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Karl Hagemeister vermochte auf seinem Bild "Tauwetter" von 1904 sogar den dunstigen Nebel darzustellen.

© Andreas Klaer

Ferch: Winterlandschaften in der Havelländischen Malerkolonie: Schneeweiß ist nicht gleich weiß

Eine neue Ausstellung im Fercher Museum der Havelländischen Malerkolonie zeigt ab Samstag winterliche Landschaften aus dem Havelland. 

Von Sarah Stoffers

Ferch - Der bedeutende französische Maler des Impressionismus, Pierre-Auguste Renoir, soll 1910 zu einem jungen Maler gesagt haben: „Weiß existiert nicht in der Natur. Sie haben über dem Schnee Himmel. Ihr Himmel ist blau, dieses Blau muss im Schnee erscheinen. Morgens ist Grün und Gelb im Himmel. Auch diese Farben müssen im Schnee auftauchen...“ Rosa, violett, blau oder gelb -  Schnee wird bei den Impressionisten in allen erdenklichen Zwischentönen auf die Leindwand gebracht. Zu bewundern sind diese verschiedensten Farben und Nuancen winterlicher Landschaften in der neuen Ausstellung „Havelland – Eine Winterreise“, die am Samstag im Museum der Havelländischen Malerkolonie in Ferch eröffnet wird. Gezeigt werden 30 Werke deutscher impressionistischer Landschaftsmaler, die sich von der Umgebung am Schwielowsee, der Mark oder auch Berlin haben inspirieren lassen. In weiß eingehüllte Hügel und Wiesen, tief zugeschneite Dörfer, spiegelglatte Seen, nackte Bäume und spärliche braun-beige Gräser. Die eigentlich karge, im Ruheschlaf liegende Natur verwandeln sich durch den Pinselstrich der Künstler zu romantischen Szenen, die sich je nach Licht- und Farbeinfall, ständig verändern.

Beinahe realistisch wie auf einem Foto wirkt der Schnee bei Johannes Hänsch, "Verschneiter Friedhof", 1904.
Beinahe realistisch wie auf einem Foto wirkt der Schnee bei Johannes Hänsch, "Verschneiter Friedhof", 1904.

© Andreas Klaer

Schnee war für die Impressionisten eine große Herausforderung

„Bei Impressionismus wird eher an die großen Franzosen gedacht. Er war in Deutschland nicht so ausgeprägt, aber gerade hier am Schwielowsee haben viele Künstler Plain Air, also direkt in der Natur gemalt“, wie Carola Pauly, die Vorsitzende des Fördervereins Havelländische Malerkolonie, erzählt. Und vor allem der Schnee sei für sie eine große Herausforderungen gewesen. Stundenlang wurde draußen in der Eiseskälte versucht, ihn auf den Gemälden einzufangen. Auch der in Werder (Havel) geborene Maler Karl Hagemeister (1848-1933), der zusammen mit dem Wiener Carl Schuch als Begründer der Havelländischen Malerkolonie gilt und zusammen mit Max Liebermann und anderen Künstlern 1898 die Berliner Secession gründete, fertigte zahlreiche Bilder von der kalten Jahreszeit an. Hagemeister fängt auf seinen Gemälden nicht nur das Licht ein, das von Eis und Schnee aufgefangen und schillernd, glitzernd und glänzend zurückgeworfen wird. Selbst die Luftfeuchtigkeit verändert das Motiv. So vertrübt der leichte Winternebel, der von den feuchten Schnee- und Wassermassen aufsteigt, den Blick auf den ruhig daliegenden Schwielowsee. Die dichten Wolken lassen nur graues, dunkles Licht durch, das sich neben den kahlen Ästen der Bäume auf der glatten Oberfläche des Gewässers wiederspiegelt. „Tauwetter“ heißt das Werk, auf dem die Ufer noch dick in weiß gehüllt sind. Nur die allmählich schmelzenden Eisschollen künden vom nahenden Frühling, der die Landschaft bald wieder in bunten Farben erblühen lassen wird. 

