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Gelernte Geschichte. „Eine Mauer ist niemals eine Lösung.“ Französische Jugendliche haben das Mauerstück aus der Partnerstadt Teltow mit dazugehörigem Schild gestaltet.

© Stadt Teltow

Deutscher Städte- und Gemeindebund in Teltow: 500 Millionen für den Austausch

Deutscher Städte- und Gemeindebund fordert mehr Geld für Partnerschaften und Flüchtlingsunterbringung.

Von Enrico Bellin

Teltow - Mehr Geld für ein besseres Image: In der Europäischen Union solle künftig ein Euro pro Einwohner und Jahr für Partnerschaftsprojekte ausgeben werden. Auf diese Forderung hat sich der Europaausschuss des Deutschen Städte- und Gemeindebundes bei seiner Sitzung am Montag und Dienstag im Teltower Pentahotel geeinigt. „Städtepartnerschaften sind nötig, um Europa von der Wurzel her zu tragen“, sagt der Ausschussvorsitzende Harry Brunnet den PNN. Besonders nach dem Votum Großbritanniens für den Austritt aus der EU sei diese Arbeit nötiger denn je. Derzeit gebe die EU 14 Millionen Euro jährlich für den Austausch aus, nach der Forderung des Ausschusses wären 500 Millionen nötig. Auch bei der Flüchtlingspolitik Europas sieht der Ausschuss Handlungsbedarf.

Der Europaausschuss besteht aus 25 Mitgliedern, die von den Landesverbänden des Gemeindebundes delegiert werden. Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) ist Brandenburgs Vertreter. „Wir geben in Teltow schon jetzt etwa 60 Cent pro Einwohner für unsere Städtepartnerschaften aus“, so Schmidt. „Für den generationenübergreifenden Austausch ist schlichtweg Geld nötig.“ Besonders in einer Zeit, in der europafeindliche Parteien Wahlen gewinnen können, müssten die Menschen vom Nutzen der Union überzeugt werden. Als positives Beispiel nannte Schmidt die Partnerschaft mit der französischen Stadt Gonfreville: Im September wurde dort eines der Teltower Mauerstücke im Nelson-Mandela-Park aufgestellt, französische Jugendliche hatten es zuvor gestaltet. „Dadurch beschäftigen sich die Jugendlichen auch mit der Geschichte der europäischen Partner“, so der Bürgermeister. Beim letzten Besuch hat er wie berichtet auch Kontakt zu einer Genossenschaft hergestellt, die Tee verarbeitet. Den will er nun in Teltow bekannt machen. So könnten auch Wirtschaftsprojekte entstehen, so dass sich Städtepartnerschaften auch oft für ärmere Kommunen auszahlen würden.

Besonders der Schüleraustausch müsse laut Brunnet gestärkt werden, damit die Jugend die Vorzüge Europas kennenlernen kann. Für Studenten gebe es das erfolgreiche Austauschprogramm Erasmus, das könne man als Vorbild nehmen. Über den Städte- und Gemeindebund bringe der Ausschuss die Forderungen in alle Kommunen sowie in das Europaparlament und die EU-Kommission.

Dort habe man – Stichwort Veto der Wallonie und der Region Brüssel – auch die Bedenken der Kommunen zu den Handelsabkommen CETA und TTIP mit Kanada und den USA vorgetragen. „Uns haben unzählige Resolutionen dazu erreicht“, so Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Auch aus der Region kamen viele Resolutionen, etwa aus Kleinmachnow oder Werder (Havel), so vom Kreistag Potsdam-Mittelmark. Eine der geäußerten Befürchtungen war unter anderem, dass kommunale Wasserbetriebe privatisiert werden müssten. Mitglieder des Städte- und Gemeindebundes hätten daraufhin in die Vertragsentwürfe schauen können und keine Anhaltspunkte für Privatisierungen gefunden.

Handlungsbedarf sehen die Ausschussmitglieder auch bei der Integration von Flüchtlingen. „Wir erwarten, dass sich alle Mitgliedsstaaten zur Flüchtlingsaufnahme bekennen“, so der Vorsitzende des Europaausschusses. Allerdings stellt er auch klare Anforderungen an die brandenburgische Landesregierung: Derzeit würden nur etwa 20 Prozent der Mittel aus dem zwei Milliarden Euro schweren Integrationspaket des Bundes an die Kommunen weitergereicht, der Rest bleibe beim Land. „Die Kommunen werden bei der Integration im Regen stehen gelassen“, so Harry Brunnet.

Wie berichtet gibt es im Landkreis vor allem das Problem, dass mehr als 500 anerkannte Flüchtlinge mit Anrecht auf eine normale Wohnung noch in Gemeinschaftsunterkünften leben müssen. Der Städte- und Gemeindebund plädiere jedoch dafür, einen „Spagat zwischen Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen“ zu machen. So wäre es etwa für alleinstehende Flüchtlinge, die noch Integrationskurse besuchen müssen, sinnvoll, wenn sie in den Gemeinschaftsunterkünften wohnen bleiben könnten und diese für dauerhaftes Wohnen umgebaut würden. Laut der Kreisverwaltung in Bad Belzig ist das jedoch nicht bei allen Unterkünften problemlos möglich. Teltows Bürgermeister Schmidt zufolge besteht einer der Wohnblöcke in der Potsdamer Straße aber aus Wohnungen und kann entsprechend umgenutzt werden.

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