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Wahlkampf seit April. Bürgermeisterkandidat Michael Holstein, der mit seiner Familie in Schäpe lebt, musste sich in Schwielowsee erst bekanntmachen. Er ging von Haustür zu Haustür und stellte sich persönlich vor, das kam bei vielen sehr gut an, erzählt er. Foto: Martin Müller

© Martin Müller

Bürgermeisterwahl in Schwielowsee: Der Zusammenbringer

Michael Holstein (SPD) will die Gemeinschaft in Schwielowsee stärken und kandidiert als Bürgermeister.

Von Eva Schmid

Am 30. September wählen die Bürger in Schwielowsee ihren neuen Bürgermeister. Zwei Kandidaten stehen zur Wahl, die PNN stellen beide vor. Heute: Michael Holstein.

Es war ein Ratschlag seines besten Freundes, der ihn in die Kommunalpolitik brachte. Das war im Sommer 2015. Als Schäpe über Nacht von 150 auf 230 Einwohner wuchs. „Die 80 jungen Syrer hatten nichts“, erinnert sich Michael Holstein. Sie kamen zunächst in den Unterkünften der Erntehelfer auf dem Spargelhof in Schäpe unter. Der nächste Supermarkt in sieben Kilometern Entfernung, „klar, dass man da hilft“, sagt Holstein. Kurze Zeit später gründete er den Verein Schäpe hilft. Soziale Gerechtigkeit sei ein Grundwert, der für ihn zähle. Wenn du etwas verändern willst, dann musst du in die Politik, hatte der Freund damals geraten. Holstein trat noch 2015 der SPD bei.

Eine Email wird zu Holsteins großer Chance

Anfang dieses Jahres kam eine E-Mail, die vieles veränderte: Die Landesgeschäftsstelle der SPD suchte nach einem Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Schwielowsee. Der Zusatz war entscheidend: Er sollte aus den Nachbarkommunen kommen. Der 57-jährige Familienvater wusste, das ist der Moment, von dem sein Freund sprach. Er bewarb sich und wurde zum Kandidaten gekürt. Warum die Genossen in Schwielowsee niemanden aus ihren eigenen Reihen ins Rennen schickte, interessiert Holstein nicht so sehr. Da habe er nicht weiter nachgefragt, gibt er zu. Das Alter, die Erfahrung des Kandidaten müssten stimmen, auch beruflich müsse es passen – gar nicht so einfach, mit diesen Anforderungen jemand Passendes zu finden.

Für Holstein passte es. Hochgewachsen, graumelierte Haare, grauer Spitzbart, fester Händedruck. Seit mehr als 20 Jahren lebt er in der Region, wie er betont. Erst fünf Jahre auf Werders Insel, seit 2005 in Schäpe. Geboren wurde er in Frankfurt am Main, dort machte er eine Ausbildung als Feinmechaniker. 1983 kam er nach Westberlin. Handwerker wie er wurden damals händeringend gesucht. 1989 fing er beim Pharmaunternehmen Schering, das mittlerweile dem Bayerkonzern gehört, als Mechaniker an. Arbeitete sich hoch vom Konstrukteur zum Fachbauleiter und gehört heute – nach bald 30 Jahren im Betrieb – einer Stabstelle an, die sich um die Themen Arbeitsschutz, -sicherheit und Umweltschutz kümmert.

Erst Karriere im Pharmabetrieb gemacht, jetzt eine neue Herausforderung

Täglich pendelt er von Schäpe nach Berlin-Wedding, seine Frau sitzt im Auto oft neben ihm. Auch sie arbeitet bei Bayer. Sie haben zwei Kinder im Alter von neun und zwölf Jahren. Holstein, aus einer Arbeiterfamilie stammend, hat die Karriereleiter erklommen – und ist ziemlich weit oben angekommen. Eigentlich hat er sein Ziel erreicht, er könnte sich mehr Zeit für seine Familie, für Touren auf seinem Motorrad, für Kochabende mit Freunden nehmen. Doch ihn reizt die Herausforderung, sagte er mit einem breiten Lächeln.

Seit Anfang April ist er im Wahlkampf, er will die amtierende Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) ablösen, die eine dritte Amtszeit anstrebt. „Das wäre fast ein Vierteljahrhundert.“ Hoppe hätte zwar viel erreicht, aber nur Tourismus und Wachstum, das gehe auf Dauer nicht. „Man muss auch an die Menschen vor Ort denken.“ Hoppe, so zitiert Holstein einen Kommentar, den er im sozialen Netzwerk Facebook gelesen hat und der ihm gut gefällt, sei das „Bürger in Bürgermeisterin verlorengegangen“.

Holstein verurteilt Vandalismus an Hoppes Wahlplakaten 

Den jüngsten Vandalismus an Hoppes Wahlplakaten verurteilt er scharf. „Gleichzeitig frage ich mich, warum Frau Hoppe die beschädigten Plakate so lange hängen lässt, was bezweckt sie damit?“ Wie berichtet hat ein unbekannter Täter in der Nacht zu Samstag den Kopf der Kandidatin aus drei großen Wahlplakaten, die gegenüber der Caputher Kirche aufgestellt sind, herausgeschnitten.

Bei seiner Tour von Tür zu Tür sei Holstein aufgefallen, dass viele Bewohner unzufrieden sind. Besonders in Schwielowsee gebe es viele Bürgerinitiativen, „und die gründen sich vor allem da, wo etwas nicht stimmt“. Holstein sei auch aufgefallen, wie harsch Anwohner in den Einwohnerfragestunden der Gemeinde oft behandelt werden. „Auf ihre Fragen wird ausweichend geantwortet, man unterbricht sie mitten im Redefluss und weist sie darauf hin, dass ihre Redezeit beendet ist.“ Bürgernähe, Transparenz, Vertrauen in die Verwaltung – erreicht man so jedenfalls nicht. Der Bürger „wird als Last empfunden“, schildert Holstein seine Eindrücke. Vorschläge von Eltern- oder Bürgerinitiativen würden gar nicht erst berücksichtigt, auch wenn man sie zuvor um ihre Ideen gebeten hätte. Würde Holstein im Fercher Rathaus sitzen, dann wäre sein oberstes Ziel: Bürgernähe. Er will Menschen zusammenbringen, das Mit- und Füreinander wieder mehr fördern. Sei es durch Nachbarschaftshilfe, sei es durch Feste. Oder durch Bürgersprechstunden in den Ortsteilen. Mit Holstein als Bürgermeister, werde „die Verwaltung zu den Menschen kommen“. 

Ihm geht es um das Menschliche, weniger um die B-Pläne

Vor Holstein liegen gelbe vollgeschriebene Notizzettel, seine Gedankenstützen. In den vergangenen Monaten habe er viel über Schwielowsee dazu gelernt, habe das Ohr nahe am Bürger gehabt. „Mir geht es gar nicht so sehr um Bebauungspläne und Großprojekte“, sagt Holstein. Die Caputher Mitte ist für ihn auf einem guten Weg. Ihm gehe es um sozialverträgliche Mieten, die Schaffung von barrierefreien Wohnungen, sichere Wegen für Kinder, Senioren und Radfahrer. Die Wechselstimmung sei deutlich spürbar, sagt Holstein und freut sich auf den Wahlabend.

Am 21. September lesen Sie in den PNN das Porträt von Kerstin Hoppe (CDU).

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