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Kein Sonderausschuss. Die AfD scheiterte im Landtag mit ihrem Antrag. 

© Sören Stache/dpa

Brandenburger Wirtschaft: Streit über Coronahilfen für Solo-Selbstständige

Wer kommt unter den Brandenburger Corona-Rettungsschirm? Die Opposition fordert mehr Unterstützung für Solo-Selbstständige. Unterdessen sind Hilfen für die Tourismusbranche und die Kommunen im Gespräch. 

Potsdam - Landtag und Landesregierung in Brandenburg streiten über die Unterstützung von Solo-Selbständigen in der Coronakrise. Auf Antrag der Oppositionsfraktionen von Linken und BVB/Freie Wähler kam der Wirtschaftsausschuss des Landtags am Dienstag deshalb zu einer Sondersitzung zusammen. Linke-Fraktionschef Sebastian Walter warf der Landesregierung vor, ihr Versprechen zu brechen, die Solo-Selbstständigen ausreichend zu unterstützen. Damit sorge Rot-Schwarz-Grün für einen „Vertrauensverlust für alle demokratischen Parteien“. Der Abgeordnete von BVB/Freie Wähler, Philip Zeschmann, forderte, dass das Land die Miniunternehmer nicht im Regen stehen lassen dürfe. Der AfD-Abgeordnete Daniel Münschke sprach von der Koalition als „Pinocchio-Regierung“.

Der Bund lehnte Forderungen der Länderminister ab 

Hintergrund ist eine Änderung der vom Land am 24. März erlassenen Richtlinie. Demnach konnten Kleinunternehmer, Solo-Selbständige und Freischaffende einen einmaligen Zuschuss von 9000 Euro erhalten, unabhängig davon, ob sie einen betrieblichen Sach- und Finanzaufwand in dieser Höhe geltend machen können. Eine Woche später einigten sich die Länder mit dem Bund auf Soforthilfen, die Richtlinie wurde angepasst. Seither seien die Anträge nicht mehr einnahmen- sondern ausgabenorientiert zu gestalten, so Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) im Ausschuss. Die Opposition sieht dadurch Nachteile für die Antragsteller, die nun keine finanziellen Engpässe bei den privaten Lebenshaltungskosten mehr überbrücken könnten. Um diese abzudecken, müssen die Selbstständigen laut Ministerium Grundsicherung beantragen.

„Wir dürfen nicht so tun, als wäre die Grundsicherung etwas, das mit spitzen Fingern angefasst werden muss“, hatte CDU-Fraktionschef Jan Redmann vor der Sondersitzung erklärt. Zudem könne „die Staatskasse keine Vollkaskoversicherung für alle Coronaschäden sein“, so Redmann. „Mit staatlichen Geldern kann man nicht wie mit Spielgeld umgehen“, sagte auch SPD-Fraktionschef Erik Stohn. Der Koalitionspartner Grüne hingegen sieht die Änderung skeptisch. Dass Menschen, die ihre Soforthilfe vor dem31. März beantragt hätten, nun nach der neuen Regelung Geld bekommen sollten, stelle den Vertrauensschutz infrage, sagte Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke.

„Es war richtig, nicht auf den Bund zu warten, sondern schnell zu starten“, argumentierte hingegen Wirtschaftsminister Steinbach im Landtagsausschuss. Sämtliche Wirtschaftsminister der Länder hätten versucht, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) davon zu überzeugen, die Umsatzeinbrüche mit in den Bewertungskanon für Anträge aufzunehmen. Das sei aber abgelehnt worden. Trotzdem gebe es keine Verwerfungen durch die Anpassung der Richtlinie, so Steinbach. Wer sich bei der Antragstellung an die Spielregeln gehalten habe, müsse auch keine Rückzahlungsforderungen fürchten. „Wenn der Bund uns anbietet, uns an einer Stelle zu entlasten, dann würde jeder Brandenburger Steuerzahler uns vom Hofe jagen, wenn wir das Geld nicht annehmen würden. Und wir werden das Geld noch bitterlich brauchen“, so Steinbach. So seien zum Beispiel Gastronomiebetriebe in ihrer Existenz bedroht, wenn der Shutdown noch länger anhalte. Womöglich müsse kurzfristig ein eigenes Zuschussprogramm für die Branche auf den Weg gebracht werden müssten.

Forderungen nach Lockerungen für die Gastronomie 

Die Fraktionen von CDU, AfD und Freien Wählern hatten am Dienstag Lockerungen für die Gastronomie gefordert. Zuerst sollten möglichst ab Anfang Mai die Außenbereiche wieder öffnen und der Hotelbetrieb unter strikten Hygieneauflagen wieder möglich sein, erklärte der CDU-Abgeordnete Frank Bommert. Sollten Betriebe gegen die Auflagen verstoßen, sollten sie sofort wieder schließen müssen. „Wir müssen jetzt in die Gänge kommen, sonst sehe ich für das Tourismusland Brandenburg schwarz“, sagte der AfD-Abgeordnete Steffen Kubitzki.

Krisengipfel mit den Kommunen

Auch die Kommunen sehe in der Krise schwarz. Eine Arbeitsgruppe „Kommunaler Rettungsschirm“ soll deshalb bis zur Sommerpause Vorschläge zur Unterstützung vorlegen. Das ist das Ergebnis eines Gipfels der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, Finanzministerin Katrin Lange (SPD) und Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Dienstagnachmittag in der Staatskanzlei. „Die Kommunen tragen zu Recht vor, dass ihnen im Zuge der Coronakrise erhebliche Einnahmeverluste drohen“, so Lange. Um drohende Notlagen abzuwenden, sei ein Beitrag des Landes unabweisbar.

AfD scheitert mit Antrag für Corona-Sonderausschuss

Zuvor war das Landtagsplenum auf Antrag der AfD-Fraktion zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Die AfD forderte die Einsetzung eines Corona-Sonderausschusses, was mehrheitlich abgelehnt wurde. Bund und Land handelten in der „sogenannten Coroakrise“ evidenzbefreit, sagte der AfD-Abgeordnete Christoph Berndt. 30 Jahre nach der Wende grüße „der vormundschaftliche Staat“. Das Parlament müsse gegenüber der Exekutive gestärkt werden. Ein Sonderausschuss sei vergeudete Zeit, weil in allen Ausschüssen des Landtags regelmäßig über die Coronalage beraten werde, sagte hingegen der SPD-Abgeordnete Björn Lüttmann. Andreas Büttner (Linke) warf der AfD vor, Coronaleugner zu bedienen und Verschwörungstheorien zu verbreiten. 

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