Hans-Otto Gehrckes "Das große Winterbild" lädt zum Spaziergang durch den Schnee ein.
Hans-Otto Gehrckes "Das große Winterbild" lädt zum Spaziergang durch den Schnee ein.

© Andreas Klaer

Eingeschneite Dörfer und einsame Natur

Daneben wirkt das tief vom Schneegestöber zugeschneite Dorf und sein Friedhof , dass der Maler und Bildhauer Johannes Hänsch (1875-1945) 1904 anfertigte, fast schon wie eine naturalistische Landschaftsansicht. Der in dicken Schichten aufgetürmte Schnee wird von einigen kargen Pflanzen und den Friedhofskreuzen durchbrochen. Im Hintergrund stehen die eingeschneiten Häuser. An den Rändern der freigeschippten Wege wird das Weiß vom schmutzigen Braun der Erde durchzogen. Das Licht, das vom hellblauen Himmel herabscheint, wirft mal grau-blaue, mal gelbliche oder rosane Schatten auf die Decke. Dieses Weiß  wirkt bei längerer Betrachtung beinahe so realistisch wie auf einem Foto.  

In dunklem Grün- und Beigetönen heben sich die Gräser bei Hans-Otto Gehrcke (1896-1988) durch die weiße Decke seines „Großen Winterbildes“. Pudriger Schnee liegt da auf den ausgedehnten Wiesen und Feldern.  Die Sträucher und Bäume, die den Mittelunkt des Gemäldes bilden, sind noch kaum bedeckt und tragen noch die letzten verrtrockneten Blätter und Nadeln in ihren großen Kronen. Der Schnee hebt sich hier kontrastreich von der restlichen Natur ab und schimmert sanft im von den Wolken geämpften Licht der Sonne in violetten, blauen, rosanen Nuancen. Sofort möchte man diesen friedlichen, überrührten Ort, den der 60 Jahre lang in Ferch wohnende Gehrcke nur ganz leicht dahingetupft zu haben scheint, besuchen und bei einem Spaziergang den Schnee unter den Füßen knirschen hören.

Die Ausstellung „Havelland – Eine Winterreise“ wird am Samstag um 11 Uhr eröffnet und ist noch bis zum 22. April 2019 im Museum der Havelländischen Malerkolonie, Beelitzer Straße 1, zu sehen. Öffnungszeiten Samstag und Sonntag 11-17 Uhr. Der Eintritt kostet 3 Euro.

++++Hintergrund++++

Das Museum der Havelländische Malerkolonie in Ferch öffnete im Juli 2008 das erste Mal seine Türen. Ins Leben gerufen wurde es von den ehrenamtlichen Mitgliedern des Fördervereins Havelländische Malerkolonie, der 2002 gegündet wurde und ein Museum für die Geschichte der Künstlerkolonie errichten wollte, die sich in Ferch Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte. Als Begründer gelten Karl Hagemeister und Carl Schuch, die zwischen 1877 und 1881 gemeinsam zahlreiche Monate in Ferch und Umgebung verbrachten und direkt in der Natur malten. Ab 1900 zogen Absolventen der Berliner Kunstakademie und anderer Einrichtungen zum Malen an den Schwielowsee. Viele weitere Künstler, wie etwa Theo von Brockhusen, Erich Heckel, Hans-Otto Gehrcke oder Gerhard Graf, sollten folgen. Eine Zäsur brachte der Zweite Weltkrieg und vor allem der Bau der Berliner Mauer, die den Weg zum Schwielowsee und Umgebung für viele versperrte. Erst mit der Wende wurde die Lanschaft um den Schwielowsee und Umgebung wiederentdeckt. Seit der Eröffnung konnte das Museum mehr als 40 Ausstellungen und zahlreiche Publikationen auf den Weg bringen, die sich mit den  Künstlern der Kolonie auseinandersetzen.  

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