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Daten verschicken wie in den 90ern: Internet in Michendorf noch immer langsam

Michendorf wartet weiter auf schnelles Internet – die Firma DNS-Net wollte bis Ende 2017 fertig sein.

Michendorf - Wenn der Fotograf und Filmproduzent Andreas Friese Daten an seine Berliner Kunden verschicken möchte, zieht er sie auf einen USB-Stick und schickt einen Kurier damit los. Denn das geht schneller als über die Internetverbindung, die er in seinem Michendorfer Büro zur Verfügung hat. „Ich arbeite im Grunde wie in den 90er Jahren“, sagt der Unternehmer.

Bisher haben nur Teile der Gemeinde per Glasfaserkabel Zugang zum Breitbandinternet: Stücken, Fresdorf und Teile Wildenbruchs wurden ab 2010 von der Telekom erschlossen, nachdem Michendorf Landesfördermittel in Höhe von 106 000 Euro für den Breitbandausbau erhalten hatte. Die Firma DNS-Net aus Berlin arbeitet derzeit ohne Fördermittel am Ausbau in den übrigen Ortsteilen. Doch es hapert: Langerwisch, Michendorf und Wilhelmshorst seien nach wie vor vom schnellen Internet abgeschnitten, sagt Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU): „Das sind genau die Ortsteile, in denen sich die meisten Unternehmen befinden.“

Bei einer Bürgerversammlung im September 2017 kündigten Geschäftsführer und Bauleiter von DNS-Net an, dass der Ausbau bis Ende 2017 abgeschlossen sein werde – so zumindest verstanden es sowohl der Bürgermeister als auch die anwesenden Bürger.

„Die haben sich als mittelständische Firma einfach mit dieser Aufgabe übernommen"

Von einer solchen Aussage jedoch will DNS-Net nichts wissen: „Es wurde keine definitive zeitliche Zusage zum Ausbauende vorgenommen und versprochen, sondern es handelte sich um eine Zielgröße“, erklärt Pressesprecherin Claudia Burkhardt auf Anfrage der PNN. Die DNS-Net sei „von gesetzlichen Auflagen und nicht unerheblich von den Kapazitäten der Tiefbaufirmen“ abhängig. Auch habe die Baustelle an der B2 den Zeitplan verzögert. Ein erster Bauabschnitt mit 1000 Anschlüssen sei bereits fertig, ein zweiter in Langerwisch werde im zweiten Quartal 2018 abgeschlossen sein, so Burkhardt weiter. Ende Februar werde die Firma einen detaillierten Zwischenstand der Bauarbeiten veröffentlichen.

Bürgermeister Mirbach bleibt skeptisch – zu lange wartet er schon. „Die haben sich als mittelständische Firma einfach mit dieser Aufgabe übernommen.“ Der gleichen Ansicht ist auch Christoph Abraham, Geschäftsführer der Michendorfer Druckfirma Bird Shirt. „Bei der Bürgerversammlung konnte der Bauleiter auf Nachfrage nicht mal sagen, wo in der kommenden Woche die Bauarbeiten beginnen sollten“, so Abraham. Als Vorstandsmitglied des Freien Unternehmernetzwerks Michendorf höre er täglich Beschwerden ortsansässiger Firmeninhaber. Jenen, die planen, sich als Unternehmer neu in Michendorf niederzulassen, könne er derzeit eigentlich nur davon abraten, sagt Abraham.

Kummerkasten ohne Zuständigkeit

Zum Kummerkasten für die Michendorfer ist auch Karsten Gericke, der Breitbandbeauftragte des Landkreises, geworden. Gericke stand bei der Bürgerversammlung im September gemeinsam mit den Vertretern der DNS-Net für Bürgerfragen auf dem Podium. Seitdem erhält er immer wieder Anrufe von Bürgern, die sich beklagen, dass sie nach wie vor nur im Schneckentempo durchs Netz surfen könnten. „Das Problem ist: Ich würde gern was tun, kann es aber nicht“, sagt Gericke. „Zuständig ist nämlich die Bundesnetzagentur.“ Die dortige Beschwerde-Hotline jedoch schienen die wenigsten zu kennen – denn es habe ja auch noch nie ein Vertreter der Bundesnetzagentur eine Michendorfer Bürgerversammlung besucht.

Ein Sprecher der Bundesnetzagentur erklärt auf Nachfrage dieser Zeitung, es habe in den vergangenen Monaten keinen außergewöhnlichen Anstieg von Bürgerbeschwerden aus Michendorf gegeben. Die Bundesnetzagentur sei außerdem für die Beaufsichtigung des Breitbandausbaus nur indirekt zuständig. Unternehmen, die sich ohne Förderung, also auf eigenes wirtschaftliches Risiko, zum Breitbandausbau in einem noch nicht erschlossenen Gebiet entscheiden, können sich von der Bundesnetzagentur in eine Liste eintragen lassen. Dadurch erhalten sie für zwölf Monate eine Garantie, dass in dieser Zeit keine andere Firma mit der Planung des Breitbandausbaus im selben Gebiet beginnen darf.

Ist die Firma zwölf Monate nach dem Listeneintrag nicht mit der Arbeit fertig, kann ihre Frist bei guter Begründung verlängert werden. Überschreitet sie die Frist jedoch zu lange, wird sie von der Liste genommen. „Davon hätte dann allerdings auch kein Michendorfer etwas“, so ein Sprecher der Bundesnetzagentur. „Es müsste sich dann schließlich eine andere Firma um den Breitbandausbau kümmern.“ Gerade in ländlichen Gebieten mit kleinem potenziellen Kundenkreis sei das Interesse der meisten Kommunikationsfirmen allerdings nicht besonders groß. Für Michendorf heißt das: weiter warten.

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