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Qualitätskontrolle. Ab dem 1. August will der Landkreis Potsdam-Mittelmark überprüfen, ob Hunde-Ausbilder ausreichend qualifiziert sind für ihren Job.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Die Lizenz zum Erziehen

Hundetrainer im Kreis brauchen ab sofort eine Genehmigung. Die neue Vorschrift sorgt für Verwirrung

Von Eva Schmid

Michendorf – Die Szene auf dem Michendorfer Hundeplatz erinnert an das Treiben in einer Zirkusmanege. Wie eine Dompteurin steht Annett Bräu zwischen dem Rudel von Hunden. Die Tiere blicken sie an, keines bellt. Brav sitzen sie auf ihren Hinterläufen und warten, dass der Unterricht beginnt. Heute werden Grundlagen geübt: Sitz, Platz, Bleiben und keine auf der Straße herumliegenden Wurstbrötchen fressen. Seit acht Jahren trainiert die Frau aus Ferch Hunde jeder Rasse. Jetzt muss sie darum bangen, ob ihre Qualifikationen ausreichen, um ihr Gewerbe weiterzuführen.

Wie berichtet brauchen Hundetrainer im Potsdamer Umland ab dem 1. August eine Erlaubnis, um eine Hundeschule zu betreiben. Der Landkreis will überprüfen, ob die Ausbilder ausreichend qualifiziert sind für ihren Job. Damit setzt das Landratsamt eine bundesweite Änderung der Tierschutzrichtlinie um. „Ich bin für eine Zertifizierung, das bringt mehr Qualität für die Branche“, sagt die 57-jährige Hundetrainerin. Immer mehr Hundeschulen würden in der Region aufmachen, viele Betreiber hätten aber keinerlei Ausbildung und wenig Erfahrung. „Ihnen muss das Handwerk gelegt werden, denn die Kunden gehen davon aus, dass die Trainer wissen, was sie machen“, sagt Bräu. Die Hunde, die Bräu in Michendorf trainiert und in Ferch in ihrer Hundepension betreut, werden von ihr aufmerksam beobachtet. Man verstehe die Tiere nur, wenn man ihre Körpersprache kenne. „Dafür muss man lange ihr Verhalten studieren und braucht Erfahrung.“

Das Veterinäramt will jetzt umfassend prüfen: Nicht nur theoretisches Wissen, auch der praktische Umgang mit den Tieren müssen die Hundeschulenbetreiber vorweisen. Um nachzuweisen, dass man seinen Job gut kann, müssen Hundetrainer daher Bescheinigungen ihrer Qualifikationen dem Veterinäramt vorlegen. Die Mitarbeiter der Behörde würden dann entscheiden, ob die Sachkunde des Hundetrainers ausreiche oder ob nachgebessert werden muss. Wenn ein Hundetrainer nicht genügend Nachweise vorlegen kann und auch beim Fachgespräch mit dem Veterinäramt nicht punktet, dann muss er eine Sachkundeprüfung machen. Ausgenommen von der Überprüfung sind übrigens Tierärzte. Bei ihnen geht das Veterinäramt von genügend Sachkenntnis aus.

„Das Problem ist, dass die Veterinärämter mit der Aufgabe überfordert sind“, sagt Kerstin Poloni von der Potsdamer Industrie- und Handelskammer. Die Leiterin des Fachbereichs Bildung kennt das Problem der Hundetrainer, an ihrer Kammer werden sie ausgebildet. „Die Veterinärmediziner müssen Gewerbetreibende, also Menschen, prüfen – bisher haben sie sich aber mit Hund, Katze, Schwein und Kuh auseinandergesetzt. Hier steckt die Schwierigkeit.“ Ärgerlich sei, dass es bisher weder ein einheitliches Verfahren noch einheitliche Preise gebe. Poloni habe bereits vom Potsdamer Veterinäramt gehört, dass viele Hundetrainer durch die Sachkundeprüfung geflogen seien. „Die Ansprüche sind hoch.“

Wer genügend Kenntnisse hat, kommt günstig davon: Die Erlaubnis kostet nur 26 Euro. Wer sich auf die Sachkundeprüfung vorbereiten will, kann zwei Tage lang einen Vorbereitungskurs an der Potsdamer IHK machen. Kosten: 520 Euro. „Hier setzen wir aber schon sehr viel Fachwissen voraus.“ Wer nicht genügend Vorkenntnisse für den Vorbereitungskurs hat, muss noch eine Stufe weiter unten ansetzen. „Hundetrainer, die seit vier Jahren ein Gewerbe betreiben, können einen komprimierten Lehrgang machen“, so Poloni. Sie bekommen danach von der IHK ein Zertifikat als Hundeerzieher. Der Kurs kostet bereits 980 Euro. Wer weniger als vier Jahre Berufserfahrung mit eigenem Gewerbe vorweisen kann, muss eine 312-stündige Ausbildung machen. Kosten: fast 4000 Euro. Es gehe auch günstiger, so Poloni. Jedoch sollten Hundetrainer bei den Ausbildern aufpassen, ob sie ausreichend anerkannt sind. „Mit der Einführung der Erlaubnis für Hundetrainer wird sich jetzt ein unheimlicher Bildungsmarkt entwickeln.“

Hundetrainerin Annette Bräu muss eigentlich keine Angst haben, die teure IHK-Zertifizierung zu machen: Drei- bis viermal im Jahr besuche sie eine Hundeakademie, erzählt die Frau mit dem blonden Lockenschopf. Ob ihre bisherigen Anstrengungen ausreichen, weiß sie noch nicht. Das liegt im Ermessen des Prüfers. Aus dem Landratsamt heißt es, dass mit Augenmaß vorgegangen werde. Das reicht Bräu aber nicht, sie will klare Kriterien. Jeder Landkreis, jede Stadt könne nach eigenen Vorgaben die Änderungen im Tierschutzgesetz mit Verordnungen füllen, da von Bundesebene keine einheitlichen Vorgaben gemacht wurden. Unklar ist auch, was mit Hundetrainern passiert, die auf mehreren Plätzen in mehreren Landkreisen oder Städten arbeiten.

Obwohl das Landratsamt auf Nachfrage bestätigte, dass die Hundetrainer im Kreis vorab informiert wurden, ist bei Annett Bräu noch kein Brief angekommen. „Ich habe von anderen Hundetrainern darüber gehört, dass das kommen soll und mich beim Veterinäramt gemeldet.“ Dort habe sie bereits alle ihre Unterlagen zur Prüfung vorgelegt. Eine Reaktion hat sie bisher noch nicht bekommen. Die Gesetzesänderung gilt seit vergangenem Freitag, seit dem Zeitpunkt soll es laut Landratsamt auch Kontrollen geben. Auf dem Trainingsplatz von Annett Bräu kam noch niemand vorbei. Und bis sich das Veterinäramt bei ihr melden wird, hat sie schon längst ihre Hundebande und auch deren Herrchen gut erzogen.

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