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Begabte Schüler: Paradigmenwechsel im Schulbetrieb

Wie zwei Kleinmachnower Schulen von einem Bund-Länder-Programm für begabte Schüler profitieren.

Von Eva Schmid

Kleinmachnow - Die Bandbreite im Schulalltag ist groß: Der Zweitklässler, der fließend drei Sprachen spricht, aber die Schreibschrift noch nicht beherrscht. Die begabte Gymnasiastin, die nicht auffallen möchte, um nicht als Streberin abgestempelt zu werden. Der intelligente Junge, der eigentlich viel könnte, aber sich zurückzieht und nur noch schlechte Noten schreibt. Oder der Schüler, der zwar besonders begabt ist, aber bei dem es im Sozialen hapert.

Es sind Geschichten von Schülern, die bisher wenig im Fokus standen – weil ihnen eigentlich nichts fehlt. Besondere Förderung für die im Schuldeutsch als „leistungsstarke und besonders leistungsfähige“ bezeichneten Kinder und Jugendlichen gab es bisher meist nur auf Eigeninitiative der Schule und des Klassenlehrers. Das soll sich jetzt ändern.

Leistung soll wieder stärker gefördert werden

Zwei Kleinmachnower Schulen, die Eigenherd-Grundschule und das Weinberg-Gymnasium, sind für das Bundesprogramm „Leistung macht Schule“ ausgewählt worden. Es geht um Talentförderung und darum, dass Leistung wieder stärker gefördert werden soll.

Das mag in einer Leistungsgesellschaft verwunderlich klingen. Im Schulbereich indes ist es die vergangenen Jahrzehnte oft anders gewesen. Da zählte zwar auch Leistung, aber es ging vor allem um die lernschwachen Schüler und deren Förderung. „Was wir jetzt erleben, ist ein Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik“, sagt Schulleiterin Karen Korge von der Eigenherd-Grundschule. Das neue Bund-Länder-Programm, das auf zehn Jahre angelegt ist und mit dem bundesweit 300 Schulen insgesamt mit 125 Millionen Euro gefördert werden, „ist wie für uns gezimmert“, sagt Korge.

Programm heute gestartet

Auf einem bundesweiten Schulleiterkongress im vergangenen Jahr kam ihr und ihrer Kollegin Birgit Thiele vom Weinberg-Gymnasium die Idee, sich für das Programm zu bewerben. „Kooperationen zwischen Grund- und Oberschulen sind explizit gewünscht gewesen“, erklärt Thiele. So wurde aus der Idee eine gemeinsame Bewerbung. Am heutigen Donnerstag startet das Programm offiziell in Brandenburg, der bundesweite Startschuss fiel bereits am 30. Januar in Berlin.

Im Kern geht es vor allem um den Erfahrungsaustausch und das Vernetzen zwischen den Schulen sowie die wissenschaftliche Evaluation zum Thema Talentförderung, so Schulleiterin Thiele. Bei vielen Fragen, bei denen die Schulleiterinnen bisher im Alleingang und abseits des Rahmenlehrplans Entscheidungen zugunsten der talentierten Schüler treffen mussten, gebe es nun mehr Sicherheit und Rückhalt. Man könne jetzt auch auf wissenschaftliche Studien zurückgreifen. „So muss nicht jeder für sich alleine alles von vorne aufbereiten und darüber neu nachdenken.“ Auch das der Bund mit dem Programm so stark in den Bildungsbereich der Länder hineingreife, sei ein Novum und habe einen hohen politischen Stellenwert, so Thiele.

Begabte brauchen richtige Impulse

Dass ausgerechnet die zwei Kleinmachnower Schulen, die bereits schon viele leistungsstarke Schüler haben, in den Genuss kommen, mag auf den ersten Blick verwundern. Schaut man genauer hin, wird schnell klar, dass gerade das Fördern von Begabten im Schulalltag nicht einfach ist. Es gehe darum, die richtigen Impulse zu setzen – und sich dafür auch genügend Zeit nehmen zu können, erklärt Thiele. Es sei auch nicht einfach, zu erkennen, welcher leistungsstarke Schülern noch mehr gefördert werden kann – und das fest in den Klassenalltag zu implementieren. Ein weiterer Vorteil: Mit dem Programm, erklärt die Leiterin der Eigenherd-Grundschule, könne sichergestellt werden, dass das Angebot für alle Schüler gelte und dass auch alle Lehrer mitziehen.

Nun steht der weitere Ausbau der Begabtenförderung an. In der Eigenherd-Grundschule haben besonders lernfähige Schüler schon die Möglichkeit, in manchen Fächern den Unterricht der höheren Klasse zu besuchen. Das beträfe etwa fünf Prozent der Grundschüler, so Leiterin Korge. Auch das Überspringen einer Klassenstufe ist möglich. Etwa zehn Prozent der Grundschüler würden parallel zum Unterricht erweiterte Aufgaben bekommen. Ebenfalls zehn Prozent der Viertklässler würden schon nach der vierten Klasse auf das Gymnasium wechseln.

Begabtenklassen haben sich bewährt

Bei diesen begabten Schüler knüpft wiederum Schulleiterin Thiele an. Sie werden in sogenannten Leistungs- und Begabungsklassen unterrichtet, die es mittlerweile schon im zehnten Jahr gebe. Die anfangs noch politisch umstrittenen Begabtenklassen hätten sich bewährt. Thiele und Korge wollen die Zusammenarbeit stärker ausbauen: So dürften Grundschüler zum Teil den Unterricht in ausgewählten Fächern oder Arbeitsgruppen der Gymnasiasten besuchen. Es seien neue, spannende Wege, die da beschritten werden könnten. Und es gehe darum, wie sehr die Schulleitung im Sinne der Talentförderung „aus dem bisherigen Regelwerk ausbrechen darf“, so Thiele.

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