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Das Corona-Eingangszelt in Treuenbrietzen. 

© Ina Tessnow

Corona-Krise: So reagiert der Landkreis Potsdam-Mittelmark

Der Landkreis rät dazu, Veranstaltungen ab 100 Personen abzusagen. In den Kliniken ist die Situation noch ruhig. Bustüren sollen ab jetzt von alleine aufgehen. Außerdem gibt es einen dritten Corona-Fall.

Von Eva Schmid

Potsdam-Mittelmark - Nachdem am Mittwoch im Landkreis Potsdam-Mittelmark die ersten zwei Corona-Fälle in Seddiner See bekanntgeworden sind, ist am Donnerstag ein weiterer Fall dazugekommen. Dabei soll es sich um einen Mann aus Michendorf handeln, der sich jedoch aktuell in Berlin-Mitte, an seinem Nebenwohnsitz, aufhält. Das Gesundheitsamt des Kreises wurde von den Berliner Behörden am Donnerstag darüber informiert. Derzeit gibt es im Kreis rund 100 Verdachtsfälle, davon sind 20 in angeordneter Quarantäne, 76 Personen in freiwilliger Isolation. Zudem kam am gestrigen Donnerstag zum ersten Mal der Corona-Krisenstab der Kreisverwaltung zusammen. Die PNN geben einen Überblick zu den wichtigsten Fragen und Ereignissen.

Was hat der Corona-Krisenstab beraten?

Die Kreisverwaltung positionierte sich am Donnerstag und ging über die Anweisungen des Landes deutlich hinaus: „Wir raten dazu, Veranstaltungen mit über 100 Personen nicht mehr durchzuführen“, so Kreissprecherin Andrea Metzler. Der Ratschlag sei aus Sicht der Amtsärztin angebracht und basiere auf den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Zudem wurde am Donnerstag durch den Krisenstab auch der Pandemieplan auf die aktuelle Situation angepasst. Im Krisenstab vertreten sind Vizelandrat Christian Stein (CDU), die Amtsärztin Karen Brinkmann sowie Mitarbeiter aus der Rechtsabteilung, der IT und der Pressestelle. Besprochen wurde auch, wie die Verwaltung weiterhin arbeitsfähig bleibe. Da die Situation derzeit überschaubar sei, so die Kreissprecherin, werde der Krisenstab voraussichtlich am Montag wieder zusammenkommen. Am heutigen Freitag werden sich alle mittelmärkischen Bürgermeister und Amtsdirektoren mit der Kreisverwaltung treffen, um gemeinsam zu dem Umgang mit der Coronakrise zu beraten.

Wie ist die Situation in Seddiner See?

In der Gemeinde sind derzeit sechs Personen isoliert Zuhause. Es handelt sich dabei um zwei Familien, von denen zwei Männer positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Sie waren zuvor im Skiurlaub in Österreich und sollen nur wenige Symptome gezeigt haben. Der Bürgermeister der Gemeinde, Axel Zinke (parteilos), sagte den PNN, dass es am Donnerstag, nach Bekanntwerden der Fälle, „keine panische Situation“ im Ort gegeben habe. Zinke betonte, dass „überhaupt keine weitere Gefahr besteht“. Die Gemeinde werde keine Einrichtungen wie Schulen oder Kitas schließen, jedoch die Lage genau beobachten. „Wir werden aber viele Dinge eindämmen“, so Zinke weiter. So sei am Donnerstag von der Gemeindeverwaltung beschlossen worden, dass Veranstaltungen für das gesamte Jahr abgesagt werden, unter anderem das Fischerfest. „Ich gehe davon aus, dass sich die Lage in den nächsten Monaten nicht verbessern wird“, so Zinke.

Wie reagieren die Nachbargemeinden?

Seddiner See ist eng mit Beelitz und Michendorf verbunden, vor allem Kinder und Jugendliche aus Seddiner See besuchen in den Nachbargemeinden Kitas und Schulen. Die Beelitzer Verwaltung arbeitet zudem eng mit der in Seddiner See zusammen. Angelegenheiten des Einwohnermelde- und des Standesamtes werden für die Einwohner von Seddiner See im Beelitzer Rathaus miterledigt. Daher habe man sich zu weitreichende Konsequenzen entschlossen. 

Beelitz ist damit eine der ersten Städte in Brandenburg, die eigenständig derartige Maßnahmen erlassen hat. Das zögerliche Agieren auf Bundes- und Landesebene sei in Anbetracht der Lage fatal, so der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth (Unabhängiges Kommunalbündnis). „Ich würde mir klare Handlungsempfehlungen und konkrete Entscheidungen wünschen. Da sich dazu scheinbar niemand in der Lage sieht, übernehmen wir jetzt Verantwortung.“

So wurden die politische Gremien der Stadt sowie eigene Veranstaltungen bis Mitte April abgesagt, Osterfeuer verboten (siehe Meldung rechts). Sollte sich die Zahl der Infektionen erhöhen, will Beelitz auch die Nutzung von Turnhallen für außerschulische Veranstaltungen sowie von Sportplätzen und Dorfgemeinschaftshäusern untersagen. „In einigen Bereichen sind das sehr einschneidende Maßnahmen, aber letztendlich gibt es nichts Wichtigeres, als die Gesundheit unserer Einwohner“, so Knuth.

