zum Hauptinhalt
Experte für Elektromobilität. Julian Affeldt und die einzige öffentliche Ladestation in Kleinmachnow.

© A. Klaer

Beauftragter für Elektromobilität in Kleinmachnow: „Für mehr Autos haben wir keinen Platz“

Kleinmachnow hat jetzt einen ehrenamtlichen Elektromobilitäts-Beauftragten. Im PNN-Interview spricht er darüber, was er voranbringen will.

Herr Affeldt, Sie sind von der Gemeinde Kleinmachnow als ehrenamtlicher Ansprechpartner für Elektromobilität benannt worden. Warum hat Kleinmachnow Sie nötig?

Sie kennen die öffentliche Stromtankstelle am Rathausmarkt? 2009 wurde sie auf Initiative der Lokalen Agenda 21 errichtet – als erste kommunale Station im ganzen Land Brandenburg. Damals hatte Kleinmachnow die Nase vorn. Inzwischen gibt es Städte und Gemeinden, die deutlich weiter sind. Kleinmachnow hat immer noch nur diese eine öffentliche Stromtankstelle.

Wie wollen Sie das ändern?

Ich will niemanden missionieren. Mein Ziel ist es, Hinweise und Anstupser zu geben, ohne die Leute zu überfrachten. Ich verfüge über langjährige Erfahrung und umfassende Informationen. Wer sich für das Thema Elektromobilität interessiert und nicht seinen Autohändler aufsuchen will, kann mich gern ansprechen.

 Sie fahren selbst Elektroauto. Wie oft tanken Sie am Rathaus auf?

Ich fahre nicht extra hin, um aufzutanken, sondern mache das, wenn ich ohnehin dort bin. Ich lade das Auto immer dann, wenn es sowieso steht. So entstehen keine Wartezeiten. Wie beim Handy.

Wer kein Eigenheim bewohnt, hat diese Möglichkeit nicht.

Ich habe mir auf die Fahnen geschrieben, Elektromobilität auch für Bewohner von Mietwohnungen zu erleichtern. Ich habe mit der kommunalen Wohnungsgesellschaft Gewog gesprochen. Diese ist bereit, ihren Mietern bei der Organisation zu helfen und Parkplätze in der Nähe der Wohnung für die Errichtung von Stromtankstellen zur Verfügung zu stellen.

Was kostet eine Ladestation?

Elektroautobesitzer müssen hier einmalig etwa 2000 Euro investieren. Wenn ich ein Einfamilienhaus besitze, ist es noch einfacher, dann kann ich sofort loslegen. Ich brauche eine Steckdose am Haus oder in der Garage und eine Wall-Box, die mir der Elektriker installiert. Hier hat Kleinmachnow großes Potenzial.

Eine Ihrer Aufgaben ist es, mehr Kleinmachnower zum Umstieg zu bewegen. Geht das ohne die nötige Infrastruktur?

Elektrofahrzeuge haben längst bewiesen, dass sie alltagstauglich sind. Die Infrastruktur hinkt massiv hinterher. Zu 95 Prozent wird zu Hause Strom getankt. Trotzdem benötigen wir öffentliche Ladestationen, etwa für Leute, die zu Besuch hierherkommen oder hier arbeiten. Ich bin überzeugt, ohne staatliche und kommunale Initiative wird es nicht funktionieren.

Staatliche Anreize gibt es etwa beim Kauf eines neuen Elektroautos.

Es gibt eine Kaufprämie, die liegt je nach Modell zwischen 3000 und 6000 Euro. Ich halte davon nicht viel. Zum einen gibt es sie nicht für Gebrauchtwagen – Menschen, die nicht so viel Geld haben, kommen demnach nicht in den Genuss. Und sie fördert vielleicht auch nur das dritte Auto oder die bessere Ausstattung, nicht aber den Kauf an sich. Besser wäre es, in die Infrastruktur zu investieren, das kommt allen zugute.

Es hält sich die Meinung, dass durch Elektroautos letztlich mehr Strom verbraucht wird. Und teurer in der Anschaffung als normale Autos sind sie auch. Eine Mär?

Wenn eine Million Elektroautos in Deutschland unterwegs wären, dann wäre das ein Stromverbrauch von etwa 0,3 Prozent mehr. Aber wenn ich gegenrechne, was weniger an Benzin produziert werden muss, habe ich den Mehrverbrauch ausgeglichen. Die Anschaffungskosten relativieren sich dadurch, dass ich keinen Sprit verbrauche und weniger Ersatzteile benötige. Zudem gibt es einen regen Gebrauchtwagenmarkt. Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif.

Kleinmachnow ist eine der Gemeinden mit der höchsten Autodichte in Deutschland.

Die Verkehrsprobleme in Kleinmachnow sind sehr deutlich. Die Anzahl der Autos darf sich nicht weiter erhöhen, dafür haben wir keinen Platz mehr.  

Welche Möglichkeit sehen Sie, die Zahl der Autos zu reduzieren?

Wir brauchen bessere Radwege und einen verstärkten öffentlichen Personennahverkehr. Unser Pedelec-Projekt ist ein Riesenerfolg und zeigt, dass der Bedarf da ist: Die beiden Elektro-Fahrräder, die Kleinmachnow zur Ausleihe anbietet, sind fast durchgehend gebucht. Wir möchten das Projekt weiterentwickeln. Bike-Sharing ist eine Alternative für unseren Ort. Wir müssen uns jetzt Partner aus der Wirtschaft holen. Dazu braucht es aber auch den politischen Willen und Standvermögen.

Wenn Sie sich entscheiden müssten, wofür würden Sie plädieren: Stammbahn oder Fahrradschnellweg?

Ganz klar Fahrradschnellweg. Ich weiß natürlich, dass es Leute gibt, für die das Fahrrad keine Alternative ist. Aber der Fahrradschnellweg bietet eine große Möglichkeit, vielen den Umstieg zu ermöglichen. Ich sehe beides aber nicht in Konkurrenz zueinander. Wenn ich die Menschen ermuntern will, ihr Auto zu Hause zu lassen, kann ich keine halben Alternativen anbieten. Einige nutzen die S-Bahn, andere das Rad, manche beides.

Welche Potenziale in Sachen Klimaschutz hat Kleinmachnow noch?

Im Bereich der erneuerbaren Energien besteht Nachholbedarf. Wir haben 7500 Haushalte, aber nur 110 haben eine Solarstromanlage auf dem Dach. Da sind wir Schlusslicht. Es gibt genügend Häuser, die sich wunderbar nutzen lassen. Auch mit eigenen Mikro-Block-Heizkraftanlagen. Das Rathaus ist ein gutes Beispiel. Wärme läuft über die Gasheizung, Strom kommt aus dem Netz, statt beides gleichzeitig zu erzeugen und zu nutzen. Im privaten Bereich kann ich so nachts heizen und gleichzeitig mein Auto laden.

Die Fragen stellte Solveig Schuster

ZUR PERSON: Julian Affeldt, 47, wohnt seit 1995 mit seiner Familie in Kleinmachnow und ist seit vielen Jahren überzeugter Nutzer von Elektrofahrzeugen. Der Physik- und Mathematiklehrer ist Mitglied der AG Energie und Klimaschutz der Lokalen Agenda 21 und war Sachkundiger Einwohner im Umweltausschuss. Nun wurde er von der Gemeinde Kleinmachnow zum ehrenamtlichen Ansprechpartner für Elektromobilität bestellt. Er ist unter Tel.: 0176 842 048 27 oder per Mail an e-mobil@kleinmachnow.de zu erreichen.

Zur Startseite