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Wer macht das Rennen? Am Sonntag sind knapp 9000 Bürger aufgerufen, den Bürgermeister in Schwielowsee zu wählen. Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) will eine dritte Amtszeit absolvieren. Ihr Herausforderer ist Michael Holstein von der SPD.

© Andreas Klaer

Bürgermeisterwahl: In Schwielowsee brodelt’s

Schwielowsees Wachstum bringt viele Herausforderungen mit sich - das haben zahlreiche Bürgerfragestunden gezeigt. Doch das war kaum Thema im Wahlkampf. Eine Analyse.

Von Eva Schmid

Schwielowsee - Von außen wirkt es harmonisch: Caputh, Ferch und Geltow, drei Orte am Wasser, nahe an Potsdam gelegen und trotzdem weit genug draußen. Hier läuft es gemächlich ab, hier ist man zufrieden. So scheint es. Doch innen, da brodelt es. Nicht nur in der Endphase des Wahlkampfs. Am kommenden Sonntag wird in Schwielowsee gewählt.

Es sind die klassischen Konflikte, die der Zuzug mit sich bringt: Die Kitaplätze werden knapp, die Grundschulen müssen erweitert werden, Forderungen nach einer weiterführenden Schule im Ort werden laut. Schwielowsee wächst – und kommt mit der Infrastruktur nicht hinterher. Zwei Realschulen wurden vor Jahren geschlossen, auch die Jugendklubs in Caputh und Geltow gibt es nicht mehr. Immer mehr Grünflächen werden versiegelt, das bringt nicht nur die Anwohner der Waldgemeinde Wildpark-West auf die Palme. Altvordere gegen Neuzugezogene, die einen wollen in ihrer Ruhe nicht gestört werden, die anderen kommen gerade der Ruhe wegen raus an den Schwielowsee. Welten prallen dort aufeinander.

Wachstum in Hoppes Wahlprogramm kein Thema

Sie zu vereinen ist der Job des Rathauschefs. Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) ist seit 16 Jahren im Amt, 24 Jahre sollen es werden. Sie will all das noch fertigbringen, was sie angestoßen hat. Ihr Kontrahent Michael Holstein (SPD) ist für Schwielowsee ein weißes Blatt. Der Mann, der 2015 in die SPD eingetreten ist, lebt in Schäpe. Um sich vorzustellen ist er von Haus zu Haus gegangen und hat das, was viele nach Jahren der Hoppe-Regierung bemängeln, verstanden, für sich aufzugreifen. Er will die Partizipation fördern, steht für Transparenz. Und will einen Masterplan für Schwielowsee entwickeln, so verspricht er. Das klingt zunächst gut. Doch was genau er in seinem Masterplan vorhat, bleibt unkonkret.

Ein Pluspunkt für ihn: Er spricht es zumindest an, das Wachstum der Gemeinde. Doch mehr als den Hinweis, dass Schwielowsee mit Augenmaß wachsen soll, liest man aus seinem Wahlprogramm nicht heraus. In Hoppes Wahlflyern taucht das Wort gar nicht erst auf.

Dabei ist es das Wachstum der Gemeinde, dass die Lücke zwischen Schein und Wirklichkeit so deutlich macht. Erst in den Einwohnerfragestunden der Gemeindevertretersitzungen wird deutlich, wie viele Themen den Schwielowseern unter den Nägeln brennen. Die kurze Zeit vor der eigentlichen Sitzung reicht oft gar nicht für all die Anliegen. Es geht um Fragen des Verkehrs: verstopfte Straßen nach Potsdam, schlechte Taktungen. Es geht um das Gebaren einer Recyclingfirma in Geltow, über das sich Anwohner immer und immer wieder beschweren. Es geht um eine von Schulkindern stark frequentierte Straße, auf der das bisherige Tempolimit von 30 auf 50 gelockert werden soll – sonst gibt es keine Fördermittel für den Ausbau der Straße.

