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Gärten in Teltow: „Wir haben Wartezeiten von zwei bis drei Jahren“

Kleingartenverbandschef Friedrich Niehaus über die Rettung der Scholle und den Trend zum Gärtnern

Herr Niehaus, in Teltow fürchten Hobbygärtner seit Jahren um ihr Kleinod, weil eine Erbengemeinschaft es bebauen will. Glauben Sie, dass das Land noch zu retten ist?

Die Gartenkolonie „Carl von Ossietzky“ ist eine, die uns derzeit sehr beschäftigt, das stimmt. Wir als Verband wurden wegen mangelnder Rechtsnachfolge aus den Verträgen geklagt, aber planungsrechtlich lässt sich das Land für die Kleingärtner retten. Die Stadtverordneten haben beschlossen, Maßnahmen einzuleiten, um die Kolonie zu schützen. Möglich wäre, ein Bebauungsplan aufzulegen oder das Gebiet im Flächennutzungsplan als Dauerkleingartensiedlung festzuschreiben.

Der Bauboom in der Region ist ungebrochen, drohen solche Szenarien auch an anderer Stelle?

In der Berliner Vorstadt in Potsdam sind eigentlich alle Kleingartenanlagen baurechtlich geschützt und auch die Potsdamer Fraktionen haben beschlossen, keine stadteigenen Flächen zu überplanen. Sorgen macht uns der Bund, der versucht, Gartenland meistbietend zu verhökern. Viele Kleingärtner, die Flächen auf bundeseigenem Gelände gepachtet haben, sind veranlasst worden, ihre Grundstücke zu kaufen, zu Preisen von 8 bis 10 Euro pro Quadratmeter. Normal liegt der Pachtzins um die 2,50 Euro, mit den horrenden Preisen können viele Kleingärtner nicht mehr mithalten. Auch hier sind die Gemeinden dabei, dem entgegenzuwirken, indem sie nicht zulassen, dass das Bauland wird.

Schrebergärten haben eine lange Tradition, die ersten sollen bereits vor mehr als 150 Jahren entstanden sein?

Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808–1861) schuf zunächst Spielplätze mit Beeten für die Kinder, aus denen sich später die ersten Schrebergärten entwickelten. Hier ging es vor allem auch um die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Rekruten. Während die Väter angehalten wurden, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, hielt man sie von der Kneipe ab. Die Gärten, wie wir sie heute aus Potsdam und Umgebung kennen, sind in den 30er-Jahren nach Plänen von Adolf Damaschke (1865–1935) entstanden. Damaschke erreichte, dass die Leute Keller bauen konnten, in denen sie Obst und winterharte Stauden und Knollen lagerten, zudem wurden viele Zäune durch Hecken ersetzt. Für ihn stand der Erholungseffekt im Vordergrund, er regte an, dass Kinder aus den Hinterhöfen am Wochenende in den Garten geholt wurden.

Bis zur Jahrhundertwende sollen sich über 40 000 Laubenkolonisten in Berlin und näherer Umgebung angesiedelt haben, wie viele sind es heute?

Aktuell haben wir in Berlin rund 75 000 Gärten, im Land Brandenburg 65 000, wobei der ländliche Raum, etwa in der Prignitz, im Norden, deutlich weniger mit Kleingärten besiedelt ist. Diese sind vor allem um Ballungsgebiete herum entstanden. Kleingärtner rekrutieren sich aus mehrgeschossigem Wohnungsbau auf engem Raum.

Der zunehmende Wunsch nach einem eigenen Eigenheim ist keine Konkurrenz?

Nein. Die Städte Berlin und Potsdam wachsen gewaltig, auch der mehrgeschossige Wohnungsbau wächst und damit bildet sich neuer Bedarf an Kleingärten. In Gebieten mit hoher Planungssicherheit haben wir Wartezeiten von zwei bis drei Jahren. Wir haben viele Gärten im Umland, etwa in Beelitz oder auch Stahnsdorf, die sind auch aus der Stadt schnell und manchmal schneller als Gärten innerhalb von Potsdam zu erreichen. Große Probleme hatten wir zunächst nach der Wende. Die jungen Leute blieben weg, zogen der Arbeit hinterher. Auf einen Schlag war der gesamte Verband um 10 bis 12 Jahre älter. Heute liegt der Schnitt bei 60 Jahren.

Doch der Beginn vom Ende der Kleingartenkolonie?

Uns wird es nicht so hart treffen wie die Rentenkasse. Zunehmend bekommen wir wieder jüngere Bewerber. Oftmals sind es junge Eltern, die das Gartenleben aus ihrer Kindheit kennen. Sie sehen, dass es in einem Garten gerade für kleine Kinder andere Spielideen gibt. Hier kann ich eine Bude bauen, selbst Gemüse produzieren. Das macht Spaß, auch ohne große Ansprüche an die Qualität. Und das Wertvollste: Sie führen Kinder an die Natur heran, die lernen, ganz anders mit ihr umzugehen.

Das Gespräch führte Solveig Schuster

ZUR PERSON: Friedrich Niehaus leitet die Geschäftsstelle des Kreisverbandes Potsdam der Garten- und Siedlerfreunde. Der Verband setzt sich für die Interessen von 40 000 Laubenpiepern ein.

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