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Potsdam-Mittelmark: Ein stimmiges Duett

Fantastisches und klar Strukturiertes: Das Werderaner Kunst-Geschoss zeigt Werke von Ann-Louise Schwieger und Wolfram Boden

Werder (Havel) - Inmitten des Baumes aus Ton, von einem bemalten Blätterdach bedeckt, haben sich Insekten mit ihrem Bau eingenistet. Fast glaubt die Betrachterin, dass gleich eine Biene oder Fliege aus der Wabe herausschlüpft, so plastisch und ästhetisch wirkt das Wandobjekt.

Das einzigartige Werk des Colditzer Keramikers Wolfram Boden ist in der aktuellen Ausstellung „pas de deux II“ im Werderaner Kunst-Geschoss zu sehen. Kurator Frank Weber zeigt die Arbeiten von Boden zusammen mit Bildern der schwedischen Künstlerin Ann-Lousie Schwieger. Ein pas de deux, ein Tänzchen zu zweit, bei dem den beiden Künstlern genügend Raum für ihre eigenständigen Positionen gelassen wird und sie dennoch gemeinsam ein stimmiges Duett hinlegen.

Die Schwedin Ann-Lousie Schwieger zog Ende der 1990er Jahre nach Werder (Havel), lebt heute jedoch die meiste Zeit auf der schwedischen Insel Tjörn. Für ihre Arbeit benutzt Schwieger großformatige Bögen, die sie zunächst einwässert, um dann großflächig Aquarellfarben aufzutragen. Die in leuchtenden Tönen getränkten Bögen legt sie dann zur Seite. Erst nach einiger Zeit, manchmal sogar Monaten, holt sie sie hervor und guckt, wie sie die ungeordneten, zufälligen Farbverläufe einsetzen kann. Vor allem mit der Feder, aber auch mit Bleistift und weiteren Farben arbeitet sie erst dann ihr eigentliches Werk heraus. Die Großformate werden anschließend von der Künstlerin in kleinflächige Bilder, je 20 mal 20 Zentimeter, zerschnitten. In der Ausstellung hängen 260 ihrer so entstandenen Arbeiten. „Ich sage immer, kleine Künstler, große Bilder und große Künstler, kleine Bilder“, so Weber. Schwieger brauche keine riesigen Leinwände, um sich und ihre Kunst darzustellen.

Lebendig und leicht wirken ihre Bilder. Es sind geheimnisvolle, abstrakte Arbeiten wo plötzlich, wie eine Fata Morgana, Gesichter vorbeischweben, Häuser am Horizont emporsteigen, Schiffe auf Wasserlandschaften vorbeiziehen und andere Formen und Motive auftauchen. Stundenlang könnte man davorstehen und immer wieder Neues entdecken. Zuweilen erinnern sie an Buchillustrationen für fantastische Geschichten und Romane. Wo Schwiegers Werke zufällig und abstrakt sind, ist Bodens Arbeit klar strukturiert. Der gelernte Kerameinrichter hat an der renommierten Fachhochschule für Angewandte Kunst in Schneeberg studiert. Er arbeite mit Rauch und Schwarzbrand, erklärt Weber. Den Ton brennt Boden für seine Arbeiten in einem offenen Feuer. Ab einer bestimmten Temperatur gibt er anderes Holz oder Rinden dazu. „Da der Ton fast glüht, zieht der entstehende Rauch in die Keramiken ein“, so Weber. So bilden sich einzigartige Muster auf den Dosen und Schalen des versierten Keramikers.

Von besonderer Ästhetik sind die Wandplatten aus Ton, für die der Künstler bekannt ist. Wahre Designunikate, bei deren Plastizität und perfekter Oberfläche der Betrachter fragt, wie Boden die exakten Ecken und Rundungen hinbekommen hat. Der Ton sieht aus wie Holz oder Leder. Dazu passen die Formen, die er wählt. Es sind sehr natürliche Gebilde, die er als Inspiration wählt. Da finden sich Muscheln, Schnecken und Blüten, ein Stein, über den sich Wasserwellen kräuseln oder eine aufgeplatzte Fruchtkapsel, in der Samen sich aufreihen. Durch die erdigen Braun-, Rot- und Beigetöne und die fein gemalten, geritzten und gestichelten Muster erinnern die Objekte an afrikanische Holzschnitzereien.

Die Werderaner Stadtgalerie feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Ende November plant Weber dafür eine Ausstellung mit Werken aus dem Fundus der Galerie. Die Vernissage ist am 28. November, um 19 Uhr.

„pas de deux II“, im Kunst-Geschoss Werder (Havel), Uferstraße 10, ist bis zum 2. September, Donnerstag, Samstag, Sonntag von 13 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei

Sarah Stoffers

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