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Potsdam-Mittelmark: Ein Geschäft fürs Geschäft

Kristina Schwarz aus Ferch hat sich mit einem Onlinehandel auf die windelfreie Babypflege spezialisiert

Schwielowsee - Die Babys sind ausgeglichener, selbstbewusster und haben keinen wunden Po. Die Eltern haben auf mittlere Sicht weniger Stress, sparen eine Menge Geld – und leben ökologischer. Kristina Schwarz ist davon überzeugt: Es hat nur Vorteile, nach der Geburt des Nachwuchses auf Windeln zu verzichten. In Ferch betreibt sie seit einigen Monaten ein Onlinegeschäft, das es in dieser Form in Deutschland wohl nur einmal gibt: Im „Abhalteladen“ gibt es Dutzende Produkte rund um die windelfreie Säuglingspflege. Einige davon hat Kristina Schwarz selbst kreiert.

Und das kam so: Bald nachdem ihr inzwischen anderthalbjähriger Sohn Erik das Erdenlicht erblickte, hatte er mit Verdauungsproblemen zu kämpfen. Der kleine Kerl wurde von Koliken gequält und seine Mutter erinnerte sich, mal gelesen zu haben, dass windelfreie Kinder weniger Koliken hätten. Sie begann, Erik beim Windeln „abzuhalten“ – nämlich so über ein Töpfchen zu heben, dass er seine Notdurft verrichten konnte. Der nutzte die Gelegenheit schon beim ersten Mal für ein großes Geschäft, und auch später. Die Koliken ließen deutlich nach.

Seitdem hat sich Kristina Schwarz intensiver mit dem Thema befasst, ist inzwischen mit der einschlägigen Literatur vertraut, mit Werken wie „Topffit“ von Laurie Boucke oder „Es geht auch ohne Windeln“ von Ingrid Bauer. Mit Julia Dibbern, der Gründerin des „Original online Windelfrei-Kurses“ und Autorin von „Geborgene Kinder“, ist sie inzwischen in einen regen Austausch getreten. Beide nehmen für sich in Anspruch, Mythen der modernen Babyerziehung infrage zu stellen.

Schwarz erinnert daran, dass die ersten Wegwerfwindeln erst in den 70er Jahren auf den Markt kamen. Schließmuskelkontrolle ab dem zweiten Lebensjahr? „Ich möchte wissen, welcher Windelhersteller Kinderärzte dafür bezahlt, so etwas zu erzählen.“ 70 Prozent aller Babys weltweit würden auch heute aufwachsen, ohne gewickelt zu werden. Auch Erik gehört mittlerweile dazu. Die Mutter erkannte bald auch die Zeichen: Erik wird vorher quengelig, zeigt auf seine Hose. „Kinder geben zumindest bis zum sechsten Monat Signale, wenn sie müssen“, sagt Schwarz. Sie schmatzen, strampeln, schauen ins Leere. „Sie freuen sich und sind erleichtert, wenn die Eltern das richtig deuten und sie trocken bleiben dürfen.“ Das stärke den Charakter.

Zum Abhalten werden die Kinder so an den Oberschenkeln gehalten, dass sie sich mit dem Rücken an Mama oder Papa anlehnen können. In der bequemen Hocke erledige sich der Rest oft von selbst, sagt Schwarz. Nur mit der richtigen Ausstattung ist es nicht so leicht. In den einschlägigen Onlinegeschäften wurde Schwarz nicht fündig, eine Latzhose mit aufklappbarem Schritt und Einlagenhalterung nähte sie für ihren Erik schließlich selbst. Zum Abhalten soll es schnell gehen, das Auskleiden nicht nerven. Andere Mütter fragten sie nach der Hose, in einem Windelfrei-Kurs wurde sie gefeiert und gefragt, ob sie sich nicht selbstständig machen wolle. Schwarz probierte das tatsächlich aus.

Seit zehn Monaten ist sie mit ihrem Abhalteladen online. Die Kundenresonanz ist gut, erste Erfolgsrückmeldungen gibt es auch schon. Der Juli sei schon jetzt der beste Monat seit dem Start. Es ist noch ein Hobby, aber „ich könnte alles so lassen und schon fast davon leben.“ Wenn es weiter so gut läuft, denkt die 37-Jährige wirklich darüber nach, sich aus ihrem sicheren Beamtendasein zu verabschieden. Dann wäre sie selbstständig, wie ihr Mann, mit dessen Ingenieurbüro sich ihr Laden den Keller im Wohnhaus der Familie teilt.

Vorerst will Kristina Schwarz die Elternzeit und die Erträge nutzen, um das Sortiment auszubauen. Für ihre Eigenkreationen hat sie sich gerade eine Zuschnittmaschine gekauft. Abhalte-Overalls und Stulpen, die „Splitpants“ genannten Spezialhosen, Einlagen, Bauchbänder und einen Bezug für ein spezielles Abhaltetöpfchen, damit es nachts auf dem Plastiksitz nicht zu kalt ist – all das hat sie schon selbst entworfen. Eine Näherin hilft bei der Produktion.

Ihr kleiner „Goldjunge“ findet diese Ausstattung richtig gut. Mit sechs Monaten war Erik halbwegs trocken, erzählt Kristina Schwarz. Inzwischen, mit 19 Monaten, passiert nur selten ein Malheur. „Ich kann mit gar nicht mehr vorstellen, wie es anders geht“, sagt sie. Das nächste Kind ist unterwegs – und darf sich auf eine gut vorbereitete Mama freuen.

Im Internet unter:

www.abhala.de

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