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Fehler in der Lärmkartierung: Das Lärmwunder von Kleinmachnow

Angeblich wurde es auf den Straßen Kleinmachnows ruhiger. Doch dann stellte sich heraus, dass es nur ein Berechnungsfehler war. Nun muss das Landesumweltamt seine Lärmkartierungen überarbeiten.

Kleinmachnow - So ruhig wie lange nicht: Glaubt man der aktuellen Lärmkartierung des Brandenburger Landesamtes für Umwelt (LfU), ist es in der Speckgürtel-Gemeinde Kleinmachnow im Vergleich zu 2012 deutlich ruhiger geworden. Besser noch, manch viel befahrene Straße – wie der Zehlendorfer Damm – ist als einst verursachende Lärmquelle gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Und das ganz ohne Zutun der Gemeinde. „Ein Lärmwunder“, konstatiert der Kleinmachnower Ingenieur Michael Braun.

Der sachkundige Einwohner der Fraktion Bürger in Kleinmachnow (BIK) hatte wie berichtet die Lärm- und Immissionssituation hinsichtlich des im Gewerbegebiet nahe der Autobahn A115 geplanten Sportplatzes analysiert und war dabei in Bezug auf den Lärm in Kleinmachnow auf Widersprüche gestoßen. Dabei stellte er auch fest, dass die aktuelle vom Brandenburger Landesamt für Umwelt im September 2017 vorgelegte Lärmkartierung fehlerhaft ist.

Das Problem: Auf Basis dieser alle fünf Jahre erhobenen Daten werden in den Kommunen Lärmaktionspläne erstellt, aus denen sich Maßnahmen zur Lärmminderung ableiten, so derzeit auch in Kleinmachnow. Doch wo kein Lärm, da kein Handlungsbedarf, meint Braun.

Nach seiner Analyse hat das LfU für die Lärmkartierung 2017 vielerorts zu niedrige Verkehrszahlen als Ausgangsbasis genutzt und damit gegenüber der Lärmkartierung 2012 trotz gewachsener Verkehrsdichten und angewachsenen Lärms eine deutlich zurückgegangene Belästigung ausgewiesen. Besonders deutlich würden die Unterschiede, wenn man die Kartierung mit der der Berliner Senatsverwaltung vergleiche. Aus Berlin kommender Verkehrslärm verschwinde plötzlich an der Ortsgrenze. Etwa am Übergang von der Benschallee zur Karl-Marx-Straße oder dem Übergang der Machnower Straße zum Zehlendorfer Damm herrsche nunmehr „absolute Verkehrslärmfreiheit“, so Braun. Er wies sowohl die Gemeinde als auch das Landesamt auf seine Feststellungen hin, erwog sogar eine Petition an den Landtag.

Das scheint nun nicht mehr nötig. Gegenüber den PNN bestätigte das Landesamt für Umwelt die Fehler in der Lärmkartierung. Die Behörde habe die Fehlerquelle identifiziert und arbeite an der Bereinigung. Laufe alles nach Plan, könnten die überarbeiteten Ergebnisse Ende Februar veröffentlicht werden, so Sprecher Thomas Frey. In einem Satz formuliert seien die Fehler durch das Übereinanderlegen von Daten, die mit unterschiedlichen Methoden und in unterschiedlicher Tiefe erhoben wurden, entstanden, erklärte er.

Betroffen seien nach einer ersten Analyse der Behörde neben Kleinmachnow noch zehn weitere Kommunen im Land. Nach Angaben von Michael Braun würden auch Kleinmachnows Nachbarkommunen Stahnsdorf und Teltow hinzuzählen. Zum Teil würden sich die mit unterschiedlichen Methoden erhobenen Verkehrsstärken erheblich unterscheiden, in einigen Fällen um 200 bis 300 Prozent, erklärte Frey.

Alle fünf Jahre werde bundesweit eine Verkehrszählung durchgeführt, die eine wesentliche Datenquelle für das Landesamt für Umwelt ist. Die letzte Zählung erfolgte im Jahr 2015. Das LfU habe die bereinigten Daten im Frühsommer 2017 vom Landesbetrieb für Straßenwesen erhalten und für die Datenaufbereitung zur Lärmkartierung übernommen. Die dabei ermittelten Verkehrszahlen basierten jedoch zumeist auf Zählungen außerhalb der Ortschaften. Danach wurden entsprechend der gesetzlichen Vorgaben alle Hauptverkehrsstraßen mit mehr als drei Millionen Fahrzeugen im Jahr erfasst, nicht jedoch die Nebenstraßen. Beim Zusammenspielen der nutzbaren Daten seien dann, wie in Kleinmachnow, ältere, aber genauere und weiter reichende Daten überschrieben worden. In einigen Gemeinden verschwanden so im Vergleich zur Kartierung 2012 ganze Straßenabschnitte, erklärte der Behördensprecher.

Auch die Gemeinde Kleinmachnow hatte bereits festgestellt, dass die Erhebungen in der aktuellen Kartierung des Landesamts nicht mit den eigenen Berechnungen – etwa aus der Verkehrserhebung 2014 – übereinstimmten und sich an die Behörde gewandt. Im Rahmen des zu erstellenden Lärmaktionsplanes hatte die Kommune zudem die Kleinmachnower dazu aufgerufen, bekannte Lärmquellen und -schwerpunkte in der Gemeinde zu benennen und zu den Karten Stellung zu beziehen. Die Frist endete im Dezember. Nach Angaben von Gemeindesprecherin Martina Bellack seien 14 Stellungnahmen eingegangen, darunter die von Michael Braun.

Sobald die neuen Lärmkarten des Landesamtes für Umwelt vorliegen, wolle die Gemeinde mit „Stufe drei des Lärmaktionsplanes“ beginnen. Dann soll es auch eine Erörterungsveranstaltung geben, in der die geplanten Strategien zur Lärmminderung in der Kommune erläutert und diskutiert werden, so Bellack. Eine erneute öffentliche Auslegung der Lärmkarten erfolge aber nicht. Solveig Schuster

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