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Im Mitteltrakt verfallen Dach und Obergeschoss

© Enrico Bellin

Ehemalige Lungenheilanstalt: Neuer Putz für die Heilstätten in Beelitz

Am Chirurgiegebäude werden Dach und Fassade saniert, auch im Inneren haben die Arbeiten begonnen. Die Häuser sollen aber nicht umgenutzt werden.

Von Enrico Bellin

Beelitz-Heilstätten - Herbstlich karg steht sie da, die alte Chirurgie in den Beelitzer Heilstätten: Wer von der Landesstraße auf sie zuläuft, sieht hinter einem Gerüst die nackten Mauern. Der Putz ist größtenteils abgeschlagen, nur einige Stellen sind erhalten. In ihnen sieht man noch Einschusslöcher, die aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stammen, als die Heilstätten sowjetisches Militärkrankenhaus waren. „In Absprache mit dem Denkmalamt werden diese Zeugen der Geschichte erhalten“, sagt Georg Hoffmann beim Rundgang über das Gelände. Seit zwei Monaten wird dem Geschäftsführer der Heilstätten Projektgesellschaft (HPG) zufolge an dem Haus gearbeitet, welches neben der bewaldeten Ruine das wohl bekannteste Gebäude der ab 1898 errichteten früheren Lungenheilanstalt ist. Das Dach über dem östlichen Teil des Hauses ist bereits erneuert und wieder wasserdicht, zum Großteil konnten die historischen Ziegel wieder verwendet werden.

Auch im Inneren der Chirurgie ist der Putz in den Räumen an der Ostseite schon von den Wänden geschlagen, als nächstes werden die Wasser- und Stromleitungen erneuert. Dort sollen die Büros der HPG, die je zur Hälfte Georg Hoffmann und seiner Frau Beate gehört, entstehen. In einem Raum sollen Besucher ein Modell der Heilstätten sehen können. Details wie Brandschäden über den Türen sollen aber konserviert werden.

Pläne für eine Brauereigaststätte sind gekippt

Entgegen früherer Planungen soll der Großteil der Jugendstilhäuser auf dem Gelände aber nicht umgenutzt werden, sagt Georg Hoffmann. Eigentlich sollte das Küchenhaus zur Brauereigaststätte werden, auch ein Hotel war vorgesehen. Um dafür die Voraussetzungen zu schaffen, hätte man die Bausubstanz dem Geschäftsführer zufolge jedoch so verändern müssen, dass der ursprüngliche Charackter der Häuser verlorengegangen wäre. So wären Brandschutztüren nötig oder Fluchttreppen, die außen an die Häuser gesetzt werden müssten. Auch die Raumaufteilung hätte teilweise verändert werden müssen.

Nun sollen die Häuser so hergerichtet werden, dass sie innen temporär genutzt werden können, etwa für große Firmenveranstaltungen. Auch eine Blumenschau für acht Monate sei in den weitläufigen Räumen möglich, sagt Holger Klementz, der bei der HPG für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Außerdem können wir dann Führungen durch mehr Gebäude anbieten, für die man auch keinen Helm mehr aufsetzen muss“, so Klementz. Das Interesse an den Führungen sei groß, die Aufenthaltsdauer der Besucher auf dem Gelände sei seit 2016 um eine Stunde auf knapp zweieinhalb Stunden gestiegen. Bisher können nur wenige Räume besichtigt werden, es herrscht zudem Helmpflicht. Vom reinen Baumkronenpfad mit ein paar Führungen soll sich das Areal zur „Wandelwelt Beelitz-Heilstätten“ entwickeln, wie Georg Hoffmann sagt. Schließlich sei es das, was die meisten Besucher wollen: Durch die historischen Häuser wandeln.

Zunächst werden ab dem 1. Januar auch die Dächer und Fassaden des Küchenhauses, des Waschhauses und der früheren Frauenklinik saniert. Dafür werden Millionen investiert: Wie berichtet haben Georg und Beate Hoffmann in der vergangenen Woche einen Förderbescheid in Höhe von 1,3 Millionen Euro vom Land bekommen, insgesamt werden 4,3 Millionen Euro in die Dachsanierung und die Erweiterung des Baumwipfelpfades und der Gastronomie ausgegeben. Für den Innenausbau der anderen Häuser sollen dann etwa ab Sommer kommenden Jahres weitere zwölf Millionen Euro investiert werden.