Michendorf hingegen reagiert verhaltener: Zwar wurden auch dort Osterfeuer und weitere Veranstaltung abgesagt. Ausgeschlossen wurde am Donnerstag auch nicht, dass die politischen Gremien vorerst nicht mehr tagen. Entscheiden wolle man das aber erst nach dem heutige Treffen der Kreisverwaltung mit den Bürgermeistern und Amtsdirektoren, so Gemeindesprecherin Steffi Amelung.

Wie ist die Situation in den Kliniken?

In den mittelmärkischen Krankenhäusern ist die Lage zur Zeit noch ruhig. Rund 35 Isolierbetten soll es nach Informationen der Kreisverwaltung in den Krankenhäusern in Bad Belzig, Treuenbrietzen, Kloster Lehnin und auch in Brandenburg/Havel für mittelmärkische Patienten geben. Die Zahl ist jedoch variabel und kann bei Bedarf erhöht werden. Zudem werden Mittelmärker bei Bedarf auch im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum betreut. In Treuenbrietzen wurden bisher fünf ambulante und ein stationärer Corona-Abstrich genommen, so Krankenhaussprecherin Ina Tessnow. Allerdings würden sich „aufgeregte Anrufe aller Art“ häufen. In Treuenbrietzen ist zudem für Verdachtsfälle ein eigenes Corona-Zelt aufgebaut worden, um die Patienten schon am Eingang zu separieren. Für das Ernst-von-Bergmann Klinikum in Bad Belzig sagte Sprecherin Damaris Hunsmann: „Zurzeit besteht kein akuter Handlungsbedarf und kein Grund zur Sorge.“ Man sei gut vorbereitet. Auch sie berichtet von vielen Anrufern. Am Donnerstag kündigte der Corona-Krisenstab der Kreisverwaltung zudem an, dass neben Treuenbrietzen künftig auch in Teltow und einem weiteren, noch nicht bekannten Ort Coronatests durchgeführt werden sollen.

Wird das Blütenfest nun abgesagt?

In Werder (Havel) will man sich nach wie vor erst am Freitag öffentlich zu einer Entscheidung äußern, hieß es am Donnerstagnachmittag in der Stadtverwaltung auf Anfrage. Wie berichtet halten die Obstbauern bisher daran fest, ihre Gärten auch bei einer offiziellen Absage für Besucher zu öffnen.

Was ändert sich im Nahverkehr?

In den Regiobussen werden auch weiterhin – anders als in Berlin – die Türen vorn beim Fahrer aufgehen. Das sagte Regiobus-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennig den PNN auf Anfrage. Bei einem Gespräch mit dem mittelmärkischen Gesundheitsamt am Donnerstag sei diese Bitte von Regiobus sorgfältig abgewogen worden. Da viele Busse nur über zwei Türen verfügen würden, so Hennig, müssten bei geschlossener Fahrertür alle Fahrgäste durch eine Tür ein- und aussteigen, was wiederum die Ansteckungsgefahr erhöhen würde. Die Busse sollen ab jetzt jedoch besser durchlüftet werden, an allen Haltestellen alle Türen von alleine aufgehen. „Das hat den Vorteil, dass kein Fahrgast mehr auf den Halteknopf drücken muss“, so Hennig. Zudem sollen die Regiobusfahrer mit Handschuhen ausgestattet werden, um sich nicht durch die Annahme von Bargeld zu infizieren.

Regiobuschef Hennig schloss gegenüber den PNN nicht aus, dass bei einer Ausweitung des Coronavirus auch Fahrten ausfallen können. Rund 300 Fahrer hat das kreiseigene Unternehmen derzeit angestellt. „Eine gewisse Zusatzreserve für den Notfall haben wir mit Mitarbeitern aus Werkstatt und Verwaltung. Aber alles zusammen hat Grenzen.“ Ob Fahrten ausfallen könnten, hänge aber auch davon ab, ob im Zuge weiterer Veränderungen die öffentliche Personenbeförderung generell so wie bisher durchgeführt werde. Diese Entscheidung liege laut Hennig dann aber auf staatlicher Ebene und nicht bei Regiobus. Das Unternehmen stehe derzeit zwecks Notfallplan in engem Kontakt mit dem Landkreis. Regiobus befördert täglich rund 35 000 Fahrgäste. „Ansonsten werden wie auch in Nicht-Corona-Zeiten unsere Busse täglich gründlich gereinigt“, betonte der Geschäftsführer. Dazu würden „natürlich auch die Haltestangen“ gehören.

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