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Bier statt Biomalz. Eine Brauerei will das Alte Kesselhaus neu beleben.

© S. Schuster

Potsdam-Mittelmark: Fast wie in alten Zeiten

Allgäuer Brauerei will Altes Kesselhaus auf dem Gelände der Teltower Biomalz-Fabrik neu beleben. Weitere Planungen für Weiterentwicklung des Areals und Neubau einer Produktionshalle

Teltow - Im Alten Kesselhaus der Teltower Biomalz-Fabrik könnten schon bald wieder Kessel in Betrieb gehen. In dem historischen Klinkerbau, in dem noch bis zur Wende Malz produziert wurde, soll künftig Bier gezapft werden. Der Eigentümer, die Salem-Grundstücksgesellschaft, verhandelt derzeit mit einer Brauerei aus dem Allgäu über eine mögliche Nutzung des letzten leer stehenden Gebäudes auf dem Gelände der 1911 errichteten Fabrik.

„Eine Brauerei würde gut reinpassen“, sagt der Geschäftsführer der Gesellschaft, Florian Lewens. „Je mehr Gastronomie auf dem Hof, desto besser.“ Neben dem Hilfswerk USE, vielen Büros und Kultureinrichtungen sind zurzeit mit einem Italiener und einem Griechen bereits zwei Restaurants auf dem Gelände ansässig. Ein weiterer Mieter mit Publikumswirkung würde das Areal insbesondere in den Abendstunden zusätzlich beleben. Viele Interessenten hätten schon vor Lewens Tür gestanden – von Galeristen bis Veranstaltungsagenturen. Aber allein mit der Ausrichtung von Veranstaltungen sei der Betrieb des Kesselhauses nicht wirtschaftlich zu führen, erklärt er. Es braucht einen „dauerhaften Betrieb“. Auch die interessierte Brauerei würde das Kesselhaus als Veranstaltungslocation nutzen oder weitervermieten, sagt Lewens. In dem komplett entkernten Gebäude stünden auf etwa 320 Quadratmetern 199 Plätze inklusive einer Bühne zur Verfügung. Auch ein alter Kessel ist in dem denkmalgeschützten Bau verblieben und verleiht dem Haus entsprechendes Flair und historisches Ambiente.

Den Boden hat Lewens bereits neu pflastern und Türen nachbauen lassen, auch neue Fenster wurden nach historischem Vorbild in dem teilweise zugemauerten Haus eingesetzt. Küche und Toiletten sollen in Absprache mit dem künftigen Mieter neu entstehen. Mit einem Architekten habe der Allgäuer Brauereibesitzer das Kesselhaus bereits inspiziert. Eine Entscheidung erwartet Lewens in den nächsten Wochen.

2008 hatte die Grundstücksgesellschaft den nach Plänen des Ingenieurs J.K. Meyer entworfenen und in Skelettbauweise von der Firma Boswau & Knauer errichteten Bau mit Kutscher-, Fabrik-, Kontor- und Kesselhaus gekauft und begonnen, alles von Grund auf zu sanieren. 2,5 Millionen Euro seien bereits in die Instandsetzung des denkmalgeschützten, mehr als 36 000 Quadratmeter großen Areals geflossen. „Das war eine Ruine, baufällig, egal wohin man gefasst hat“, sagt Lewens. Davon sei inzwischen kaum noch etwas zu sehen. Heute ist die Fabrik ein attraktiver Kultur- und Gewerbehof, den Lewens noch weiter entwickeln will. In nächster Zeit stehen noch einige weitere Veränderungen an. Mit dem Kauf des angrenzenden Industriebahn-Geländes wächst das Areal noch ein Stück. Einige Bauten werden noch weichen, um anderen Platz zu machen, etwa an der Iserstraße, wo eine neue Produktionshalle für die Teltowmalz entstehen soll. Das Unternehmen richtet sich neu aus, will künftig Lebensmittel auch für den Einzelhandel produzieren, so Lewens, dessen Gesellschaft Anteile an der Firma besitzt. Auch die neue Halle soll sich in der Optik der alten Fabrik anpassen und den ursprünglichen Charakter des Geländes herausstellen.

Die Biomalz-Fabrik zählt zu den wohl bekanntesten Industriedenkmalen der Region. Von hier aus brachten die Gebrüder Patermann ihr Biomalz, damals wie heute ein weltbekanntes Erzeugnis der Nahrungsmittelindustrie, nach Europa. Insbesondere während und nach dem Ersten wie Zweiten Weltkrieg erlitten die Brüder herbe Rückschläge, die Produktion kam weitestgehend zum Erliegen, der Gebäudekomplex wurde teilweise zerstört. In den letzten Kriegsmonaten siedelte der Fabrikbesitzer Myro Patermann nach Flensburg über, recherchierte der Berliner Historiker Alexander Ruoff. 1946 wurde sein Werk in der DDR zum Volkseigentum. Über Jahre kämpften die Patermann-Erben um Rückgabe. Wegen der lange ungeklärten Eigentumsverhältnisse lag das Fabrikgelände mehr als ein Jahrzehnt brach.Solveig Schuster

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