Manche Bürger fühlten sich mit ihren Belangen „abgebügelt“

Und es geht immer wieder um die Situationen in Kitas und Schulen. Sollte die Caputher Ortsmitte endlich entwickelt werden – was der Investor seit Jahren verspricht und bisher nur halbherzig eingehalten hat – dann könnten im sogenannten Blütenviertel weitere 30 Reihenhäuser und 70 Mietwohnungen entstehen.

Die Sorgen der Einwohner in der Fragestunde werden zwar gehört, jedoch antwortet Hoppe oft, dass man das Problem schon kenne, dass es schon lange durchdiskutiert worden sei. Manche nennen es Routine, die sich bei Hoppe eingespielt habe, manche fühlen sich mit ihren Belangen „abgebügelt“. So geht es auch vielen Anwohnern aus Wildpark-West, der Waldgemeinde, die vehement gegen zu großzügig ausgelegte Baumfällungen der Verwaltung protestiert.

Übrigens: Bei der letzten Stichwahl vor acht Jahren ging das Ergebnis für Hoppe äußerst knapp aus. Nur 82 Stimmen machten den Unterschied zu ihrem einstigen Kontrahenten Roland Büchner. Es waren auch die Stimmen aus Wildpark-West, die zu Hoppes Wahlsieg mitbeigetragen haben.

Hoppe ist bekannt für ihren Fleiß, ihre Ausdauer. Sie will Dinge schnell erledigen, nimmt die Anliegen zwar ernst, will aber gefühlt nicht immer wieder von vorne anfangen zu diskutieren. Dabei kommt es genau darauf an, auf den Diskurs, die Zwischentöne. Darauf alle immer wieder von Neuem mitzunehmen.

Holstein wollte kein Wahlduell

Wer Hoppes Wahlprogramm liest, der sieht vor allem Punkte, die sie bereits erledigt hat. Das sind eine Menge. Hoppe hat es zweifelsohne geschafft, die Gemeinde nach außen hin erfolgreich zu vermarkten. Sie hat den Tourismus belebt, Geld in den Ort gebracht. Sie wird von vielen in Schwielowsee als Person geschätzt. Ihr Kontrahent hingegen wirft ihr vor, zu wenig für die Menschen vor Ort zu tun.

Hat er damit Recht? So einfach ist es nicht: Im Wahlkampf lässt sich vieles versprechen. In ein fahles Licht wurde Holstein durch seine Absage eines gemeinsamen Wahltalks gerückt. Warum er sich nicht öffentlich einem Wahlduell stellen wollte, bleibt unklar. Auch zweifelhaft ist seine Vermutung, dass Hoppe mit ihren hängengelassenen, beschädigten Wahlplakaten womöglich etwas bezwecken wollte. Zwar hat er den Vandalismus an Hoppes Wahlbannern scharf verurteilt – ließ dennoch Spielraum für Interpretationen.

CDU hatte bei der Bundestagswahl deutlichen Vorsprung

Die Schwielowseeer haben am Sonntag die Wahl zwischen einer Kandidatin, die bereits bewiesen hat, dass sie den Job kann, der jedoch bisher noch nicht eingefallen ist, ein Leitbild oder eine Diskussion zur Zukunft der Gemeinde anzustoßen. Und einem Kandidaten, der selbst nicht aus Schwielowsee kommt, viel vorhat, aber dennoch mit seinen Vorhaben recht unkonkret bleibt. Schwer fassbar sei er, heißt es von manchen Bewohnern.

Die Grünen, Linken und das Bürgerbündnis geben weder für den einen noch den anderen Kandidaten eine Wahlempfehlung ab. Das aber würde dem in Schwielowsee bisher unbekannten Holstein durchaus helfen. Denn die Zahlen der Zweitstimmen der letzten Bundestagswahl zeigen ein deutliches Bild: So haben die Christdemokraten einen beachtlichen Vorsprung vor der SPD eingefahren - und das in allen Ortsteilen.

Der SPD dicht auf den Fersen mit nur wenigen Prozentpunkten Unterschied waren die Linken – auch in allen Ortsteilen. Doch der Ortsverein der Linken, ebenso wie die Grünen und das Bürgerbündnis haben niemanden gefunden, der sich Hoppes Job vorstellen konnte. So blieb nur die SPD übrig.

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