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Zweiseitig. Rainer Ehrt lässt Friedrich den Großen vorne zum Sieg schwören, hinten kreuzt er die Finger. Die Skulptur steht nun in der brandenburgischen Landesvertretung. 

©  Fischer

Potsdam-Mittelmark: Die Kettensäge für Friedrichs Widersprüche

Kleinmachnower Künstler Rainer Ehrt übergibt der Brandenburgischen Landesvertretung eine Skulptur des Preußenkönigs

Vorne schwört er, hinten kreuzt er: Eine hölzerne Skulptur, die den Widerspruch der Person Friedrichs des Großen darstellen soll, grüßt künftig Besucher der Brandenburger Landesvertretung in Berlin. Die Vertretung hat die Friedrich-Skulptur von dem Kleinmachnower Künstler Rainer Ehrt gekauft. Am gestrigen Donnerstag wurde das Kunstwerk feierlich in Berlin eingeweiht.

„Er nimmt die Victory-Geste hinter dem Rücken wieder zurück“, erklärte Ehrt. „Ich wollte seine, aber auch Preußens Doppelsichtigkeit darstellen.“ Eigentlich ist Rainer Ehrt Maler und Grafiker. Auf einer Italienreise im Jahr 1993 sei er erstmals mit der bildhauerischen Kunst in Berührung gekommen, sagte er. In weiser Vorausahnung hatte er zu Beginn der 1990er-Jahre einen Holzstamm zum Trocknen gelegt – 2011, gut zehn Jahre später, wurde daraus das Abbild Friedrichs des Großen. „Der Stamm musste erst mal so lange trocknen, bis man ihn bearbeiten konnte“, erklärt der 57 Jahre alte Künstler. Dann konnte er mit der Arbeit an der gut 200 Kilogramm schweren Friedrich-Skulptur beginnen. Es sei für ihn als Zeichner eine Herausforderung gewesen, sich künstlerisch in die dritte Dimension zu begeben. Die Widersprüchlichkeit des Preußenkönigs habe er beispielsweise durch das Kalken mit verschiedenen Farben herausstellen wollen. „Eigentlich ist eine hölzerne Figur eher steif, ich habe mich deshalb bemüht, ihn so dynamisch wie möglich zu gestalten“, erklärte Ehrt. Deshalb habe er seiner Figur auch mehrere Schnitte mit einer Kettensäge verpasst.

Das doppelgesichtige Preußen habe ihn schon immer fasziniert. So seien Friedrichs Kulturleistungen für das Land ganz anders zu bewerten als der gleichzeitig vorangebrachte militärische Staatsaufbau. Zudem haben wenige preußische Herrscher „einen Sinn für Ironie“ gehabt, sagte Ehrt gestern. Ein gutes halbes Jahr habe er an dem Friedrich gearbeitet.

Erstmals war die Skulptur im Jahre 2012 zu sehen: Anlässlich einer Buchvorstellung und Ausstellung im Friedrich-Jahr stand sie in der Landesvertretung. „Die Skulptur hat uns so gut gefallen, dass wir sie behalten wollen“, sagte Staatssekretär Martin Gorholt bei der Vorstellung. „Friedrich wirbt von nun an als Skulptur schelmisch grüßend und ohne bitteren Ernst für ein facettenreiches und liebenswertes Land.“ Die Skulptur eigne sich sehr gut, um Besuchern, die sich ja eigentlich in Berlin befinden, ein Stück Brandenburg zu zeigen. Gorholt zeigte sich erfreut über den prominenten Zuwachs in seinem Hause. Friedrich der Große habe Brandenburg geprägt, er stehe für Aufklärung und Toleranz.

Der aus Elbingerode im Harz stammende Rainer Ehrt studierte an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle und gilt als einer der renommiertesten Künstler der Region. Für seine Werke gewann er zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Er veröffentlichte unter anderem in der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Zumeist zeichnet der Kleinmachnower auf verschiedenen Papierarten. Außerdem hat er eine Reihe von Kunstbüchern veröffentlicht. Skulpturen wie die von Friedrich dem Großen sind bei ihm eher eine Ausnahme. Weniger selten ist für den Künstler die Auseinandersetzung mit historischen Persönlichkeiten. So hatte sich Ehrt für das Reformationsjahr in farbigen Bildern an das Widersprüchliche Martin Luthers gewagt, zurzeit beschäftigt er sich mit Karl Marx.

Rainer Ehrt lebt und arbeitet mit seiner Frau, die Holzkünstlerin ist, seit Mitte der 1980er-Jahre in Kleinmachnow. Auch den Sockel, auf dem der widersprüchliche Friedrich steht, hat er in Kleinmachnow anfertigen lassen: Beim Schlossermeister Hans-Michael Gundmann. „Der macht mir immer meine Sockel“, sagt Ehrt – auch Friedrich der Große darf nun auf einer aus Kleinmachnow stammenden Halterung stehen und Besucher begrüßen.Anne-Kathrin Fischer

Anne-Kathrin Fischer

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