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Bautenstand bei einer Führung im Dezember 2013. Viel hat sich seitdem auf der Baustelle der Blütentherme nicht getan, und auch in diesem Jahr werden die Bauarbeiten kaum wieder aufgenommen.

© Andreas Klaer

Blütentherme in Werder (Havel): Werders größtes Fiasko

Mit der Blütentherme hat sich Werder (Havel) blamiert wie nie. Alles sieht nach einer Trennung vom Projektpartner, der Kristall Bäder AG, aus. Eine Analyse.

Werder (Havel) - Bald anderthalb Jahre ruhen die Bauarbeiten auf der Baustelle der Blütentherme in Werder. Und es sieht nicht danach aus, dass sie schnell wieder aufgenommen werden. Die Grundsteinlegung am schönen Zernseeufer liegt vier Jahre zurück, Zeit für eine Zwischenbilanz: Das Projekt ist das größte Fiasko, das sich Werder seit der Wende geleistet hat. 18 Millionen Euro Steuergelder, ein halbfertiger Bau, der für eben diesen „Garantiepreis“ an sich seit zwei Jahren in Betrieb sein sollte.

Sicher, es gab die Pleite des Entwicklungsträgers der Havelauen, der Mega AG, und die Turbulenzen um das Resort Schwielowsee und Investor Axel Hilpert, dessen Betrugsfall noch nicht abgeschlossen ist. Doch an keinem Großprojekt war das Rathaus so unmittelbar beteiligt wie am neuen Bad, nie ist man derartige Risiken eingegangen. Das Ende ist immer noch offen.

Es geht nicht weiter wie bisher

Baut die Kristall Bäder AG die Therme fertig und wird sie das Bad wie vereinbart betreiben? Oder wird sich die Stadt von ihrem eigenwilligen Projektpartner trennen, worauf alles hinweist? Wird sie die Flächen zurückkaufen, die sich das Unternehmen für einen Hotelneubau und eine mögliche Thermenerweiterung bereits gesichert hatte? Welchen Preis wird sie zahlen, damit sie Kristall endgültig los wird? Und wie geht es dann weiter?

Nicht wie bisher jedenfalls. Die Werderaner sind in den vergangenen Jahren Zeugen eines demütigenden Possenspiels geworden. Die Kristall Bäder AG machte seit dem Baustart millionenschwere Mehrkosten geltend, verschob siebenmal den Starttermin, machte immer neue Streitfelder auf, gab der Stadt gegen Vorkasse Zusagen, die sie nicht einhielt. Fazit: Die Stadt bekommt kein Bad für 18 Millionen Euro, die Blütentherme wird auch 2016 keine Badegäste empfangen.

Jedes Vertrauen ging baden

Der Vertrag mit Kristall ist geplatzt. Das hat viel mit dem Agieren des mittelfränkischen Unternehmens zu tun, aber auch mit einer Stadt, die sich am Nasenring durch die Arena führen ließ. Die Rathausspitze hätte allen Grund gehabt, den Partner früher in die Pflicht, gegebenenfalls in die juristische Mangel zu nehmen. Doch Kristall-Chef Heinz Steinhart war fixer mit seinen immer neuen Zusagen und Forderungen, verklagte gar die Stadt, die sich wenigstens zur Widerklage genötigt sah. Jedes Vertrauen ist dabei baden gegangen.

Im Landgericht wurde beiden Seiten im Juni nahegelegt, erstmal die Therme zu Ende zu bauen und den einnahmeträchtigen Betrieb aufzunehmen, sich die Kosten für die Fertigstellung zu teilen und danach um alles andere zu streiten. Das sei doch schon aus wirtschaftlichen Gründen geboten, befand der Richter. Eine bezwingende Logik, von der sich Kristall längst verabschiedet hatte. Deren unternehmerischen Motive liegen im Dunkeln. Werder schwächen, um die gutgehende Kristalltherme in Ludwigsfelde zu stärken? Das wie mancher zu behaupten, wäre bösartige Spekulation.

Warum klagt sich das Rathaus nicht durch die Instanzen?

Ein Kompetenzteam mit Vertretern beider Seiten wollte nach dem Landgerichtstermin über den Vergleichsvorschlag beraten, so die offizielle Version. Ein paar Wochen später wollte man sich wieder beim Richter treffen, neu loslegen. Seitdem ruht der See. Man hat Stillschweigen über die Verhandlungen vereinbart. Die tickende Uhr spricht dafür, dass es nicht auf den Vergleich hinausläuft, sondern um den Trennungspreis gepokert wird. Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) hatte es vor dem Landgerichtstermin prophezeit: „Es wird keinen Vergleich geben.“ Zwar hatte sie das nach dem Termin relativiert. Wer zügig weiterbauen will, verhandelt aber nicht vier Monate.

Die Stadt muss jetzt aufpassen, nicht weiter in die Defensive zu geraten. Die Rechtslage scheint derartig offensichtlich, dass man sich fragt, warum sich das Rathaus nicht durch die Instanzen klagt: Es gibt den Garantiepreis, einen Fertigstellungstermin, alles und weit mehr schriftlich fixiert. Doch die Bürgermeisterin scheut wohl die Risiken einer juristischen Schlacht mit der Kristall Bäder AG. Die prall gefüllte Rücklage könnte ihr die Sicherheit geben, es so zu wuppen. Einiges dürfte für die Trennung draufgehen. Ob Schrammen oder gebrochene Gliedmaßen zurückbleiben, bleibt spannend. Soviel ist durchgedrungen: Am 12. November steht das Thema auf der Tagesordnung der Stadtverordneten. Sie müssen das Verhandlungsergebnis bestätigen, bevor es wirksam werden kann. Und sie werden nicht mehr alles durchwinken.

Traut sich Werder, die Blütentherme selbst zu bauen und zu betreiben?

Das Projekt hat noch unter Alt-Bürgermeister Werner Große (CDU) seinen Anfang genommen, der im Oktober 2011 den Grundstein für das neue Bad legte. Große – ein Macher, der die Stadt seit der Wende auf den Weg brachte, der sich für lange Zahlenkolonnen bisweilen weniger interessierte als für handfeste Ergebnisse und der hemdsärmeligen Art eines Axel Hilpert eher gewachsen schien als dem Katz- und Mausspiel eines Heinz Steinhart. Von Hilpert hat sich Werner Große nie distanziert, zu Steinhart bald nach dem Projektstart Abstand gehalten.

Die Stadt steht nach der Blamage vor einer Bewährungsprobe. Traut man sich zu, die Therme selbst zu Ende zu bauen und zu betreiben? Scheut Bürgermeisterin Manuela Saß nach den Kristall-Blessuren eine neue Partnerschaft mit einem Unternehmen aus der Bäderbranche? Zwei Beispiele zeigen, dass man für alle Wege offen bleiben sollte: Die Havelauen haben sich nach der Mega-Pleite unter einem neuen Investor am Ende herausgemacht, für das insolvente Resort Schwielowsee zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Am Gästemangel wird es nicht liegen, und es gibt mehrere Investoren, die sich für die Übernahme interessieren. Das gilt auch für die Blütentherme.

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