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Werder: Neues Restaurant in der alten Vulkanfiber-Fabrik

Auf dem ehemaligen Gelände der Vulkanfiber-Fabrik in Werder hat ein neues Restaurant eröffnet - mit direktem Blick auf die Havel.

Von Sarah Stoffers

Werder (Havel) - Als Jörg Maywald mit seiner Frau in den 1990er Jahren das erste Mal die ehemalige Vulkanfiber-Fabrik in Werder (Havel) besuchte, verliebten sie sich sofort in das Areal. Viele Gebäude waren damals kaputt. So auch das Filterhaus direkt an der Havel. „Der mittlere Dachbinder hing 80 Zentimeter weit nach unten“, erzählt Maywald. „Wir sahen den Himmel durch das Dach.“ Doch durch eine Glasbausteinwand, mit einem Loch mittendurch, hatten sie auch einen direkten Blick auf die Havel. Da wussten sie, dass sie eine Gastronomie in dem Haus aufmachen wollten.
Am Donnerstag ist das Restaurant Filterhaus auf dem Areal feierlich eröffnet worden. Das ist der Abschluss einer 20 Jahre dauernden Entwicklung des gesamten historischen Fabrik-Ensembles. Die einstige Vulkanfiber-Fabrik, die seit 1916 in Betrieb war, wurde nach der Wende von der Treuhand übernommen. Der Berliner Arzt Maywald kaufte das insgesamt 34.000 Quadratmeter große Areal 1998 vom Nachfolger der Treuhand, der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Er wollte es zu einem Paradies für Wassersportler entwickeln. Doch die Arbeiten gingen anfangs sehr schleppend voran, da das historische, denkmalgeschützte Ensemble stark zerstört war. Denn 1998 standen die Gebäude bereits rund fünf Jahre leer, wie Maywald bei der Eröffnung erzählte. „Die Dachverglasung war durch Vandalismus zerstört worden. Die Birken wuchsen in den Gebäuden durch das Dach hindurch“, erinnert er sich.
Maywald und der 1999 gegründete Verein „Freunde der Vulkanfiber-Fabrik“, ließen das Areal sukzessive instand setzten und entwickeln.

Millionen-Investition

In das Filterhaus wurden 1,3 Millionen investiert. Insgesamt für das komplette Areal drei Millionen Euro. Eine Million davon waren öffentliche Zuschüsse. Das Areal soll nach den Plänen eine Freizeit- und Erholungsstätte für Wassertouristen werden. Mittlerweile gibt es auf dem Gelände 22 Mieter. Von der Marina-Vulkan-Werft, verschiedenen Charterbetrieben wie Yachtcharter Werder bis hin zum Wassersportfachgeschäft Krüger & Till. Aber auch Kleingewerbetreibende und Künstler haben sich auf dem Grundstück angesiedelt.

Das Historische mit dem Modernen gemischt

Die Bauarbeiten am Filterhaus begannen im Januar 2016. Das Gebäude wurde 1926 errichtet und diente, wie der Name vermuten lässt, zum filtern des Havelwassers für die Vulkanfiber-Produktion. Wie das gesamte Fabrik-Ensemble hat es der Architekt Paul Tropp errichtet, der unter anderem für das ehemalige Kabelwerk Oberspree in Berlin verantwortlich war. „Das ist auch einer der Gründe, warum das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege das Ensemble das wichtigste Zeugnis der Industriearchitektur des 20. Jahrhunderts in der Mark Brandenburg nennt“, so Maywald. Den alten Charakter des Gebäudes hat Maywald versucht bei der Restaurierung zu bewahren. Highlight ist die freitragende, hölzerne Dachkonstruktion. Mit altem und neuem Holz wurde sie liebevoll instand gesetzt. An den Wänden finden sich als Überbleibsel steinerne Halteschienen für die Sandfilter, mit denen früher das Havelwasser gefiltert wurde.

Maywald hat in dem Filterhaus das Historische mit der Moderne verbunden. Eine beleuchtete Bar mitten im Restaurant lockert den großen Innenraum auf, der Platz für bis zu 200 Gäste bietet. Zur Küche hin ist ein großes Fenster in der Wand eingelassen, so dass die Gäste sehen können, was die Köche am Herd machen. Gekocht wird frische, deutsche Küche, wie Maywald erklärt. Flanksteak vom Rind, gegrillte Regenbogenforelle, Brust vom Maishuhn oder Spargel. Auch selbstgemachten Kuchen wird es geben. Die Hauptspeisen bewegen sich zwischen 16,50 bis 23,50 Euro. Das Restaurant wird am Freitag von 18 bis 24 Uhr und am Wochenende von 12 bis 24 Uhr geöffnet sein. In den Sommermonaten soll dann die große Terrasse genutzt werden können, die noch einmal Platz für 340 Personen bietet. Unter der Woche kann das Filterhaus für Veranstaltungen gebucht werden.

» Jörg Maywald wird am 16. April um 19 Uhr einen Vortrag zum Fabrik-Ensemble im Schützenhaus, Uferstraße 10, halten

Lederstein für Koffer
Die Vulkanfiber-Fabrik wurde 1916 in Betrieb genommen, wie dem 6. Band der Werderaner Chronik zu entnehmen ist. Martin Schmid, ein Berliner Importkaufmann, ließ die Fabrik während des Ersten Weltkrieges aufbauen. In der aus Backstein erbauten Produktionsstätte wurde der Kunststoff Vulkanfiber, umgangssprachlich Lederstein genannt, hergestellt. Er wurde etwa zur Kofferherstellung genutzt. Schmid kaufte für seine Fabrik damals ein Grundstück am Bahnhof im Mittelweg, der heutigen Adolf-Damaschke-Straße. Bereits in den 20er-Jahren arbeiteten dort 150 Mitarbeiter. Und auch nach dem Krieg konnte sich die Produktion halten. Die Vulkanfiber-Fabrik war in der DDR die einzige und exportierte ihren Verbundwerkstoff auch in den Westen. Doch trotz hoher Auftragslage war es nach der Wende vorbei. Die Treuhand wickelte den Betrieb ab. 150 Mitarbeiter verloren damals ihren Job.

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