zilles verblieben war, in Demmin, dann zog sie nach Berlin. „Damit endete ein jahrelanger Prozess“, weiß ihr Patensohn Matthias Flügge. „Sie wollte schon immer in die Nähe von Berlin.“ Unter anderem hatte sie daher auch den Kontakt zu ihrer Nichte, Anneliese Zille, gesucht, die ein Grundstück in Berlin-Rummelsburg besaß, erinnert sich deren Sohn, Heinjörg Preetz-Zille. Dass sie sich auch in Stahnsdorf nach einem Haus umsah, war ihm indes nicht bekannt.

In Berlin-Biesdorf fand Margarete Köhler-Zille gemeinsam mit Familie Flügge schließlich eine neue Heimat. Ihr früheres Wohnhaus an der Ecke Treptower-/Schillerstraße in Demmin wurde im letzten Jahr abgerissen, nachdem es nach der Wende immer mehr verfallen und schließlich nicht mehr zu sanieren war, weiß Matthias Flügge. Die zusammengetragene Ausstellung, die Köhler-Zille und sein Vater dort geführt hatten, habe er später in seine Obhut genommen. Es dauerte aber noch bis zum Jahr 2002, bis sich die Idee von einem Zille-Museum verwirklichte. Mit Unterstützung der Berliner Prominenz eröffnete es Zille-Urenkel Heinjörg Preetz-Zille schließlich im Nikolaiviertel in Berlin, wo es auch heute noch zu finden ist.

Lange galt die Begräbnisstätte als das Einzige, was Stahnsdorf mit dem Berliner Künstler verband. Dass Familie Zille dort begraben liegt, sei Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt zufolge aber nicht frei gewählt oder auf die „gute Adresse des Kirchhofs“ zurückzuführen. Vielmehr sei die Begräbnisstätte aufgrund des Wohnsitzes Zilles, der die letzten 40 Jahre in der Sophie-Charlotten-Straße in Berlin und damit im Bereich der Epiphaniengemeinde verbracht hatte, zugeordnet worden.

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