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Hungrig. Die wenige Monate alten Kälber bekommen bei Rabes frische Milch zu trinken. Die 30-jährige Junglandwirtin Anja Rabe soll den Hof ihres Vaters Lutz Rabe einst übernehmen. Auf dem Vierseitenhof im Beelitzer Ortsteil Körzin leben derzeit vier Generationen.

© Andreas Klaer

Brandenburger Landpartie: Abstecher nach Bullerbü

Der Beelitzer Bio-Milchbetrieb der Familie Rabe öffnet am Wochenende zur Landpartie seinen Hof.

Von Eva Schmid

Körzin - Es ist wie in Bullerbü: Eine kopfsteingepflasterte Straße führt durch den 65 Einwohner großen Ort, rechts die Kühe, dahinter Pferde, am Wegesrand voll hängende Kirschbäume, im Ort ein Café mit verblassten Sonnenschirmen. Katzen streichen Besuchern beim Aussteigen aus dem Auto um die Beine. Es riecht nach Kuhmist. Mehr Land geht nicht.

Auf einem der Vierseitenhöfe herrscht am Mittwoch geschäftiges Treiben, Trecker werden vor- und zurückgefahren, im Stall gackern eifrig die Hühner, die Kühe liegen im Schatten, die zwei Wochen alten Kälber kriegen frische Milch. Der Bio-Milchbetrieb der Familie Rabe wird herausgeputzt, am Wochenende kommen die Städter zur Brandenburger Landpartie. Der Hof der Rabes ist einer von mehreren Dutzend Bauernhöfen, die am Samstag und Sonntag ihre Tore öffnen. Allein in Potsdam-Mittelmark machen 37 landwirtschaftliche Betriebe bei der Landpartie mit, die 2018 zum 24. Mal stattfindet (siehe Kasten).

Die Rabes sind bereits seit über zehn Jahren mit dabei, sie wissen, was passiert, wenn Städter nach Körzin, ins Beelitzer Bullerbü, herauskommen. Da gehen die Augen auf, da rennen Kinder glücklich durch die Ställe, über die Köpfe der Besucher fliegen Mauersegler. Man darf frische Milch probieren, Fragen stellen, hausgemachten Blechkuchen essen. Sonne genießen, Landluft schnuppern und weit, weit weg vom Trubel der Stadt sein. Hinter den Häusern entlang der Dorfstraße erstrecken sich saftige Wiesen, man ist mitten drin im Landschaftsschutzgebiet Nuthe-Nieplitz.

Den Hof betreibt Familie Rabe seit bald 200 Jahren, auf dem weiträumigen Areal leben auch heute noch vier Generationen. Opa Rabe kommt vorbei, grüßt und nimmt einen Strohhut voller Eier vom Tisch. Der 85-Jährige kümmert sich um die rund 60 Hühner, fährt Futter und Wasser auf die Weiden, wo ein Teil der insgesamt 160 Rinder grast. Sein Sohn schraubt indes an Traktoren, ist im Stall unterwegs.

Etwas mehr Zeit hat die Junglandwirtin Anja Rabe, sie wird den Hof einmal übernehmen. Seit fünf Jahren arbeitet sie hauptberuflich im Familienbetrieb. Zuvor hat sie Landwirtschaft studiert. Anja Rabe ist das Leben auf dem Bauernhof gewohnt – jenseits der Bullerbü-Romantik. Es bedeutet, sieben Tage die Woche für die Rinder da zu sein, von denen derzeit 70 Milchkühe sind. Sie zweimal täglich zu melken. Morgens und abends den Stall zu putzen. Für das Futter der Tiere zu sorgen. Die Familie bewirtschaftet rund 190 Hektar Land. Besonders die Sommermonate sind arbeitsintensiv: Morgens um sieben geht der Tag los, abends um acht kommt man aus dem Stall. Dann sind die Kühe fertig gemolken. Die Milch aus Körzin landet in den Biomärkten der Region, sie beliefern die Gläserne Molkerei in Münchehofe. Das Fleisch der wenigen zum Schlachten gehaltenen Rinder verkauft die Familie über den Bioverband. Trotz der vielen Arbeit hat sich Anja Rabe für den Job ihrer Vorfahren entschieden: „Ich wollte die Tradition erhalten, es macht mir einfach Spaß.“ Ein anderes Leben als auf dem Bauernhof kann sie sich nicht vorstellen.

Jedoch geht es der Rabe wie vielen anderen Arbeitnehmern der heutigen Zeit. Stichwort: Work-Life-Balance. Das sei auch ihr wichtig, sagt die zurückhaltende Frau mit der hellen Haut. Sie hat zwei kleine Kinder im Alter von vier Jahren und drei Monaten. Ihr Mann hat einen Bürojob in Berlin, ist den ganzen Tag weg. Abendessen gibt es bei Rabes schon um fünf Uhr, danach müssen die Kühe gemolken werden. Bis zu vier Stunden am Tag ist die Familie nur mit Melken beschäftigt, im Sommer leistet sich der kleine Betrieb einen Angestellten. Da aber auch die immer schwieriger zu finden sind, will Anja Rabe den Hof jetzt mit moderner Technik ausstatten. In vier Wochen soll der Melkroboter kommen. „Dann können sich die Kühe zu jeder Tages- und Nachtzeit melken lassen.“ In der hochmodernen Box, in die die Tiere durch Futter gelockt werden, bringt ein Roboterarm die vier sogenannten Zitzenbecher an. Bevor das Abpumpen losgeht, wird eine Milchprobe genommen, um die Qualität sicherzustellen. Etwa alle acht Stunden darf die Kuh zum Melkroboter, ein Sensor erkennt, ob es schon an der Zeit ist. Gespannt warten die Rabes darauf, wie sich das Leben auf dem Bauernhof mit dem Einzug der modernen Technik verändern wird. Zu viel Zeit für Gedanken bleibt aber nicht, der Besuch der Städter muss vorbereitet werden.

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DAS PROGRAMM: Die 24. Brandenburger Landpartie

In allen 14 Landkreisen Brandenburgs öffnen am 9. und 10. Juni Dutzende Betriebe ihre Tore, um Landleben und Landwirtschaft zu präsentieren. In Potsdam-Mittelmark wird das Wochenende am Samstag um 10 Uhr auf dem Biohof zum Mühlenberg in Trechwitz eröffnet. Der Milchbetrieb der Familie Rabe in Körzin ist nur am Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet, auch alle Beelitzer Spargelhöfe bieten Programm. Wer reiten möchte, kann den Bauernhof Ruden in Krampnitz besuchen. Wer lernen möchte, woran man frischen Fisch erkennt und wie man ihn filetiert, ist am Samstag im Institut für Binnenfischerei in Groß Glienicke richtig. Programm bieten auch Betriebe in Werder und Schwielowsee, unter anderem die Kräuterwerkstatt in Ferch, der SanddornGarten, das Töplitzer Weingut Klosterhof, es gibt Führungen durch die Weinreben des Werderaner Galgen- und Wachtelbergs. Programm und Adressen unter www.brandenburgerlandpartie.de

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