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Im Bau. Eines der ältesten Obstbauerngehöfte Werders wird saniert.

© Eva Schmid

Bürgerservice in Werder (Havel): Im Wohnzimmer der Obstzüchter

Ins Lindowsche Haus in Werder (Havel) sollen Besucherzentrum und Bürgerservice ziehen. Jetzt wurde Richtfest gefeiert.

Von Eva Schmid

Werder (Havel) - Wer einen Reisepass beantragen will, der muss in den Schweinestall. Wer wissen will, was Werder zu bieten hat, ins Wohnzimmer der Obstzüchter: Der Um- und Ausbau eines der ältesten Obstbauerngehöfte Werders ist in vollem Gange. Am gestrigen Freitag ist Richtfest auf dem Plantagenplatz gefeiert worden. In das Lindowsche Haus sollen ein neues Besucherzentrum und der Bürgerservice der Stadt einziehen.

Rötliche Stalltüren liegen auf der Baustelle herum, an einem hölzernen Treppenaufgang blättert der Lack ab, ein alter Herd ist mit einer Folie überdeckt. Es sind Relikte aus einer vergessenen Zeit, einer Zeit, die Werder zu dem machte, was es heute ist. Einer Stadt, die für ihren Obst- und Gemüseanbau bekannt ist.

Eine, die sich mit der Geschichte Werders und seinen Häusern auskennt, ist die Denkmalpflegerin Jorinde Bugenhagen. Zusammen mit Potsdamer Architekten leitet sie die Sanierung des alten Vierseitenhofes am Fuße des Galgenbergs. Und ist erstaunt, was alles von damals erhalten werden konnte: „Es gibt hier so viele schöne Details“, schwärmt Bugenhagen. Die spätbarocken Fenster, der Holzgiebel an der Hausfront, die Fensterläden sowie die charakteristischen geblichen Ziegel aus der Glindower Ziegelei.

Die ersten Bewohner waren nicht wohlhabend - gebaut wurde es 1839 

Das Besondere an diesem Gehöft sei seine Schlichtheit, sagte Bugenhagen. Die Obstzüchter, die dort wohnten, waren noch nicht so wohlhabend wie die Generationen nach ihnen, die Häuser mit prächtigen Stuckfassaden in der Potsdamer Straße und der Eisenbahnstraße erbauten. Das Lindowsche Haus wird auf 1839 datiert. Erst gegen Mitte, Ende des 19. Jahrhundert blühte Werder richtig auf, sagt Bugenhagen. Da sei die Stadt voller Fruchtpressen und Schornsteine gewesen.

Einer der Bewohner des Gehöfts war Obstzüchter Friedrich Lindow, dem das Haus von 1902 bis 1937 gehörte. Laut Bugenhagen lebten im Lindowschen Haus immer mehrere Obstzüchterfamilien – auf engstem Raum, die Tiere im dahinter gelegenen Stall. Direkt hinter dem Hof befinden sich noch heute die für Werder typischen Schuffelgärten. Dort wurde das Gemüse und Obst angebaut, verkauft wurde es auf dem Markt und an einer kleinen Verkaufsstelle auf dem Gelände zum Plantagenplatz hin. Das sei ein bisschen so wie heute gewesen, wenn auf den Dörfern an kleinen Verkaufsständen die Ernte aus dem eigenen Garten angeboten werde, sagt die Denkmalpflegerin.

Ab Herbst nächsten Jahres soll in den alten Ställen der Bürgerservice seine Arbeit aufnehmen. Bereits im Frühjahr 2019 soll das neue Besucherzentrum im Haupthaus fertig sein, der Zuwachs an Touristen mache eine Vergrößerung des Angebotes nötig. Die Sanierung des Lindowschen Hauses kostet die Stadt mehr als 2,5 Millionen Euro. Rund 80 Prozent werden vom Land gefördert.

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