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Bahnhofsbesitzer. Thomas Drechsel hat den Bahnhof zwar ersteigert, aber für seine Tochter Kimberley. Die 21-Jährige ist die offizielle Besitzerin.

© Ottmar Winter

Ein Haus für die Tochter: Investor stellt fast fertigen Bahnhof in Michendorf vor

Jahrelang war um den Bau gestritten worden, aber schon bald soll der Michendorfer Bahnhof saniert sein. Dann werden Mieter gesucht.

Von Sarah Stoffers

Michendorf - Lange haben die Michendorfer auf die Sanierung ihres Bahnhofes gewartet, nun ist die Erneuerung des Hauses im Ortszentrum fast abgeschlossen: Ende August soll der Bahnhof, der mit Graffiti und abbröckelndem Putz an den Wänden lange ein trauriges Bild abgab, fertig saniert sein. In die früheren Wohnungen sollen dann Gewerbemieter einziehen, ein Kiosk soll in der Empfangshalle öffnen. Rund eine halbe Million Euro hat Investor Thomas Drechsel dafür seit dem Kauf des Bahnhofes 2017 investiert.

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Viel musste am Haus erneuert werden, wie Drechsel den PNN bei einer Besichtigung schildert. „Das Dach wurde überarbeitet, die Fassade gereinigt und neu gestrichen, die Fenster wurden erneuert und die Etagen saniert“, sagt Drechsel. Am Rohbau des Kiosk, der auf einer großen Freifläche im Haus kurz vor dem Tunnel zu den Bahnsteigen entsteht, wird aktuell gearbeitet. Später kommen noch Fliesen an die Kioskwände, die auch schon an den vorhandenen Bahnhofswänden kleben. Der schlicht gehaltene Kiosk sei einem Pavillon auf dem Bahnsteig nachempfunden, sagt Drechsel.

Im Entstehen. Der Rohbau für den Kiosk und eine Küche in den Gewerberäumen.
Im Entstehen. Der Rohbau für den Kiosk und eine Küche in den Gewerberäumen.

© Ottmar Winter

An der Außenfassade des Bahnhofgebäudes hängt mittlerweile ein altes Schild der Sparkasse, das Drechsel auf einem Berliner Trödelmarkt erstanden hat: „Das Geld des Dorfes dem Dorfe“ steht darauf. Im Gang zu den Gleisen hängen alte Postkartenmotive des Bahnhofes in Postergröße. Die Bahn hat zudem die Unterführung zu den Gleisen neu gestrichen. „Seitdem hat es keine neuen Schmierereien gegeben“, sagt Drechsel. Auch weil er vor einiger Zeit Kameras anbringen ließ. „Es ist ordentlicher im Bahnhof“, so der Investor.

Die Sanierungsarbeiten hatten sich am Anfang verzögert, da zunächst geklärt werden musste, wer für die Baugenehmigungen zuständig ist - die Deutsche Bahn oder die Bauaufsicht. Die Deutsche Bahn hatte den Bahnhof nicht entwidmet, wie Drechsel erklärt, da sie die Zuwegung zu den Gleisen sicherstellen wollte. Die führt durch das Haus. Die Bauanträge konnten erst 2018 gestellt werden. Weitere Verzögerungen seien durch dringendere Arbeiten an anderen Projekten in Berlin entstanden, sagt Drechsel.

Der Unternehmer gründete in den 1980er Jahren die Imbisskette „Wurstmaxe“ und fing an, alte Immobilien zu kaufen und zu entwickeln. Es ist nicht der erste Bahnhof, den Drechsel renoviert hat: So ließ der 59-Jährige unter anderem in Berlin die Bahnhöfe Nikolassee und Mexikoplatz sanieren. Auch den Bahnhof Bad Saarow lässt er renovieren.

Weniger bezahlt als die Bahn ursprünglich wollte

Bevor Drechsel den bis 1912 erbauten Michendorfer Bahnhof kaufte, war das Gebäude in der Gemeinde Dauerthema. Die Deutsche Bahn AG wollte den Bahnhof bereits seit 2015 verkaufen und machte damals der Gemeinde ein Angebot. Doch die Gemeindevertreter entschieden sich zunächst zweimal gegen den Kauf - die finanziellen Risiken für eine Sanierung wurden als zu hoch eingeschätzt. Ende 2015 wurde schließlich ein Bürgerbegehren gestartet,die Mitunterzeichner wünschten sich einen kommunalen Bürgerbahnhof. Am Ende kamen rund 1700 Unterschriften zusammen. Zwar kassierte die Kommunalaufsicht das Bürgerbegehren wegen eines Formfehlers, doch die Gemeindevertreter entschieden sich in einer erneuten Abstimmung dann doch für den Kauf. Die Gemeinde bot jedoch nur 50.000 Euro, die Deutsche Bahn lehnte ab. Die Bahn soll 340.000 Euro gefordert haben. Der Bahnhof wurde schließlich versteigert, Drechsel erhielt für mehr als 300.000 Euro den Zuschlag. Offizielle Besitzerin des Bahnhofes ist seine Tochter, die 21-jährige Kimberley Drechsel, die seit ihrem Abitur in der Firma ihre Vaters arbeitet. Es sei nicht das erste Mal, das er Immobilien im Namen seiner Tochter erwirbt, so Drechsel. Er wolle die Häuser an die nächste Generation weitergeben.

In früheren Wohnungen haben sie mehrere Gewerbeeinheiten untergebracht - mit Küche.
In früheren Wohnungen haben sie mehrere Gewerbeeinheiten untergebracht - mit Küche.

© Ottmar Winter

Am Bahnhof Michendorf sind nun auch die vier freistehenden frühere Wohnungen fast fertig saniert. In die Einheiten mit drei bis fünf Zimmern, die 120 bis 140 Quadratmeter groß sind, sollen nun Gewerbemieter ziehen, die noch nicht feststehen. Drechsel und sein Handwerksteam haben bei der Sanierung der Räume auch auf die kleinen Details geachtet. So wurden etwa zum Teil historische Fenstergriffe besorgt, die alten Wandfarben untersucht und originalgetreu wieder aufgetragen. Unten sollen noch Briefschlitze an die Eingangstüren angebracht werden. „Die sind aus meinem Fundus“, so der Immobilienentwickler. Die Rahmen und Türen der ehemaligen Wohnungen wurden zum Teil neu lasiert, in anderen Wohnungen weiß gestrichen. Die alten Dielen wurden abgezogen. Wo ausgebessert werden musste, wurden passende Dielen von Abrisshäusern besorgt.

Wie viel Drechsel für die Gewerbeflächen am Ende verlangen wird, weiß er noch nicht. Man werde sich aber an die Umgebung anpassen, sagt der Unternehmer. Auch wer in die ehemaligen Wohnungen sowie in den Kiosk einziehen wird, ist noch unklar. Die Gewerbeflächen sollen voraussichtlich Mitte August fertig sein. Danach werde nach Mietern inseriert.

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