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Ortschronist. G. Käbelmann.

© S. Schuster

Gedenken in Kleinmachnow: Zum Gedenken in Stein gemeißelt

Kleinmachnows Heimatverein will Kriegsopfer auf Tafeln verewigen. Sie könnten zum Jahresende stehen

Kleinmachnow - Knapp 650 Namen in Stein gemeißelt – der Kleinmachnower Heimatverein will den durch den Zweiten Weltkrieg gestorbenen Kleinmachnowern in besonderer Weise gedenken. In unmittelbarer Nähe zu Kriegsgräbern und dem bestehenden Denkmal – einem Betonsockel mit einem sechs Meter hohen Holzkreuz – sollen auf dem Evangelischen Waldfriedhof im Steinweg sechs Tafeln mit den Namen der Kriegsopfer, ihren Geburts- und Sterbedaten einen würdigen Platz finden.

Eigentlich sollten die Platten bereits zum 8. Mai, dem 70. Jahrestag der Befreiung, feierlich enthüllt werden. Doch die Gemeinde, die die Finanzierung der Platten übernehmen soll, braucht noch Zeit. Nachdem der Heimatverein seine Idee im Februar vorgestellt habe, bereite die Verwaltung derzeit eine Beschlussvorlage vor, sagt Pressesprecherin Martina Bellack. Eine Entscheidung bis zum Mai sei nicht mehr möglich. Zwischen 17 000 und 20 000 Euro muss die Gemeinde für die Platten aufbringen. Stimmen die Gemeindevertreter der Ausgabe zu, sei eine Umsetzung der Idee Bellack zufolge zum Ende des Jahres möglich.

In mühevoller Kleinarbeit hat der Kleinmachnower Ortschronist, Günter Käbelmann, die Namen recherchiert. Er durchforstete alle zugänglichen Materialien, wälzte Akten in Archiven und Sterberegister. Fast 1000 Kleinmachnower Kriegsopfer hat der Archivar des Heimatvereins recherchiert. Darunter rund 650 Menschen, die während des Krieges oder in dessen Folge bis 1956 direkt im Ort zu Tode kamen, 195 deutsche Soldaten, die nicht in Kleinmachnow lebten, aber hier starben und 109 zumeist unbekannte Soldaten der Roten Armee. Während kleinere Dörfer ihre Kriegsopfer mit Denkmälern ehrten, fehle in größeren Ortschaften oder Städten oftmals eine Übersicht, beklagt Käbelmann. 2009 schrieb er seine bis dahin erstellten Listen in einem Gedenkbuch nieder, das er seitdem regelmäßig aktualisiert.

Schon als Kind, erzählt er, hatte er den Drang, besondere Ereignisse schriftlich zu notieren. Vorausgegangen war ein ganz persönliches Erlebnis: Eine Nachbarin hatte der Großmutter vom Tode ihres Sohnes erzählt, der im Krieg gefallen war. Käbelmann, selbst noch zu jung, die volle Bedeutung der Worte zu verstehen, war dennoch so beeindruckt, dass er von jenem Tage an sämtliche Todesmeldungen von Kleinmachnowern zu sammeln begann.

Im Grunde tat er dies sein Leben lang. „Auch heute werden noch Tote gefunden“, sagt er. Noch immer sind 20 bis 30 Kleinmachnower Todesfälle nicht geklärt. Helfen kann Käbelmann nur noch bedingt. Denn inzwischen leben auch die Angehörigen vieler Kriegsopfer nicht mehr. Hin und wieder gibt es aber doch noch interessante Begegnungen. Zuletzt mit der Tochter des zu Kriegsende in Kleinmachnow zu Tode gekommenen Völkerrechtlers Joachim-Dieter Bloch. Bloch, der mit seiner Familie von Kleinmachnow nach Lübeck geflohen war, kam in englische Gefangenschaft, nach Kriegsende kehrte er nach Kleinmachnow zurück, um seine  Mutter zu besuchen. Auf einem Spaziergang mit der Mutter wurde er von einem russischen Soldaten erschossen. Zu  Hause wartete die Tochter vergebens auf seine Rückkehr. „Die haben alles abgeknallt, was einen Ledermantel anhatte“, sagt Käbelmann.

Viele der Opfer seien so wie Bloch nicht direkt im Krieg gefallen, weiß er. Auch hätte Kleinmachnow keine direkten Bombenangriffe erlebt. Ziele waren zumeist nicht Zivilisten, sondern Industrieanlagen und Verkehrswege. Wenn Bomben in Kleinmachnow fielen, dann wenn Flugzeuge bei einem Angriff auf Berlin bedrängt, beschossen oder beschädigt wurden, daraufhin abdrehten und sich ihrer Bomben entledigten. Beim schlimmsten dieser Fälle seien mehr als 30 Menschen ums Leben gekommen, weiß Käbelmann. Auch solche Schlüsse ließen die von ihm zusammengetragenen Daten zu. Nur einmal sei gezielt ein Angriff auf das Bosch-Rüstungswerk der Dreilinden Maschinenbau GmbH, dem heutigen Sitz des Bundesforschungsinstituts Julius Kühn, erfolgt. Doch auch der sei daneben gegangen und traf einen Hundefriedhof in Stahnsdorf, den die Bomben total zerstörten. Solveig Schuster

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