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Zinke soll einer Gemeindevertreterin angedroht haben, ihren Arbeitgeber, den BND, öffentlich zu machen, sofern sie nicht von allen Ämtern zurücktrete.

© dpa

BND-Affäre in Seddiner See: Ermittlungen gegen Axel Zinke eingestellt

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht mehr wegen Nötigung und Verbreitung von Privatgeheimnissen gegen Axel Zinke, Bürgermeister von Seddiner See. Dagegen wehrt sich nun die betroffene BND-Mitarbeiterin und Gemeindevertreterin. Und der Fall ist noch lange nicht abgeschlossen.

Von Enrico Bellin

Seddiner See - Neue Wendung im BND-Fall in Seddiner See: Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat die Ermittlungen gegen Bürgermeister Axel Zinke wegen Nötigung und der Verbreitung von Privatgeheimnissen eingestellt. Laut Sprecher Christoph Lange habe sich der Tatverdacht gegen Zinke, der die Tätigkeit von Gemeindevertreterin Carina Simmes (BVB/Freie Wähler) beim Bundesnachrichtendienst (BND) Ende März dieses Jahres öffentlich machte, nicht bestätigt. Gegen die Einstellung der Ermittlungen hat Simmes aber Beschwerde eingelegt. Außerdem hat die Landesdatenschutzbeauftragte ihre Ermittlungen gegen den Bürgermeister wieder aufgenommen. Die Kommunalaufsicht des Landkreises will zudem ein Disziplinarverfahren prüfen.

Wie berichtet soll Zinke laut Simmes in einem privaten Gespräch im Frühjahr angedroht haben, dass er ihren Arbeitgeber kenne und öffentlich machen werde, sofern sie nicht von allen Ämtern zurücktrete. Zinke bestritt das gegenüber den PNN. Er habe lediglich gesagt, dass er für Simmes nur die Möglichkeiten sehe, sich öffentlich zu ihrem Arbeitgeber zu bekennen oder als Gemeindevertreterin aufzuhören. Mit Öffentlichkeit habe er nicht gedroht, auch habe er die womöglich unliebsame Gemeindevertreterin nicht loswerden wollen. Allerdings hatte Zinke den PNN nach dem Gespräch auch Simmes’ bislang geheimen Arbeitgeber genannt. Am gestrigen Freitag war der Bürgermeister für Nachfragen nicht erreichbar.

Carina Simmes kann die Entscheidung nicht nachvollziehen

Für Carina Simmes ist nicht ersichtlich, warum die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hat. Ihr Anwalt habe nach dem Bekanntwerden der Einstellung Mitte Oktober die staatsanwaltschaftliche Akte eingefordert, bisher jedoch nicht erhalten. „Wir brauchen die Akte aber, um unsere Beschwerde gegen die Einstellung zu begründen“, so Simmes gegenüber den PNN. Bisher habe sie nicht herausfinden können, welche Zeugen die Staatsanwaltschaft in dem halben Jahr der Ermittlungen vernommen hat und warum sich der Tatverdacht nicht bestätigt habe.

Staatsanwaltschaftssprecher Lange wollte sich dazu gegenüber der Presse nicht äußern, da es sich um Interna handele. Die Akten seien auf dem Weg zum Anwalt – warum das so lange dauert, konnte er nicht erklären.

Zinke könnte Disziplinarverfahren drohen?

Wie Svea Bernhöft, Pressesprecherin der Landesdatenschutzbeauftragten, den PNN bestätigte, hat die Beauftragte das Verfahren gegen Zinke wieder aufgenommen. Hintergrund: Der Bürgermeister hatte die Angaben zum Arbeitgeber von Carina Simmes aus einem mehrere Jahre alten Antrag der Gemeindevertreterin bei der Gemeinde für einen Kitaplatz entnommen. Laut Bernhöft gebe es deutliche Zweifel an der Zulässigkeit der Datenverwertung, die Angaben aus dem Formular hätte Zinke wohl nur für Kita-Zwecke verwenden dürfen. Die abschließende Untersuchung werde jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ergebnisse könnten ein Ordnungswidrigkeitsverfahren und ein Bußgeld sein.

Dem Bürgermeister könnte zudem ein Disziplinarverfahren drohen. Wie Kreissprecher Kai-Uwe Schwinzert den PNN bestätigte, wird die Kommunalaufsicht sehr wahrscheinlich wieder prüfen, ob das Verfahren eingeleitet wird. „Die Kommunalaufsicht hat bereits Vorermittlungen zum Verfahren unternommen, die mit den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen unterbrochen wurden“, so Schwinzert. Da die Staatsanwaltschaft der Kommunalaufsicht übergeordnet sei, habe man deren Verfahren abwarten wollen.

Welche Folgen das Disziplinarverfahren gegen Zinke konkret haben könnte, blieb am Freitag unklar. Grundsätzlich reicht die Spanne von Geldstrafen über die Versetzung bis hin zur vollständigen Entfernung aus dem Dienst.

Gute Zusammenarbeit auf sachlicher Ebene

In der Gemeinde läuft die Arbeit unterdessen normal weiter. Carina Simmes hat mit Axel Zinke nicht nur als normale Gemeindevertreterin zu tun: Sie ist auch Vorsitzende des Finanzausschusses und Mitglied im Hauptausschuss. „Auf sachlicher Ebene läuft die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister gut“, wie Simmes gestern unterstrich.

Trotz des Bekanntwerdens ihres Arbeitgebers hat sich auch sonst im Umgang mit den Gemeindevertretern kaum etwas verändert. Kein Seddiner Lokalpolitiker hatte von ihr oder vom Bürgermeister eine Erklärung gefordert. Vielmehr herrschte die Meinung vor, nach dem bundesweiten Medienecho auf den Fall möglichst schnell zum normalen Arbeiten zurückzukehren. Auch die Landesfraktion von BVB/Freie Wähler stellte sich hinter Carina Simmes, genau wie der Bundesnachrichtendienst. Dort begrüße man ein lokalpolitisches Engagement von Mitarbeitern.

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