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Potsdam-Mittelmark: Dörfer müssen nicht an den Abwasserkanal

Mittelgrabenverband befreit Fresdorf, Stücken, Fahlhorst und Tremsdorf vom Anschlusszwang

Michendorf/Nuthetal - Gut 98 Prozent aller Haushalte in Nuthetal und Michendorf sind mittlerweile ans zentrale Abwassernetz abgeschlossen. Fast alle also. Ist es da noch sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar, große Abwasserkanäle auch in die vier entlegensten Ortsteile zu verlegen, um die 100 Prozent zu erreichen? Die Verbandsversammlung hat diese Frage am Dienstagabend mit einem klaren Nein beantwortet.

Im neuen Abwasserbeseitigungskonzept des Zweckverbandes Mittelgraben soll festgeschrieben werden, dass ein Anschluss der kleinen Dörfer Fresdorf, Stücken, Fahlhorst und Tremsdorf ans überörtliche Netz „nicht weiter verfolgt wird“. Ein entsprechender Auftrag an den Betriebsführer wurde einstimmig von der Verbandsversammlung erteilt. Die vier Dörfer sind zwar schon einmal vor Jahren vom Anschlusszwang befreit worden, die damals befristeten Beschlüsse müssten aber erneuert werden, damit sie weiter gelten und Investitionssicherheit für die Einwohner bestehe, wie Antragsteller Werner Wienert bei der Sitzung erklärte.

„Heute ist eine endgültige Abkehr vom Anschlusszwang auch darin begründet, dass mittlerweile dezentrale Lösungen als ökologisch zukunftsfähig und wirtschaftlich sinnvoll nicht nur akzeptiert, sondern sogar befördert werden“, so der Nuthetaler Vertreter der Verbandsversammlung. Abwasser sei Ressource, kein Abfall und es bestünden Technologien und Konzepte zu seiner stofflichen Wiederverwertung. „Mehr noch“, so Wienert: „Alternative dezentrale Wasseraufbereitungstechnologien können zu innovativen Lebensmittelanbaumethoden beitragen.“

Ökologisch geht es bei solchen Diskussionen auch immer wieder darum, geklärtes Wasser in Zeiten des sinkenden Grundwasserspiegels in der Region zu halten, statt es über das Stahnsdorfer Klärwerk und den Teltowkanal in die Nordsee zu schicken.

Mit einem zweiten, von Verbandsvorsteher Reinhard Mirbach eingereichten Beschluss wurde festgelegt, die Abwasserbeseitigungspflicht auf die Grundstückseigentümer zu übertragen. Es sei eine Hilfe zu einer Investitionsentscheidung zum Bau neuer Kleinkläranlagen, sagte Mirbach. Auch der Zusammenschluss von Dorfquartieren für größere Lösungen soll möglich bleiben. In Stücken gebe es einige Straßenzüge, wo darüber nachgedacht wird, die alten Sammelgruben durch gemeinsame Kläranlagen zu ersetzen, wie Verbandsvertreter Jens Schreinicke erklärte.

„In Fresdorf lebt man dezentral bereits sehr gut“, so Schreinicke. Rund 50 Kleinkläranlagen gibt es dort bereits – ohne die aktuellen Beschlüsse der Zweckverbandsversammlung hätte in fünf Jahren der Kanalanschluss ans zentrale Netz angestanden, wie es hieß. Die dezentralen Lösungen wären Vergangenheit gewesen.

Auch für alle anderen Kunden des Zweckverbandes gibt es gute Nachrichten: Die Gebühren für Abwasser werden ab Oktober erheblich sinken, von derzeit 4,17 auf 3,70 Euro pro Kubikmeter. Grund ist unter anderem eine Überdeckung in den vergangenen Jahren. Bei der Grundgebühr von 92 Euro pro Jahr soll es bleiben. Der Trinkwasserpreis soll derweil etwas steigen, von 1,82 auf 1,84 Euro pro Kubikmeter. Auch eine Erhöhung der Grundgebühr von 61 auf 64 Euro pro Jahr ist geplant.

Einen entsprechenden Vorschlag des Verbandsvorstandes hat die Verbandsversammlung am Dienstag erstmals diskutiert. Ein Beschluss über die neuen Gebühren soll im September fallen. Von Nuthetaler Seite wurde einmal mehr Kritik geäußert, weil die Kalkulationen unzulässigerweise dazu genutzt würden, die Finanzausstattung des Verbands zu verbessern. Henry Klix

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