Eine Million Besucher jährlich erwartet

Georg Hoffmann erwartet, dass der Baumkronenpfad in fünf bis sechs Jahren, wenn alles fertig ist, jährlich eine Million Gäste anzieht. Bisher steigen die Besucherzahlen seit der Eröffnung im September 2015 jährlich: Während von der Eröffnung bis zum Juni 2018 eine halbe Million Gäste in 20 Metern Höhe auf einem Stahlgestell über den Bäumen und der Ruine der Heilstätten wanderte, rechnet Georg Hoffmann allein in diesem Jahr mit 260.000 Besuchern. „Und das sind nur die Gäste, die am Eingang bezahlen, keine Kleinkinder oder Jahreskartenbesitzer“, so der Geschäftsführer. Die neuen Angebote in den gesicherten historischen Häusern werden noch deutlich mehr Gäste anziehen, so die Rechnung.

Mehr Abenteuer vor allem für jüngere Besucher soll es ab Pfingsten 2020 geben: Dann soll die Erweiterung des Baumwipfelpfades von derzeit 320 Metern auf etwa das Doppelte fertig sein. Mit dem Bau soll im Dezember begonnen werden, wenn der Park nur noch an den Wochenenden geöffnet ist. Vom bestehenden Turm aus soll die Erweiterung wie berichtet zu den Liegehallen am Eingang und zur Chirurgie führen. Wie der bisherige Pfad wird auch die Erweiterung für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer geeignet, für Adrenalin soll bei Kindern aber ein Netz sorgen, auf dem sie in der Höhe um den festen Steg herum klettern können. Auch soll es ein „Liegenest“ in einer Baumkrone geben, ein Netz aus Seilen, auf das man sich in 20 Metern Höhe legen kann. Auch eine Hängebrücke ist geplant. Mit der Erweiterung sollen auch die Eintrittspreise angehoben werden, die derzeit für Erwachsene elf und für Kinder ab sieben Jahren acht Euro betragen. Die genauen Preise werden noch besprochen, sie sollen aber um die 14 Euro betragen.

Ursprünglich sollte die Erweiterung schon Ende vergangenen Jahres gebaut werden. Allerdings waren die Abstimmungen zwischen den Gesellschaftern teilweise langwierig. An der HPG waren auch die Firma Vollack, die die Pfade baut, sowie der Investor Jürgen Dawo beteiligt. Im Sommer sind Georg und Beate Hoffmann deshalb alleinige Gesellschafter geworden.

Auch mit den zuständigen Behörden sind die Abstimmungen langwieriger als gedacht. So gibt es für ein geplantes neues Restaurant zwischen dem Küchenhaus und dem Waschhaus noch immer keine Genehmigung, der Abstimmungsprozess laufe. Damit größere Besuchergruppen trotzdem gemeinsam in Innenräumen essen können, soll das bestehende Gastronomiegebäude erweitert werden: An den bisherigen Gastraum, der etwa 60 Plätze bietet, soll ein Raum mit knapp 200 Plätzen angebaut werden. Das bisherige Gebäude soll dann eine große Küche fassen. Zwar gibt es auch dafür noch keine Baugenehmigung, alle Unterlagen seien aber eingereicht. Georg Hoffmann zeigt sich optimistisch, dass die Erweiterung genehmigt wird. Auf der Fläche sei schon lange eine Bebauung genehmigt.

Um ungebetene Besucher von den Heilstätten fernzuhalten, wird in den nächsten Wochen auch mit dem Bau eines Zaunes rund um das Areal begonnen. „Der ist notwendig, da uns Wildschweine sonst nachts die Anlagen zerpflügen“, so Georg Hoffmann. Im Bereich an der Landstraße und der Chirurgie sollen schmiedeeiserne Zäune und Tore nach historischem Vorbild aufgestellt werden, im Wald normaler Metallzaun. Allerdings soll das Gelände tagsüber zugänglich bleiben: Nur in der Dunkelheit würden die Tore geschlossen.

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