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Geheimnis unter der Kirche. Der Feldsteinring im Vordergrund könnte das Fundament eines Burgturms gewesen sein – oder eines Brunnens. Archäologe Michael Böhm und Annett Pratsch von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises untersuchten die Fundstelle.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Eine Burg unter der Kirche?

Archäologen haben ein Fundament freigelegt, das auf einen Bau aus dem 12. Jahrhundert hindeutet

Von Enrico Bellin

Beelitz - Unter der Beelitzer Stadtpfarrkirche liegen womöglich die Reste einer Burg aus dem 12. Jahrhundert begraben. Wie am gestrigen Freitag bekannt wurde, traten bei Arbeiten an der Beelitzer Kirche Feldsteinfundamente aus dem 12. Jahrhundert zutage.

„Bei der Mauer handelt es sich definitiv nicht um Teile der Kirche, sie ist schon lange vor dem Kirchenbau entstanden“, sagt der Archäologe Michael Böhm von der Berliner Grabungsfirma „Archäo Kontrakt“ den PNN. „Mit einem solchen Fund hat hier niemand gerechnet, sonst findet man bei ähnlichen Grabungen eher alte Grabanlagen oder Hinweise auf ehemalige Kirchenerweiterungen.“ Dazu könne das kreisrunde Feldsteinfundament jedoch nicht gehören. Auch gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass an dieser Stelle vorher eine andere Kirche gestanden hat, zu der die Fundamente gehört haben könnten.

Rund um die Kirche wird noch bis voraussichtlich Anfang September die Regenentwässerung erneuert, da die Kirche durch Feuchtigkeit geschädigt wurde. Bislang floss Niederschlag oberhalb des Kirchplatzes ab und lief erst am Rande des Platzes in die Gullys. Künftig soll das Regenwasser auch vom unmittelbaren Kirchenumfeld in Leitungen fließen. Zudem wird der Platz neu gepflastert und neue Treppen gesetzt. Die Arbeiten wurden von Michael Böhm begleitet.

Für Böhm ist der Gedanke, dass hier mal eine Burg stand, noch eine Arbeitshypothese. Möglicherweise stammt das Fundament auch von einem großen Brunnen mitten in der Stadt. Von der zentralen Lage der Stadt her habe sich Beelitz aber als Standort für eine Burg angeboten. Auch Annett Pratsch von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises glaubt, dass hier einmal eine Burg gestanden haben könnte. Schriftliche Quellen künden davon, dass um 1210 ein slawischer Burgkomplex aufgegeben und eine neue Burg errichtet wurde – „bei der Altstadt“, wie der Stadtchronist Carl Schneider Ende des 19. Jahrhunderts notierte. Auch die Bezeichnung der Stadt als „oppidium“ weise auf eine Burg zu jener Zeit hin, denn: „War (Beelitz) Stadt, so hatte es auch () Befestigungen und seine Märkte, die wesentlich zum Aufblühen beitrugen.“

Falls dort eine Burg gestanden hat, dann jedoch nur für kurze Zeit: Schon in einer Bestandsaufnahme von 1373 ist für Beelitz keine Anlage mehr erwähnt. Zu dieser Zeit stand hier womöglich schon die Stadtpfarrkirche. „Das zeigt wiederum, dass die Beelitzer Bürgerschaft immer größeren Einfluss in der Stadt gewonnen hatte“, vermutet Pratsch. Denn Burgen waren eher ein Zeichen für landesherrschaftlichen Besitz, der mit der Zeit abgelöst wurde.

Worum es sich genau bei den Fundamenten handelt, würde Archäologe Michael Böhm gern bei einer genaueren Grabung in drei Metern Tiefe herausfinden. Dafür braucht er aber noch die Zustimmung des Landesdenkmalamtes und der Stadt Beelitz, zudem müsste die Stadt die Grabung auch bezahlen. Die Kosten kann Böhm noch nicht beziffern. „Es wäre aber ein relativ geringer Eingriff, der nur drei Tage dauern würde.“ Für die Stadt sei es die einzige Chance, das Rätsel um das Fundament zu lösen.

Selbst wenn bei der Grabung herauskommen sollte, dass es sich nicht um die Überreste einer Burg handelt, ist der Fund dem Archäologen zufolge bedeutend. „Große Feldsteinmauern wie diese hier zeugen immer von Macht, Reichtum und einer besonderen Bedeutung des Ortes.“ Der Fund sei aber nur ein Mosaikstein. Ein komplettes Bild erhalte man nur über einen langen Zeitraum gemeinsam mit der Auswertung von weiteren Funden oder schriftlichen Quellen.

Das Fundament soll auch nach den Bauarbeiten am Kirchplatz sichtbar bleiben. Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis Beelitz) hat nach der Freilegung angeregt, es mit einer Stützmauer einzufassen und damit in die Gestaltung des neuen Kirchplatzes zu integrieren. „Der Fund ist eine Bereicherung für diesen Platz, der ja das Herz unserer Stadt markiert“, so Knuth. Allerdings hegt er Zweifel, ob es sich wirklich um die Ruine einer Burg handelt. Seiner Kenntnis nach stand früher eine Burg an einem anderen Platz in der Stadt.

Ob Beelitz das Geld für zusätzliche Ausgrabungen bereitstellen wird, konnte Knuth gestern noch nicht sagen. Er werde aber am Montag mit dem Archäologen klären, wie teuer die Grabungen in etwa werden könnten. „Wenn sich die Forderungen im Rahmen halten, werden wir das sicher bezahlen“, so Knuth.

Die Idee, in der Innenstadt ein Fenster zu den mittelalterlichen Wurzeln von Beelitz zu schaffen, stieß beim Archäologen auf ein positives Echo. „Die Entscheidungsträger sind in Beelitz sehr kooperativ“, lobt Michael Böhm. Das sei nicht überall so. Mittlerweile werde der Wert von archäologischen Grabungen und den daraus gewonnenen Erkenntnissen aber zunehmend auch bei Bauherren erkannt.

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