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Caputh von oben aus, aufgenommen im Oktober 2016.

© Lutz Hannemann

Ein Jahrzehnt vermisst: Verschollener Caputher soll für tot erklärt werden

Hans-Joachim Bölter aus Caputh wurde vor mehr als zehn Jahren zum letzten Mal gesehen. Nun will ihn das Amtsgericht für tot erklärt werden - sollte er sich nicht doch noch melden. 

Caputh - Zuletzt wohnte Hans-Joachim Bölter in der Havelstraße 11 in Caputh. Doch dort hängt sein Name schon lange nicht mehr am Klingelschild. Seit mehr als zehn Jahren ist der 1946 in Babelsberg geborene Mann verschwunden. Jetzt soll er für tot erklärt werden.

So steht es in einer Anzeige des Amtsgerichts Potsdam, die am 7. September in den Potsdamer Neuesten Nachrichten erschienen ist: „Die Zentrale Bezügestelle des Landes Brandenburg hat beantragt, den verschollenen Hans-Joachim Bölter (…) für tot zu erklären.“ Und weiter: „Der Verschollene wird aufgefordert, sich bis Freitag, 22. November 2019, 10 Uhr (…) zu melden, da er sonst für tot erklärt werden kann.“

Der Vermisste soll für tot erklärt werden.
Der Vermisste soll für tot erklärt werden.

© Eva Schmid

Jörn Kappler ist der Rechtspfleger, der den Fall Hans-Joachim Bölter betreut. Dass ein Mensch spurlos verschwinde, sei äußerst selten, sagt er. Laut Gesetz gelten Vermisste zehn Jahre nach dem letzten Lebenszeichen allgemein als verschollen. 

"Solche Fälle sind äußerst selten"

Im Jahr 2018 habe das Amtsgericht Potsdam insgesamt sieben Aufrufe an Verschollene veröffentlicht, sich zu melden. „Bei den meisten Verschollenen handelt es sich aber um Menschen, die nicht aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrt sind“, so Kappler. Oft würden sie nachträglich auf Antrag Angehöriger für tot erklärt, um etwa das Erbe verteilen zu können. Doch Hans-Joachim Bölter, geboren am 22. März 1946, verschwand Mitte der 2000er Jahre.

Er sei zunächst polizeilich gesucht worden, nachdem Angehörige ihn als vermisst gemeldet hatten, sagt Kappler. Die Suche habe keinerlei Ergebnis erbracht. Anhaltspunkte für ein Verbrechen seien nicht gefunden worden. Bevor Bölter für verschollen erklärt wurde, habe das Amtsgericht überprüft, ob es seit seinem Verschwinden Bewegungen auf seinen Bankkonten gegeben habe oder ob seine Krankenkassenkarte genutzt wurde. Auch seine Angehörigen seien, zehn Jahre nach dem Verschwinden, erneut befragt worden.

Suche nach Vermisstem brachte kein Ergebnis

„Das ist oft schwierig in solchen Fällen, weil die Menschen emotional mit dem Fall abschließen und nicht erneut damit konfrontiert werden wollen“, sagt Rechtspfleger Kappler. Der öffentliche Aufruf, sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beim Amtsgericht zu melden, sei schließlich der letzte Schritt, bevor ein Mensch für tot erklärt werde, so Kappler. Spuren des Verschollenen gibt es nur bis zu seinem Verschwinden. Per Suche im Internet sind heute noch Ergebnisse von Triathlon- und Marathonläufen zu finden, die Hans-Joachim Bölter von Anfang bis Mitte der 2000er-Jahre als Mitglied des Potsdamer Laufclubs absolvierte.

"Eines Tages tauchte er nicht mehr zum Training auf"

Der stellvertretende Vereinsvorsitzende Michael Rudolph kann sich noch an den einstigen Laufkollegen erinnern. Zuletzt habe er ihn auf einer Sportveranstaltung Mitte der 2000er in Thüringen gesehen, danach sei Bölter zu den Trainingszeiten schlicht nicht mehr aufgetaucht, sagt Rudolph den PNN. „Damals war das für ein paar Wochen Thema im Verein.“ Bölter sei mit niemandem im Verein eng befreundet gewesen. „Man kannte sich, hat mal ein Bier zusammen getrunken, aber ich wüsste nicht mal, ob er verheiratet war oder Kinder hatte“, sagt der Vizechef des Potsdamer Laufclubs.

Es geht um Pensionsbezüge, Vermisster war im öffentlichen Dienst

Einen Antrag auf Todeserklärung stellten meist Angehörige von Vermissten, sagt Rechtspfleger Jörn Kappler. In Hans-Joachim Bölters Fall jedoch sei das Land Brandenburg der Antragsteller, genauer die Zentrale Bezügestelle. Denn der Verschollene war im öffentlichen Dienst beschäftigt und zum Zeitpunkt seines Verschwindens bereits pensioniert: „Vermutlich will das Land nun seine Bezüge nicht mehr zahlen müssen.“ So lange jemand offiziell nicht für tot erklärt sei, habe er weiterhin Anspruch auf seine Pension. Wohin das Geld im Fall von Hans-Joachim Bölter bisher fließt, ist nicht bekannt.

Wenn sich bis zum 22. November weder Hans-Joachim Bölter selbst noch jemand, der über seinen Verbleib Bescheid weiß, bei Gericht gemeldet hat, wird der Caputher amtsgerichtlich für tot erklärt. Anschließend geht die Zuständigkeit an das Standesamt Berlin 1, wo die Todeserklärungen deutscher Gerichte zentral in einer Sammlung dauerhaft aufbewahrt werden. Im Jahr 2018 seien dort 185 solcher Beschlüsse eingegangen, sagt der stellvertretende Pressesprecher Tino Brabetz.

"Geringe Wahrscheinlichkeit", dass sich Verschollener noch meldet

Nur in Ausnahmefällen würden Verschollene per Zeitungsannonce noch einmal aufgefordert, sich beim Amtsgericht zu melden, bevor sie für tot erklärt werden, sagt Rechtspfleger Kappler. „Wir sind gesetzlich nur verpflichtet, ein solches Aufgebot im Amtsgericht aufzuhängen und im Amtsblatt Bundesanzeiger zu veröffentlichen.“ Eine Anzeige in der Tageszeitung schalte er nur, wenn es zumindest eine geringe Wahrscheinlichkeit gebe, dass sich der Verschollene doch noch melde.

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