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Ob die Obstbäume in diesem Jahr wirklich früher als erwartet erblühen, wird sich zeigen müssen.

© Ralf Hirschberger/dpa

„Die Knospen drücken schon durch“: Experte rechnet mit früher Obstbaumblüte

Gartenbauexperte Joachim Lindicke rechnet mit einer frühen Obstbaumblüte – wegen des milden Winters. Für Lindicke ist die frühe Blüte eine Folge des Klimawandels.

Von Sarah Stoffers

Werder (Havel) - Die Obstbäume in der Region könnten in diesem Jahr erneut früher als üblich erblühen. Davon geht der Gartenbauexperte Joachim Lindicke aus Werder (Havel) aus. Die ersten Knospen fingen bereits an auszutreiben. „Die drücken schon durch“, sagte Lindicke am Donnerstag den PNN. Lindicke geht davon aus, dass die Bäume rund 14 Tage früher blühen werden als in den Vorjahren. Grund für die vermutliche frühe Blüte ist der milde Winter. Im November und Dezember sei es relativ warm gewesen, es gab wenig Frost und Schnee.

Dass die Obstbäume immer früher blühen sei jedoch ein Trend, der sich seit einigen Jahren beobachten lasse, so Lindicke – nicht nur während der beiden vergangenen trockenen, warmen Sommer. Für Lindicke ist die frühe Blüte eine Folge des Klimawandels. Mittlerweile blühten zudem die meisten Arten auf einmal, sagt der Gartenbauexperte – früher hätten die verschiedenen Obstbäume wie Kirschen und Äpfel zu unterschiedlichen Zeitpunkten angefangen zu blühen. „Jetzt erblüht aufgrund der warmen Temperaturen alles schlagartig im gleichen Moment.“

Obstbauern äußern sich zurückhaltend

Deutlich zurückhaltender äußerten sich die Obstbauern der Region zu der Prognose einer früheren Blüte. Eine Voraussage, wann und wie die Blüte beginne, sei noch gar nicht möglich, sagte Obstbauer Stefan Lindicke auf Anfrage den PNN. Die Temperaturen und Niederschläge in den nächsten Wochen und Monaten hätten dabei noch massiven Einfluss. Auch Obstbauer Frank Wache, dessen größere Felder in Groß Kreutz liegen, betonte, dass der Winter schließlich gerade erst begonnen habe. Angesichts der vergangenen Jahre müssten sich die Gärtner aber anpassen. Er gehe davon aus, dass auch in den nächsten Jahren extreme Wetterverhältnisse wie Trockenheit und Stürme problematisch sein werden.

Sonnenscheinrekord in Brandenburg

Im vergangenen Jahr war es extrem trocken und warm. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) wurde in Brandenburg ein neuer Sonnenscheinrekord gebrochen: 121 Stunden schien die Sonne im Februar – und damit so lange wie noch nie in dem Monat seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen 1881. Insgesamt war Brandenburg mit durchschnittlich 11,1 Grad das zweitwärmste, mit weniger als 495 Litern Niederschlag pro Quadratmeter das zweittrockenste und mit rund 1945 Sonnenstunden das zweitsonnenscheinreichste Bundesland in Deutschland. Nur in Berlin war es mit durchschnittlich 11,7 Grad noch wärmer. 

Auch der Juni 2019 brachte in Brandenburg einen neuen Rekord. Mit durchschnittlich rund 22 Grad war es in dem Monat niemals seit der ersten Temperaturaufzeichnung wärmer und mit 352 Sonnenstunden nie sonniger. Das hatte auch Auswirkungen auf die Obstbauern in der Region: So hatte der Landkreis Potsdam-Mittelmark im August wegen Niedrigwasser ein Verbot für die Wasserentnahme aus Flüssen und Seen ausgesprochen. Damit die Werderaner Obstbauern ihre Plantagen auf der Glindower Platte und dem Kammeroder Obstplan dennoch bewässern konnten, musste die Stadtverwaltung eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Die Stadt betreibt das Brauchwasserwerk, mit dem Wasser aus dem Glindower See auf die Plantagen gepumpt wird.

Eisige Temperaturen schädigten Bäume

Doch nicht nur die Hitze machte den Bauern zu schaffen: Anfang Mai hatte es noch einmal eisige Temperaturen gegeben. Bereits blühende Obstbäume und Früchte wurden dadurch beschädigt. Auch Obstbauern in Potsdam-Mittelmark waren betroffen. So waren etwa Erdbeeren erfroren. Auch bei anderem Obst, wie den frühen Kirschsorten und den Apfelsorten, gab es Ernteausfälle. Die Havelfrucht GmbH verbuchte bei den Äpfeln einen Ausfall von 40 Prozent, sagte Geschäftsführer Thomas Giese. Die Havelfrucht GmbH baut auf 150 Hektar Obst an und ist in der Region der größte Anbaubetrieb für Äpfel. 

Künftig will Giese eine Frostschutzberegnungsanlage anschaffen. Doch die sei teuer. Die Blüten werden dabei mit feinen Wassertröpfchen besprüht. Beim Gefrieren wird dann Wärme freigesetzt, die die Blüten vor Frostschäden bewahrt. Doch auch gegen Hitze müsse der Betrieb gewappnet sein: Die Plantagen werden mit Tröpfchenbewässerung versorgt. Zudem sei das Unternehmen breit aufgestellt und baue nicht nur verschiedenste Obst- und Gemüsesorten an, sondern vertreibe auch Produkte anderer Obst- und Gemüsebauern der Region an Großhandel und Gastronomie und biete darüber hinaus landwirtschaftliche Dienstleistungen wie etwa Lagermöglichkeiten oder die Bananenreiferei an.

Auch Obstbauer Frank Wache aus Groß Kreutz hatte durch den späten Frost Ausfälle zu beklagen – die frühen Kirschsorten erfroren komplett. Er setzt auf eine offene Bodenhaltung und ausreichende Bewässerung. Dadurch sei es rund zwei Grad wärmer als auf einem Grasboden. Die Blüten werden bei kalten Temperaturen mit einem Gebläse vom Frost befreit – und bei Frost sogar mit Feuertonnen mit der nötigen Wärme versorgt.

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