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Ausgang erlaubt. Im Nordteil der Berliner BND-Zentrale arbeiten 170 Mitarbeiter. Sie dürfen sich auch in der Lokalpolitik betätigen, ob sie dort ihren Arbeitgeber nennen dürfen, ist jedoch nicht klar.

© dpa

Gemeindevertretung Seddiner See: Dürfen BND-Mitarbeiter in der Kommunalpolitik aktiv sein?

Der Bürgermeister von Seddiner See, Axel Zinke, will eine Grundsatzdebatte zum BND. Er kritisiert eine Mitarbeiterin des Geheimdienstes, die in die Gemeindevertretung gewählt wurde.

Von Enrico Bellin

Seddiner See - Der Bürgermeister von Seddiner See, Axel Zinke (parteilos), geht im Streit um Geheimdienstleute in der Kommunalpolitik in die Offensive: Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes sollten sich grundsätzlich nicht in Volksvertretungen wählen lassen, auch wenn dies rechtlich möglich ist, sagte Zinke am gestrigen Montag den PNN. Er bekräftigte damit seine Kritik an der Gemeindevertreterin Carina Simmes (BVB/Freie Wähler). Unterstützung für diese Position bekommt er nun auch aus der Gemeindevertretung.

Wie berichtet hat Zinke einen Teil seiner Verwaltung und den Landrat darüber informiert, dass Simmes beim BND arbeitet, mit der jüngsten Gemeindevertretersitzung wurde die Information über Simmes Arbeitgeber öffentlich. Den Arbeitgeber kennt Zinke aus einem Antrag von Simmes auf einen Kita-Platz, der lange vor der Kommunalwahl im Mai gestellt wurde. Fraglich ist, inwieweit der Bürgermeister diese Information weitergeben durfte. Das Büro der Landesdatenschutzbeauftragten hatte sich skeptisch zu dem Vorgehen geäußert. Zinke sagte zu der Kritik: „Mit der Benachrichtigung meiner Mitarbeiter habe ich nicht gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen, da ich nur die direkt Beteiligten informierte.“

Kein persönlicher Angriff, eher allgemeine Debatte über BND-Mitarbeiter

Er habe den Kreis der Informierten kleingehalten. Natürlich spreche aus juristischer Sicht nichts dagegen, sich als BND-Mitarbeiter in die Gemeindevertretung wählen zu lassen. Die Arbeitsstelle sei aber mit geheimen Dingen verbunden und für Volksvertreter daher ungeeignet. „Es bringt die Gemeindevertreter in Zwänge und Schwierigkeiten, da sie stets dem Druck ausgesetzt sind, dass niemand ihren Arbeitgeber erfahren darf.“ Zinke wolle Carina Simmes nicht persönlich angreifen, sondern eine generelle Debatte über BND-Mitarbeiter in öffentliche Ämtern starten.

Der Bürgermeister hatte auch Landrat Wolfgang Blasig (SPD) über Simmes Arbeitgeber informiert. „Ich habe da nur mit den Schultern gezuckt, schließlich dürfen auch Mitarbeiter des BND am öffentlichen Leben teilhaben“, sagte Blasig gegenüber den PNN auf Anfrage. Er halte es zwar für äußerst ungeschickt, eine solche Debatte in die Öffentlichkeit zu tragen. Zinke habe seine Befugnisse aber nicht überschritten, als er Blasig in Kenntnis setzte, schließlich sei das Landratsamt die übergeordnete Behörde.

Warum wurde der Arbeitgeber nicht gleich genannt?

Ob der Bürgermeister damit den Versuch gemacht hat, eine unbequeme Gemeindevertreterin loszuwerden – Simmes und ihre Fraktion kritisierten die Verwaltung mehrfach heftig – wollte Blasig nicht einschätzen. „Als ehemaliger Bürgermeister habe ich aber die Erfahrung gemacht, dass unbequeme Gemeindevertreter eher eines besonderen Schutzes bedürfen“, so Blasig.

Unterstützung bekam Axel Zinke von der Vorsitzenden der Gemeindevertretung, Kathrin Menz (Linke). Zinke habe auch sie vor wenigen Tagen über Simmes Arbeitgeber in Kenntnis gesetzt. „Wenn die Arbeit beim BND mit der Arbeit als Gemeindevertreterin wirklich vereinbar ist, ist es fraglich, warum Frau Simmes ihren Arbeitgeber nicht von Anfang an öffentlich nannte“, so Menz. Schließlich habe sie selbst auch öffentlich gemacht, dass sie Lehrerin an einer Oberschule ist, so Menz. In einer so kleinen Gemeinde wie Seddiner See wisse schließlich jeder von jedem.

Es gebe dringendere Probleme in Seddiner See

Kurios sei zudem, das ausgerechnet die Freien Wähler noch im Februar den Antrag gestellt hatten, alle Gemeindevertreter auf eine frühere Stasi-Tätigkeit überprüfen zu lassen. „Ich habe damals noch gesagt, dass man – wenn überhaupt – gleich eine Mitgliedschaft bei allen Geheimdiensten überprüfen lassen sollte“, so Menz, die zu dem Zeitpunkt noch keine Informationen zu Simmes Arbeitgeber gehabt habe. Der Antrag zur Überprüfung wurde mehrheitlich abgelehnt.

Grundsätzlich sollte man Menz zufolge die Diskussion über Simmes in der Gemeinde schnell beenden, da es dringendere Probleme, wie die Schaffung von neuen Kita-Plätzen oder altersgerechtem Wohnen, gebe. Noch habe auch keine Fraktion Anträge eingereicht, die eine Weiterführung der Diskussion in der kommenden Gemeindevertretersitzung nötig machen würden, sagte Menz.

Carina Simmes ist seit Sonntag für die PNN nicht zu erreichen.

Update Reaktion des BND (15 Uhr): Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat sich hinter eine Mitarbeiterin gestellt, die in der Gemeindevertretung von Seddiner See (Potsdam-Mittelmark) sitzt. "BND-Mitarbeiter sind keine Staatsbürger zweiter Klasse", erklärte der Geheimdienst am Dienstag auf Anfrage. Der BND begrüße vielmehr das staatsbürgerliche Engament seiner Mitarbeiter. Die Gemeindevertreterin habe Strafanzeige wegen Verletzung von Privatgeheimnissen gegen den Bürgermeister gestellt, bestätigte die Staatsanwaltschaft am Dienstag einen Bericht der "Bild"-Zeitung. (dpa)

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