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Potsdam-Mittelmark: Freund preußischer Tugenden

Am 14. September wählt Werder einen neuen Bürgermeister: Steffen Königer ist Kandidat der AfD. Er war Redakteur der Jungen Freiheit, Landtagskandidat des BfB und nennt sich „nationalkonservativ“

Werder (Havel) - Er habe seinen blauen Stuhl auf die schwarze Insel gestellt, sagt Steffen Königer. Der 41-Jährige gilt als der neue Mann der Alternative für Deutschland in der Region, er kandidiert für den Landtag und den Bürgermeisterposten in Werder. In die Stadtverordnetenversammlung hat er es schon geschafft. Königers Name wird auf linken Internetplattformen genannt, wenn es um die „rechte Seite“ der AfD geht. Vielleicht nicht ganz zu Unrecht.

Dass Werder für die Euroskeptiker ein interessantes Pflaster ist, zeigt ein Wahlkampfaufritt des Parteichefs Bernd Lucke am 29. August auf dem Plantagenplatz. Davon darf sich auch Königer Rückenwind erhoffen. Der Werderaner genießt das Vertrauen der Parteispitzen: Er sitzt im Landesvorstand, leitet den Kreisverband Potsdam-Mittelmark. Ohne kommunale Verankerung, so fürchtet er, wird es nichts mit der neuen Partei.

Königer nennt sich selbst „nationalkonservativ“, war 1999 Landtags-Direktkandidat für den Bund freier Bürger – in einer Zeit, zu der Gründungsmitglieder gingen, weil ihnen die Partei zu rechtslastig wurde. Kategorien wie rechts und links würden ihn nicht interessieren, erklärt er, „hintergründige Gedanken“ schon. Bücher „aus dem Giftschrank“ hätten ihn schon als Jugendlicher magisch angezogen, Königer nennt „Glaube an Deutschland“ von Hans Zöberlein über das Soldatenleben im 1. Weltkrieg. Das Buch gilt als Antwort der NSDAP auf den Antikriegsroman „Im Westen nichts neues“ von Erich Maria Remarque und leistete der Dolchstoßlegende Vorschub, mit der die Schuld an der Kriegsniederlage auf Sozialdemokraten und Juden abgewälzt wurde. Hitler nannte den Nazi-Bestseller in einem Geleitwort „das Erbe der Front“.

Er habe sich immer für andere Lesarten interessiert, sagt Steffen Königer. Vier Jahre lang war er Redakteur der „Jungen Freiheit“, einer Wochenzeitung, der eine Scharnierfunktion zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus zugeschrieben wird und die die Schuld der Deutschen am Zweiten Weltkrieg immer wieder relativierte. Königer selbst hält es mit Historikern wie Ernst Nolte, der den Holocaust als Reaktion der Nationalsozialisten auf die Massenverbrechen Stalins hinterfragte und damit 1980 den Historikerstreit auslöste. Die Argumente zu einer kollektiven Kriegsschuld der Deutschen hält Königer jedenfalls für verfehlt.

Im März 2013 habe er Bernd Lucke in einer TV-Talkshow gesehen: „Ich dachte, wenn der eine Partei gründet, bist du dabei.“ Einen Monat später wurde er Mitglied. Bei etablierten Parteien würden traditionelle Werte und preußische Tugenden mit Füßen getreten, bei „den Blauen“ hatte er ein anderes Gefühl. Von Anfang an sei ihm klar gewesen, dass es mit dem Euro schiefgehen muss, eine Währungsunion mit Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland nicht funktioniere. Dann lieber eine starke D-Mark.

Er habe nie einen negativen Bezug zum Begriff „Nation“ gehabt, der aus seiner Sicht in der DDR besser gepflegt wurde als in den alten Ländern. Als Altkanzler Kohl im November ’89 in Berlin beim Singen der Nationalhymne ausgepfiffen wurde, sei er am Boden zerstört gewesen. Dennoch sei er nach der Wende froh über die Entwicklungen gewesen, so Königer. „Ende der 90er schwante mir dann, dass es so auch nicht geht.“

Königer studierte einige Jahre Politik, Psychologie und Neue Geschichte, ist seit 14 Jahren Vorsitzender des Windsurfvereins Werder. Er favorisiere ein konservatives Familienbild, ist bekennender Abtreibungsgegner und trat wegen ihrer liberalen Haltung zur Homosexualität aus der evangelischen Kirche aus, in der er zur Wendezeit noch die Neues-Forum-Gruppe in Werder mitbegründet hatte. Jetzt ist er Katholik.

Mit einem Internetvetrieb für Tierfutter hatte er nach seiner Zeit bei der „Jungen Freiheit“ keinen Erfolg, jetzt ist er selbstständiger Fliesenleger. Auch wenn er seine Familie mit zwei Kindern damit nicht allein ernähren könne, würde er sich doch wünschen, dass seine Frau nicht arbeiten muss. Die Familien- und Bildungspolitik in Brandenburg hält er für verfehlt, dass im AfD-Wahlprogramm etwas von kostenlosen Kitaplätzen steht, gefällt ihm auch nicht. Dafür könne er die anderen Positionen mittragen, wie die Planung von Alternativstandorten für den BER oder die stärkere Polizeipräsenz vor Ort.

Dass es ein breites Spektrum in der AfD gebe und selbst linke Positionen hier zu Hause seien, findet er spannend. Man glaubt ihm auch, dass er sich auf Kontroversen im Wahlkampf freut. Für Werder wünscht sich Königer mehr Transparenz, eine aktivere Jugendpolitik, sozialen Wohnungsbau und mehr Kultur. Eine großzügigere Auslegung der Lärmschutzverordnung würde ihm auch gefallen, auf dem Gelände des Windsurfvereins werde gern mal gefeiert.

In der nächsten Folge am kommenden Donnerstag stellen die PNN den Kandidaten der Grünen, Joachim Hilburg, vor.

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